Das Mundart-Stück „Pross Neujohr“ schafft es, eine besondere Balance zwischen ergreifenden Szenen und herrlichem Blödsinn zu halten.
Verwechslungen, Geheimnisse und LiebeleienNeues Stück des Klettenberger Theaters Monreal geht zu Herzen
„Kriesche un Laache litt noh beienein“ heißt es in einem Lied der Bläck Fööss. Beides – die Textzeile und die Band – spielen eine wichtige Rolle in dem aktuellen Theaterstück „Pross Neujohr“ des Spielkreises Fritz Monreal. Es ist das zehnte Stück von Spielleiter Stephan Henseler und es ist sein bislang stärkstes. Das Publikum im Brunosaal in Klettenberg erlebt mit „Pross Neujohr“ eine äußerst gelungene Komposition aus ruhigen und zum Teil sehr zu Herzen gehenden Elementen und herrlichem Blödsinn.
Das Mundart-Stück mit Musik ist so besonders, weil die Mischung zwischen „Kriesche un Laache“ stimmt. Dem Ensemble gelingt es, die Handlung gekonnt bis an die Kante und zurückzuführen. Ergreifend dargebotene Szenen und Lieder wie „Mamm“, in denen es um Tod und Abschied geht, dürfen kurz nachhallen, ehe die Zuschauer ohne harte emotionale Brüche zum befreienden Lachen eingeladen werden.
Im Mittelpunkt der Handlung steht ein Schicksalsschlag kurz vor Silvester
Das kölsche Miljöspill hat Autor und Regisseur Henseler in drei Akte gegliedert. Im Mittelpunkt der Handlung steht die gut betuchte Kölnerin Nies Jlöcklich (Elisabeth Simon), die kurz vor Silvester erfährt, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Dies weiß aber nur ihre behandelnde Ärztin. Nies möchte niemandem zur Last fallen, sondern mit alten und neuen Freunden und vor allem mit ihrer Familie noch einmal fröhlich und unbeschwert Silvester feiern.
Es gibt Verwechslungen, Geheimnisse, kleine und große Liebeleien und jede Menge Wortwitz. Die Kombination aus gut abgehangenen Gags der Marke „kenn’ ich“ und drolligen Wortschöpfungen wie „hä hät e Winkel-Verlust-Sydrom – also en Eck av“ zündete prima.
Bruder der Hauptfigur teilt sich nur durch Bläck-Fööss-Zitate mit
„Pross Neujohr“ ist ein Theaterstück met und för Hätz un Siel. Aus dem gut eingespielten und wandlungsfähigen Ensemble ragen Manfred Reinartz und Michael Kasper heraus. Kasper schafft es als einfühlsamer Erzähler, die Klammern zwischen den einzelnen Szenen punktgenau zu setzen. Reinartz brilliert als leicht durchgeknallter Bruder von Nies. Er teilt sich seiner Umwelt mit, indem er fast ausschließlich Titel von Bläck-Fööss-Liedern zitiert. Geniale Idee, perfekt umgesetzt. Außerdem geht er in dem Sketch „Dinner for One“ als bislang einziger lebender Tiger mit Wortanteil in die Theatergeschichte ein.
Die kölsche Version dieses Silvester-Klassikers zählt zu den Höhepunkten des Stücks. Stephan Henseler als tollpatschiger Butler und Renate Döll als Züff, die ihren 90. Geburtstag im Kreise ihrer verstorbenen Freunde feiert, sind spitze. Auch weil in dieser Runde mit Jupp Schmitz, Marie-Luise Nikuta, Willy Millowitsch und Trude Herr kölsche Heroen mit am Tisch sitzen. Hervorzuheben ist Renate Döll. Sie gehört dem Spielkreis Monreal seit 60 Jahren an. Seinen ersten Einsatz im Kreise der Mundart-Schauspieler hatte Lukas Pachali. Der Zehnjährige sprach zu Beginn der Vorstellung in einem großartigen Kölsch einen liebevollen Dank an seine Eltern aus. Einfach, weil es sie und ihn gibt.
Das könnte der Start in eine lange währende Beziehung zum Spielkreis Monreal sein. Vor fast 25 Jahren präsentierte sich ein damals elf Jahre alter Junge auf der Mundart-Bühne und begeisterte mit seinem Talent, seiner freundlichen Art und seiner Spielfreude das Publikum. Heute ist der 35-Jährige Spielleiter, Autor, Sänger, Spieler und Komponist. Vor allem ist Stephan Henseler ein leidenschaftlicher Botschafter für den Erhalt der kölschen Sproch.
„Pross Neujohr“, Brunosaal, jeweils freitags, samstags und sonntags; letzte Vorstellung: Sonntag, 24. November. www.spielkreis-fritz-monreal.de