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Fettecke in KölnNeue Ausstellung bei 68elf spielt mit berühmtem Vorbild

Lesezeit 3 Minuten
Agii Gosse vor den ausgestellten Werken in der Galerie des Kunstvereins 68elf

Agii Gosse vor den ausgestellten Werken in der Galerie des Kunstvereins 68elf

Von Gletschern und Fettecken: Der für seine subversive Kunst bekannte Verein 68elf lädt zu einer neuen Ausstellung zum Thema „Heute noch“.

Zwei große Fotos zeigen einen Gletscher in Tirol, abgedeckt mit einer Schutzplane. „Sie schützt ihn davor, wegzutauen“, sagt Agii Gosse, Vorsitzende des Kunstvereins 68elf. „Aber nur damit man dort weiter Skifahren kann.“ Sonst würde er verschwinden wie anderes Eis auch. Der Fotokünstler Helmut Hergarten hat die Aufnahmen gemacht.

Die Künstlerin Anja Eichen Frischhaltefolien darüber gehängt, die sie per Kalligraphie mit folgenden Zeilen versehen hat: „Gletscher weinen still. Hüllen wie Leichentücher. Hört, wie sie klagen.“ Das Gemeinschaftswerk mit dem Titel „Der Gletscher ruft“ ist Teil der neuen Gruppenausstellung des Vereins 68elf in seinem Raum am Gottesweg 102.

Unter dem Motto „heute noch“ zeigen 18 Vereinsmitglieder rund 50 Gemälde, Drucke, Fotografien und Objekte. Das Motto sei bewusst so offen gewählt, schildert Gosse. Es ließe zahlreiche Interpretationen zu, positive wie negative. Gosse hat ein Holzkästchen beigesteuert, in dem ein Hase sitzt, gegenüber einer weißen Masse, die als „Fettecke“ gekennzeichnet ist, eine Reminiszenz an Joseph Beuys.

„Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ war eine Aktion von Beuys zum „erweiterten Kunstbegriff“: Danach ist jeder Mensch ein Künstler, der mit anderen durch gemeinsame Arbeit „soziale Kunst“ in Form einer sozialen Plastik schaffen und die Gesellschaft verändern kann.

Gosse baut eigene Version der Beuysschen Fettecke nach – mit Hase

So sieht Gosse auch die kollektive Arbeit des Vereins. Sie hat fast alle künstlerischen Beiträge der Mitglieder an eine Wand gehängt und so zum gemeinsamen Werk verdichtet. Dazu gehört ein weiterer Gosse-Hase, der sich mit der Beuys-Aussage „Kunst gleich Kapital“ beschäftigt. Gemeint war eigentlich ihr besonderer Wert jenseits von Geld. Gosse macht auf den Bedeutungswandel aufmerksam: „Kunst ist ein 1a-Anlage-Produkt“, steht auf dem Demoschild des Hasen. „Von der Kunst leben könnten nur noch die ganz Großen auf dem Markt“, erläutert Gosse. „Für das mittlere Segment wird es immer schwieriger.“

Die Arbeiten der Künstler und Künstlerinnen des Vereins 68elf waren immer politisch. Das aktuelle Weltgeschehen bietet reichlich Stoff dafür. Eine humorvolle feministische Arbeit der Ausstellung stammt von dem Künstlerinnen-Duo „Zweiimdruck“. Sie haben Brüste in verschiedensten Formen und den Farben Schwarz und Weiß sowie mit Blattgold auf Papier gedruckt und auf Holzquadrate gezogen.

Die Objekte zeigen die Schönheit weiblicher Merkmale in ihrer Diversität. Zu sehen ist auch eine Holzplatte mit einer menschlichen Figur darauf. Sie trägt schwer an einem riesigen Glasbrocken als Kopf. „Was denn alles?“ so der selbstironische Beitrag von Künstler Michael Baerens zur Krisenstimmung. Für eine düstere Facette sorgen Bleistiftzeichnungen, die sich mit Kindheitstraumata und ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart beschäftigen. Das Miteinander bleibt insgesamt bunt – und aufmüpfig, wie es bei 68elf nun seit 36 Jahren Tradition ist.


Die Ausstellung beim Kunstverein 68elf, Gottesweg 102, eröffnet am Samstag, 16. November, von 15 bis 18 Uhr. Sie ist bis zum 28. Dezember, jeden Samstag von 15 bis 18 Uhr geöffnet und von außen einsehbar.