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Nachhaltiger „Kamelle-Kreisel“Kölner Karnevalsgesellschaft gibt ungenutzte Kamelle weiter

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann mit einer Narrenkappe hält zwei bunte Kostüme in der Hand.

Kostümtauscher und Kamelle-Wiederverwerfer – Olivér Szabó und seine KG Grüne Rheinfunken wollen mehr Nachhaltigkeit im Karneval.

Die KG Grüne Rheinfunken aus Sülz fördert Nachhaltigkeit im Karneval mit dem „Kamelle-Kreisel“ und unterstützt dabei soziale Projekte.

„Kamelle-Kreisel? Das ist ja eine richtig tolle Idee“, begeistert sich eine Frau: „Es ist immer so ein Kampf, was man mit den Süßigkeiten macht, die die Kinder nicht essen, und dann lässt man sie heimlich verschwinden.“ Wo sie verschwinden? Nach kurzem Zögern lacht sie: „Sage ich jetzt nicht. Sowieso gilt bei uns meist die Regel, dass die Kinder nur aufheben sollen, was sie essen möchten.“

Nun weiß jeder, der in Köln einmal einen Karnevalszug besucht hat: Auch das ist schon ziemlich viel. „Kein Mensch, der Sinn und Verstand beisammenhat, würde seinen Kindern so viele Süßigkeiten mit Industriezucker geben, wie man sie nach einem Zug mit nach Hause nimmt“, war der Gedanke von Olivér Szabó, als er im Herbst 2019 mit Freunden zusammensaß.

Von Kamelle zur Nachhaltigkeit

Alle in der Gruppe, die sich überwiegend seit ihrem Sportstudium kannten, hatten inzwischen Kinder. Über die Perspektive, dass die sich nach und nach den Inhalt der Säcke voller Süßwaren einverleiben würden, die sich nach den Zügen zu Hause türmten, waren sie ebenso wenig begeistert wie über die Vorstellung, einen Teil der Kamelle einfach wegzuwerfen: „Zucker hin oder her, aber es sind ja doch Lebensmittel“, so Szabó.

Aus der Frage, ob eigentlich solche Mengen an Kamelle nötig sind, um im Karneval eine gute Zeit zu haben, entstand der Plan, es gemeinsam besser zu machen – und zwar als Karnevalsgesellschaft KG Grüne Rheinfunken. Die ist mit inzwischen 21 Mitgliedern noch immer klein, dafür aber umso erfindungsreicher.

Übergeben statt werfen

Eine der Aktionen ist der jüngst ins Leben gerufene Kamelle-Kreisel: Am Karnevalssonntag und Rosenmontag können Jecke, die einen Teil ihrer Beute weiterreichen möchten oder auch Gesellschaften, die nicht alle Kamelle verworfen haben, diese jeweils zwischen 16 und 20 Uhr an St. Karl, Zülpicher Straße 275, abgeben. Voraussetzung: Alles muss verpackt und in gutem Zustand sein. Dann wird gekreiselt: Rosenmontag von 18 bis 20 Uhr und am Veilchendienstag von 9 bis 11 Uhr geben die Grünen Rheinfunken die Kamelle als Wurfmaterial für den Dienstagszug weiter – gegen eine Spende an die Lebensmittelausgabe in St. Karl.

Das ist eine Erweiterung des bisherigen Ansatzes der Grünen Rheinfunken, die in den vergangenen Jahren im Sülzer Zug mitgegangen waren und dabei ihr eigenes Wurfmaterial nach strengen Nachhaltigkeitskriterien auswählten. Goldene Regel: „Wir werfen nichts, sondern wir übergeben“, sagt KG-Präsident Szabó.

So wollen die Rheinfunken verhindern, dass Lebensmittel ungenießbar werden, weil sie auf der Straße landen. Obst und Gemüse war schon dabei, Blumensamen, Vogelfutter, fair gehandelte Schokolade und Gemüsebeutel aus ausgedienten Gardinenstoffen, genäht vom Verein Fundus Köln-Nord. Ein weiteres Upcycling-Projekt der KG sind ihre Kappen, hergestellt in der Justizvollzugsanstalt.

Beim Kostümtausch, den die Grünen Rheinfunken kürzlich im Pfarrsaal von St. Nikolaus veranstalteten, machten Szabó und seine Mitstreiter auf den Kamelle-Kreisel aufmerksam. Bei vielen Besucherinnen und Besuchern stieß die Idee des „Wiederverwerfens“ auf viele positive Resonanz – nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit. „Viele finden es inzwischen auch einfach zu teuer, was sie für Teilnahme und Wurfmaterial pro Kopf zahlen müssen“, so die Erfahrung von Olivér Szabó.


www.grünerheinfunken.de