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„Wir sind eine Auffangstation“Boule-Verein in Köln-Widdersdorf hat besondere Funktion

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Auf mehreren Bahnen kann parallel gespielt werden.

Widdersdorf – Keine Frage, der Mann im rosa Poloshirt ist ein „Schießer“. Gerade hat er bei der Boulepartie seine Kugel so geworfen, dass sie diejenige des Gegners mit einem kräftigen Stoß von ihrer günstigen Position nahe an einem kleinen roten Ball, wegbeförderte. „Es gibt auch einen anderen Spielertyp“, erläutert Edith Soujon, Pressesprecherin der Bouleabteilung des Sportvereins Lövenich/Widdersdorf (SV LöWi), „den Leger. Ein Leger oder eine Legerin wirft die Kugel so, dass sie am Ende langsam möglichst dicht an das „Schweinchen“ rollt. So wird der kleine rote Ball, genannt.

Sieben Bahnen

Beim Boule geht es darum, die silbernen Metallkugeln möglichst dicht an dieses Bällchen zu befördern. Zunächst wird das Schweinchen von dem Standort der Spieler sechs bis acht Meter weit geworfen. Dann beginnt ein Spieler eines Teams mit einem regulären Wurf mit einer der schweren Metallkugeln. Danach ist das gegnerische Team dran. Jeder Spieler hat drei Kugeln und somit drei Würfe. Die Mannschaft, deren Kugel am Ende dem Schweinchen am nächsten gekommen ist, erhält einen Punkt. Ein Spiel dauert so lange bis eine Mannschaft die Punktzahl von 13 Punkten erreicht hat. „Wenn die Teams ungefähr gleich stark sind“, so Soujon, dann kann das bis zu einer Stunde dauern.“

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Der "Schießer" titscht mit seinen Würfen gegnerische Kugeln beiseite.

Eine Mannschaft kann aus einer Einzelperson oder aus bis zu drei Spielern und Spielerinnen bestehen. Auf dem Bouleplatz an der Alten Sandkaul ist Raum für viele. Sieben Bahnen stehen zur Verfügung. Rund 35 Widdersdorfer und Widdersdorferrinnen sind an diesem Nachmittag dort hingekommen. Vor knapp zehn Jahren haben einige Widdersdorfer die Bouleabteilung ins Leben gerufen – zunächst mit 15 Mitgliedern – und den Platz errichtet. Die Stadt, der das Areal gehört, hat ihn zur Hälfte mitfinanziert.

Boule verbindet die unterschiedlichsten Menschen

Der Sport, der aus Südfrankreich stammt, wo er Pétanque heißt, hat auch in Deutschland immer mehr Anhänger. „Das hängt zum einen mit den Urlaubsgewohnheiten der Leute zusammen“, sagt Soujon. „Sie fahren nach Frankreich und sehen dort die Menschen Boule spielen.“ Neben der Inspiration durch die Ferienreise sieht sie auch noch einen anderen Grund dafür, dass der Sport immer mehr Deutsche begeistert: Er macht Spaß und ist unkompliziert.

„Ich habe auch einmal Golf gespielt und meine Platzreife erworben, aber dafür braucht man immer eine richtige Ausrüstung“, so Soujon. In der Golfwelt habe sie sich auch nie so richtig heimisch gefühlt. Boule sei unprätentiöser, bodenständiger, verbinde die unterschiedlichsten Menschen. An der Alten Sandkaul spielen Ingenieure, Ärzte und Arbeiter miteinander, bekleidet mit den gleichen weißen Vereinspoloshirt, Shorts oder andere funktionelle Hosen, Baseballcap. Die meisten sind Rentner.

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„Sozialer Rückhalt“

Manfred Schröder, Vorsitzender der Bouleabteilung, kennt den Wert des Vereinslebens für seine Mitglieder. „Wir sind hier eine Auffangstation“, sagt er, „ein sozialer Rückhalt.“ Die Menschen, die nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen, pflegen beim Boule soziale Kontakte. Drei Mal in der Woche haben sie an der Alten Sandkaul Gelegenheit zu einer Partie. Ein geselliges Rahmenprogramm gehört dazu. Es gibt Kaffee, Wasser und wie in Frankreich Wein, im Sommer Rosé, sonst Rot-, im Winter auch schon mal Glühwein.

Nach dem Spiel sitzen die Vereinsmitglieder zusammen und plaudern. Es gibt Grill-, Weihnachts-, Oster- und auch sonst jede Menge Feste. Und sportliche Herausforderungen: Demnächst steht ein Turnier im holländischen Venlo an. Denn ein bisschen sportlicher Ehrgeiz ist auch mit im Spiel – und Können. „Die Auge-Hand-Koordination ist ganz wichtig“, sagt Soujon. Die ließe sich aber in jedem Alter noch trainieren, so dass auch ältere Menschen noch gut einsteigen können. Wer nicht mehr so beweglich ist, braucht sich nicht zu bücken, sondern kann die Bälle mit einem Magnetstab aufheben. An der Alten Sandkaul spielen Anfänger mit Fortgeschrittenen. Die Teams werden bewusst gemischt zusammengestellt, damit sich keine Grüppchen bilden.

Und auch Neueinsteiger sind den Widdersdorfer Boulespielern willkommen.