Die Seniorinnen und Senioren aus dem Kölner Clarenbachwerk entschlüsseln gemeinsam mit Museumsführer Jochen Schmauck-Langer die Kunstwerke.
Kölner Wallraf-Richartz-MuseumKunstführungen für Menschen mit Demenz sollen Erinnerungen wecken
Fasziniert steht die Gruppe aus 15 Gästen aus dem Paul-Schneider-Haus in Braunsfeld vor dem Gemälde von Simon Meister, das den Auftakt der Tour durch das Wallraf-Richartz-Museum speziell für Menschen mit Demenz bildet.
„Die Familie Werbrun“, gemalt 1834, zeigt ein für die Biedermeier-Epoche typisches Motiv – eine siebenköpfige Familie mit adretten Kleidern im Garten zum Porträt versammelt. Die Kinder um die Mutter herum gruppiert, der Vater als gestrenges Familien-Oberhaupt in feinem Zwirn im Hintergrund stehend und alle überragend.
Senioren im Kölner Clarenbachwerk entschlüsseln Kunstwerke
Gemeinsam mit den Seniorinnen und Senioren aus dem Haus des evangelischen Trägers Clarenbachwerk sowie ihren Begleitpersonen entschlüsselt Führer Jochen Schmauck-Langer das Motiv. Was sagt die Anordnung der Personen über das damalige Rollenbild in der Gesellschaft aus? Welches ist wohl das jüngste der Kinder? Ist die Familie reich oder arm? Und was war wohl der Anlass des Porträts?
„Vielleicht der Muttertag?“, vermutet eine Seniorin, mit Blick auf die Mutter im Zentrum des Bildes. Nicht ganz: „Es war ihr Namenstag, das sieht man auf dem Geschenk eines ihrer Söhne geschrieben“, erläutert der Geschäftsführer von „Dementia + Art“. „Es könnte auch die Großmutter sein“, merkt eine weitere Besucherin unter dem Gelächter der Menge an.
Köln: Erste Führung für Demenzkranke vor rund zehn Jahren im Wallraf-Richartz-Museum
„Dann hätte sie sich aber sehr gut gehalten“, erwidert Schmauck-Langer schmunzelnd. Im Wallraf-Richartz-Museum fand eine ganz besondere Tour statt. Sie ist speziell zugeschnitten auf Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Vor rund zehn Jahren hatte „Dementia + Art“ seine erste Führung speziell für Senioren mit Demenz im Kölnischen Stadtmuseum abgehalten.
Nach und nach kamen weitere Zielgruppen und Häuser hinzu: das Museum Ludwig, das Museum Schnütgen, das NS-Dokumentationszentrum, das Römisch-Germanische Museum, Kolumba und eben auch das Wallraf-Richartz-Museum.
„Wir beziehen uns bei den Führungen in der Regel darauf, was auf den Bildern zu sehen ist, sodass keine Vorkenntnisse erforderlich sind“, sagt Schmauck-Langer. „Und das Wesentliche tragen die Besucher bei. Vor dem Demenz-Hintergrund versuche ich gezielt, Erinnerungen bei den Leuten zu aktivieren.“ Spezielle Führungen bietet er auch für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen an sowie für Menschen mit wenig Kulturerfahrung und „Schwellenangst“ vor Museen.
„Die Gruppe aus dem Haus hat sich wie verrückt gefreut“, berichtet Irina Rasimus, die die Senioren begleitet. „Schließlich hatten viele aus der Bewohnerschaft früher ein Theater- oder Philharmonie-Abo oder waren Museumsgänger.“ Die Touren sind nicht nur für Institutionen, sondern auch für private Gruppen buchbar.
An ausgewählten Werken des Museums, neben Biedermeier auch Impressionismus und Symbolismus, machten die Senioren Station. „Meine Mutter hatte auch noch Betttücher auf dem Rasen ausgelegt, da kann ich mich dran erinnern“, so eine der Seniorinnen im Rollstuhl vor dem Gemälde „Die Rasenble