Ein ehemaliger Lehrer hat sich mit Leib und Seele dem Füllfederhalter „verschrieben“. Am 5. April findet eine Sammlerbörse am Stadtwald statt.
Schreiben mit StilEin Kölner ist Herr über 6000 Füllfederhalter

Stefan Wallrafen repariert in seiner Werkstatt hochwertige Füllfederhalter.
Copyright: Roland Meurer
„Wallrafen!“ Mit sonorer Stimme meldet sich Stefan Wallrafen am Telefon. Der Anrufer am anderen Ende der Leitung erkundigt sich nach einer eventuellen Reparatur für einen alten Füllfederhalter. Die Mechanik des Erbstücks sei defekt. Ein Verwandter hätte ihm den Tipp von Wallrafens Kölner Schreibgeräte-Reparaturwerkstatt gegeben. „Schicken Sie mir den Füller mal“, sagt Wallrafen. Zwischen zehn und 20 solcher Reparatur- oder Reinigungsanfragen habe er im Monatsdurchschnitt. Die Anzahl der Aufträge sei allerdings rückläufig, erzählt er. „Noch vor einigen Jahren hatte ich deutlich mehr Anfragen dieser Art.“ Doch Wallrafens Faszination für Design, Materialkunde, den jeweiligen Firmengeschichten und technischen Füllhalterentwicklungen bleibt davon unberührt.
Ersatzteile wie Goldfedern, Clips, Kappen, Kolben und Dichtungen
In seiner Reparaturwerkstatt für antike Schreibgeräte lagern unzählige Ersatzteile, Federn aus Gold und Edelstahl, Clips, Kappen, Kolben, Schräubchen, Dichtungen und jede Menge Spezialwerkzeuge und Original-Werkzeugsätze. Wallrafen (74) ist im Besitz von rund 6000 Füllhaltern. Etwa die Hälfe davon benutzt er als Ersatzteillager in seiner Werkstatt. Soweit es möglich ist, verwendet er die Originalersatzteile des jeweiligen Modells aus der entsprechenden Zeit. Falls diese nicht vorhanden sind, bekomme der Kunde eine Rückmeldung, sagt er. Ein großer Teil seines Ersatzteillagers resultiere aus der mehr als fünfzigjährigen Sammlertätigkeit, aus Nachlässen, Tauschaktionen, Wohnungsauflösungen und vom „Flohmarktlaufen“, erzählt der ehemalige Studienrat für Chemie und Englisch an einer Bergisch Gladbacher Schule.
Hin und wieder rate er seinen Kunden auch von einer Reparatur ab. „Wenn man das gleiche Modell funktionsfähig bei Ebay für 50 Euro kriegt und ich wegen einer Schaftrestaurierung 150 Euro nehmen müsste, rechnet sich das nicht“, sagt er. Doch es gebe auch Kunden, die emotional an ihrem Füllhalter hängen und ihn um jeden Preis behalten möchten, erzählt Wallrafen. „Dann werden auch höhere Reparaturkosten akzeptiert.“
Kölner hat größte Sammlung von Schreibgeräten deutscher Herkunft
Stefan Wallrafen ist der weltweit erfahrenste Experte für Schreibgeräte deutscher Herkunft. In den letzten 50 Jahren baute er die größte Sammlung deutscher Schreibgeräte auf und gründete die Sammlervereinigung FSD (Füllhaltersammler Deutschland) mit inzwischen fast 600 Mitgliedern. Er verfasste zahlreiche Bücher, darunter etwa eine vollständige Produkt-Dokumentationen zu Schreibgeräten von „Montblanc“. Seine Montblanc Sammlung trat er 1994 an das Montblanc-Museum ab. Wallrafen ist neben Auftritten in Rundfunk und Fernsehen auch als Gutachter für Schreibgeräte tätig. Außerdem veranstaltet er seit 1988 in Köln eines der größten Füllhalter-Sammlertreffen Europas.

Schreibgeräte mit Tintenfass beim Füllhalter-Sammlertreffen 2021 in Köln
Copyright: Roland Meurer
Die Leidenschaft für Füllhalter sei zu Studienzeiten entstanden, erzählt der Experte. Im Keller habe er damals in den Resten eines Care-Paketes von seiner Großtante aus New York zwei Füller gefunden. „Der eine war eine Füllhalter-Drehbleistift-Kombination, der andere ein normaler Füllhalter.“ „Das Ding mit dem Bleistift hatte mich interessiert. Ich wollte es wieder funktionsfähig machen.“ Später sei er über Flohmärkte gelaufen. „Da kommt ja wieder der Idiot, der Füllhalter sammelt“, hatte er oft gehört. Ohne zu wissen, dass daraus mal was werden würde, habe er schon mal für „'nen Fuffi“ Zigarrenkästchen erworben, „in das die Leute alles an Füllern und Zubehör reingetan hatten, was sie loswerden wollten“.
Die Leidenschaft fürs Sammeln und Reparieren war geboren. Wallrafen nahm Kontakt zu Leuten auf, die damals Schreibgeräte reparierten oder den Beruf des Füllhalterdrehers gelernt hatten. „Die kamen aus der Ecke der Schirmmacher, die ursprünglich Handgriffe für Schirme drechselten.“ Auch Wallrafen hat sich die Technik des Hülsendrehens angeeignet, fertigt in seiner Werkstatt auf der eigenen Drehbank Ersatzteile aus Hartgummi oder Zelluloid an. In seinem Büro stapeln sich Hunderte von Fachbüchern und Magazinen. Accessoires, Werbetafeln, Kitschiges und Kurioses füllen ganze Regalwände.
Trotz aller Wertschätzung für Schreibgeräte komme auch bei ihm das Schreiben mit seinem Kolbenfüller aus den 1950er Jahren zu kurz. Zur Korrespondenz, für Beiträge und Bücher nutze er natürlich modernste Computertechnik, auch wenn er das Schreiben mit einem Füllhalter schätzt. Füller stehen für Persönlichkeit, Entschleunigung, für Wertigkeit und Handwerkskunst. Beim Schreiben mit einem Füller werde man, anders als beim Computer, zu einer gewissen Langsamkeit und Konzentration gezwungen, sagt Wallrafen.
Das 36. Internationale Füllhalter-Sammlertreffen in Köln, mit mehr als 50 Ausstellern, findet am Samstag, 5. April, ab 12 Uhr, im Saal „Hannover“ des Leonardo Royal Hotels, Dürener Straße 287, 50935 Köln, statt. Der Eintritt kostet fünf Euro.