Nippes – Mit dem Schweinchenwurf fängt alles an beim Boule. In der ersten Mannschaft des Nippeser Boule-Clubs folgt dann häufig der Auftritt von Marion Wimmer, denn sie ist eine Team-Spezialistin fürs „Legen“: Bei diesem Wurf geht es darum, die Kugel so nahe wie möglich ans Schweinchen zu bringen. Das schafft sie in den allermeisten Fällen mit größter Präzision: Auch wenn die Zielkugel, also das Schweinchen, mehrere Meter entfernt liegt, kommt ihre Kugel meist nur Zentimeter daneben zum Liegen.
Experte im Schießen
Ihr Teamkollege Christoph Polenz ist dagegen ein Experte im „Schießen“ – nämlich gegnerische Kugeln vom Schweinchen zu verdrängen. Damit nämlich ein Team beim Boule den Spielzug beenden kann, muss eine der eigenen Kugeln am nächsten zur Zielmarke liegen. Hat der Gegner seine Kugeln gut platziert, kann das dauern, und am Ende gehen wertvolle Würfe darüber verloren – und das andere Team kann mit seinen restlichen Würfen das Schlussbild immer weiter verbessern. „Man schaut nicht aufs Schweinchen, sondern dahin, wo man die Kugel platzieren will“, verrät Wimmer. Geübte Bouler haben nicht nur ein genaues Gefühl für die nötige Wurfstärke, sondern beziehen auch Unebenheiten auf dem Platz mit ein.Die Boulefans, die an jenem Abend auf dem Heinrich-Pachl-Platz gegenüber des Bürgerzentrums Altenberger Hof trainieren, kennen sich wahrlich aus – denn sie gehören zu den Topspielern des Nippeser Vereins.
Soeben hat die erste Mannschaft sensationell den Aufstieg in die Bundesliga geschafft; die zweite Mannschaft ist in die Regionalliga vorgerückt und die neu gegründete fünfte Mannschaft stieg auf Anhieb von der Kreisliga in die Bezirksklasse Rheinland auf. Der 1994 gegründete Club ist jedoch nicht nur sportlich gewachsen. „Wir haben zurzeit 93 Mitglieder, mit einem deutlichen Zuwachs im laufenden Jahr, “ erzählt Andreas Meyer. Dass das Nippeser Boule-Wunder möglich wurde, daran hat der Heinrich-Pachl-Platz direkt am Altenberger Hof gelegen mit seiner besonderen Atmosphäre einen großen Anteil. „Es ist so ziemlich der schönste Boule-Platz weit und breit. Auch aus anderen Stadtteilen kommen Teams, um hier zu spielen und zu trainieren“, erzählt Wimmer. „Unter den Kastanien kommt man sich ein bisschen vor wie in der Provence.“
Der Nippeser Boule-Club (NBC) spielt dienstags und donnerstags auf dem Heinrich-Pachl-Platz Ecke Mauenheimer Straße/Niehler Kirchweg ab 17 Uhr, sowie am Wochenende ab ca. 15 Uhr.
Boule-Sport in Köln-Nippes
Freizeitspieler aber auch Mitglieder anderer Teams, sind dabei gerne gesehen – denn ein „Revierdenken“ ist im Boule-Sport unüblich. „60 Leute können wir locker zugleich auf dem Platz sein“, schätzt Meyer. Neben dem Platz selbst, der im städtischen Eigentum und öffentlich zugänglich ist, sind die beiden Hütten des Vereins gepachtet. Die ehemals zugemüllten Hütten haben die Bouleclub-Mitglieder zu einem kleinen, gemütlichen Vereinsheim mit Sitzgruppe und kleiner Küche umgestaltet. „Wir sind sehr glücklich über die Ausnahmeregelung mit dem Flutlicht auf unserem Platz. Normalerweise werden Grünflächen und Parks nicht beleuchtet“, betont Meyer.
Psycho-Tricks beim Boule
Doch wie lange dauert es, um auf solch hohem Niveau spielen zu können? Neben dem Talent gilt auch hier: Übung macht den Meister. Das erste, was Neulinge lernten, seien die Wurftechniken und das genaue Zielen. „Dann kommt die Taktik ins Spiel, und schließlich sportpsychologische Dinge, etwa wie man mit Druck während des Spiels umgeht.“ Denn Boule ist nicht frei von Psychotricks. „Manchmal tun die Gegner komische Sachen, um einen aus dem Konzept zu bringen“, erzählt Marion Wimmer. Da komme es schon mal vor, dass Teams übertrieben aufs Nachmessen der Kugel-Abstände bestehen, auch wenn schon mit bloßem Auge sichtbar ist, welches Team näher am Schweinchen liegt.
Oder dass Teammitglieder des Gegners während eines eigenen Spielzugs „absichtlich-unabsichtlich“ im Weg herum stehen. Für die anstehende erste Saison der Vereinsgeschichte im Bundesliga-Oberhaus haben sich die Teammitglieder den Klassenerhalt als Minimalziel gesetzt. Doch wie begegnet das Team dem kommenden Bundesliga-Alltag, mit Gegnern, die aus dem ganzen Bundesgebiet kommen? „Wahrscheinlich werden wir drei bis vier Wochenenden auf Tour sein. Man kombiniert unter Bouleteams gerne Spieltage, und spielt bei einem Treffen gegen gleich mehrere Vereine“, erläutern die Mitglieder. Um die gemeinsamen Fahrten finanzieren zu können, befindet man sich noch auf Sponsorensuche.