Der Aufzug des 16-stöckigen Hochhauses an der Ostlandstraße 42 in Köln-Weiden ist seit Wochen defekt, die Reparatur steht nach wie vor aus.
Unzumutbare SituationMieter in Köln-Weiden müssen tagtäglich eine Kletterpartie absolvieren
Seit vielen Wochen ist der Aufzug kaputt. Alltägliche Wege sind zum Klettersport geworden. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses an der Ostlandstraße 42 müssen Treppen steigen, sehr viele, je nachdem in welcher Etage sie wohnen. 16 Stockwerke ist das Gebäude hoch. Mahyar Ghafuri lebt „nur“ auf der sechsten Etage, ist aber durch die 106 Treppenstufen, die seine Wohnung vom Erdgeschoss trennen stark belastet.
Der 47-Jährige hatte einen Bandscheibenvorfall und einen Herzinfarkt. Er habe Angst, sagt er, weil sein Arzt ihm dringend geraten hat, körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Und er sorgt sich: Wie schnell können Menschen in einem Notfall aus Wohnungen gerettet werden, die Rettungskräfte nur per Marathon über hunderte Treppen erreichen?
Herausforderungen für Mieter ohne funktionierenden Aufzug
Mieterin Sabine Alitovski hat ein anderes Problem: „Mein siebenjähriger Sohn ist Autist und hat Angst vor dem Treppenhaus. Ich muss ihn dort tragen, zusammen mit meinem vierjährigen Sohn“, schildert sie. Mit zwei Kindern auf dem Arm ist sie täglich unterwegs vom 13. Stock hinunter und wieder hinauf.
Hamid Karschid vom siebten Stock steigt die Treppen auch regelmäßig nur, um seinen Kindern zu öffnen, wenn sie von der Grundschule kommen. Denn der Eingang zum Treppenhaus weist keine Gegensprechanlage und Türöffner auf. Diese befinden sich am Haupteingang, von dem aus man nur zum Aufzug gelangt.
Die Hausbewohner haben eine Unterschriftenliste verfasst
Abdul Halim Zaheby, 73 Jahre alt, Bewohnerin der siebten Etage, hatte schnell genug von der Kletterpartie. Wenige Tage nachdem der Aufzug abgeschaltet wurde, hat sie die Hausverwaltung des Gebäudes Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH (ZBVV) kontaktiert, mehrfach, denn die Mitarbeitenden waren entweder nicht zuständig, abwesend oder antworteten einfach nicht.
Mittlerweile haben 25 Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses der Ostlandstraße 42 eine Unterschriftenliste gefertigt, mit der sie die ZBVV zur sofortigen Reparatur der Aufzuganlage auffordern. Wer sie vor Ort besucht, erfährt schnell, dass dies zwar ihr dringlichstes aber nicht ihr einziges Problem ist.
Die Heizung funktioniere nicht, schildern mehrere Mietparteien, und zwar in dem Teil des Gebäudes, der zur Straße wohnt. Demgegenüber laufe der große Heizkörper im ungenutzten Flur auf Hochtouren, wo sich der kaputte Aufzug befindet, – leider, ohne dass die Hausbewohnerinnen und -bewohner ihn ausstellen können, die dafür aber bezahlen.
Die Mängelliste, die die Mieterinnen und Mieter zusammentragen ist lang. Die Rede ist von kaputten Waschbecken, Türen und von nicht funktionierendem Licht – und der fehlenden Reaktion der Hausverwaltung auf Beschwerden.
Die Hausverwaltung betreut 60.000 Wohnungen
Einige Hausbewohnerinnen und -bewohner befürchten, dass die Eigentümerin das Wohngebäude dem Verfall preisgegeben hat. Die Hauseigentümerin ist laut Grundbucheintrag die BGP West 1 SCS in Luxemburg. Diese BGP wurde vor fünf Jahren von der Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI) mit Sitz in Erlangen übernommen, wie die ZBI auf ihrer Homepage vermeldete. Die Hausverwaltungsgesellschaft ZBVV ist eine Tochter der ZBI – und laut eigener Auskunft für die Verwaltung von rund 60.000 Wohnungen im Bundesgebiet zuständig.
Darin sieht Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mieterverein Kölns, das Problem: „Wenn der Vermieter so abstrakt und der jeweilige Mieter eine fünfstellige Nummer ist, dann führt das zu einer Entfremdung zwischen den Parteien“, sagt er. „Das stellen wir immer wieder fest.“ Die ZBVV ist beim Kölner Mieterverein mittlerweile bekannt, aufgrund zahlreicher Klagen von Mieterinnen und Mietern. Der Mieterverein berät sie. Das Unternehmen genießt beim Verein laut Auskunft von Depel nicht gerade den besten Ruf: „Die ZBVV gilt als raubeinig, ruppig und chaotisch“, sagt er.
Wann der Aufzug repariert wird, steht noch nicht fest
Auf unsere Anfrage antwortet die ZBVV freundlich. Im Hinblick auf die Heizung habe der ZBVV bislang keine Schadensmeldung vorgelegen, schreibt ein Sprecher des Unternehmens. Dafür sei die Firma Getec zuständig. Die ZBVV habe sie nun beauftragt, den Fall zu prüfen.
Dass der Aufzug kaputt ist, sei der ZBVV bekannt. „Der TÜV hat erhebliche Mängel an der Aufzuganlage festgestellt“, schreibt der Sprecher. Das Unternehmen habe dies an die zuständige Aufzugwartungsfirma sowie einen weiteren Dienstleister gemeldet. „Leider haben diese Unternehmen erst mit Verspätung auf die Anfragen der ZBVV reagiert, und dann mit einem Angebot, das aus unserer Sicht den Erfordernissen nicht genügt“, so der Sprecher.
Um eine „inadäquate Reparatur“ zu vermeiden, habe die ZBVV daraufhin die Firmen mit den Mängeln konfrontiert und ein überarbeitetes Angebot erbeten.“ Zwar rechne sie noch in dieser Woche mit dessen Eingang, allerdings würden unwägbare Lieferzeiten für Ersatzteile, noch zu vereinbarende Einbautermine sowie die anschließend dann noch nötige TÜV-Prüfung eine Prognose erschweren, wann der Mangel behoben sein wird.
Das ist aus Sicht von Ghafuri kein ausreichendes Engagement. Ein kaputter Aufzug in einem 16-stöckigen Wohngebäude sei ein Notfall, betont er, und keine Situation, in der man auf ein adäquates Angebot wartet. Die ZBVV müsse einen Weg finden, ihn unverzüglich reparieren zu lassen.