Maßnahmen gegen Corona-AnsteckungSicherheitskräfte vor Kölner Supermärkten
Köln – Ein letztes Mini-Paket Feuchttücher für Babys liegt in einem ansonsten komplett leeren Gang eines Drogeriemarkts in Nippes. Eine Kundin fragt, ob es denn wirklich gar nichts mehr gibt, Toilettenpapier, Taschentücher, Küchenrollen. Nein, lautet die Antwort der sehr geduldigen Mitarbeiterin. Den Rest gibt es erst morgen früh wieder. „Dann lassen wir das letzte Päckchen mal den Babys übrig“, sagt die Kundin und geht wieder raus. Es ist Mittwochnachmittag gegen 15 Uhr, viele Regale sind leer, Toilettenpapier gibt es schon seit Stunden nicht mehr im Viertel. Die Kölner haben wegen des Coronavirus längst begonnen, sich einzudecken.
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In dem Drogeriegeschäft ist jetzt kaum jemand. Zehn Leute, vielleicht 15 im ganzen Laden. Drinnen fühlt es sich an, als sei es kurz vor Ladenschluss. Draußen aber stehen auch nochmal ein paar Leute, die nicht reinkommen. Der Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma regelt den Eingang. Ein gutes Dutzend Kunden darf rein, der Rest muss warten, bis jemand rauskommt. „Heute morgen waren hunderte Menschen hier. Es war so voll, dass wir reagieren mussten, damit wir die Kunden schützen“, sagt Marktleiterin Christine Eßer.
Geschäfte bleiben sonntags einstweilen zu
Am Mittwoch sah auf Anfrage noch keine der in Köln operierenden großen Handelsketten einen Anlass für Sonntagsöffnungen gegeben. Die Botschaft der Unternehmen lautet unisono ganz klar: Die Versorgungslage ist gesichert. Wenn alle Kölner ein besonnenes Kaufverhalten an den Tag legen und nicht hamstern, ist auch in der nächsten Zeit von allen Produkten genug für alle da. (red)
Sie schildert Szenen wie aus einem schlechten Katastrophenfilm, die sich hier noch vor ein paar Stunden abgespielt haben: Menschen rennen durch die Gänge, warten nicht einmal ab, bis die Angestellten die Pakete vom Wagen in die Regale geräumt haben, pöbeln Mitarbeiter und andere Kunden an. Eßer ruft den Sicherheitsdienst, der den Laden am Mittag schließen und kurze Zeit später für eine begrenzte Kundenzahl wieder öffnen wird. Nur so könnten die Menschen überhaupt einen Mindestabstand zueinander halten. Für sie bedeutet das ab sofort weniger Umsatz. „Aber es geht hier nicht mehr ums Geld, sondern um die Gesundheit der Leute“, sagt Eßer.
Der Tag in einem anderen Drogerie-Geschäft auf der Neusser Straße verlief ähnlich. Auch hier regelt nun ein Security-Mitarbeiter den Einlass wie in einer Diskothek. Ein paar Meter weiter laufen zwei Frauen zielstrebig in Richtung des geschlossenen Kaufhofs. „Lass uns mal schauen, wann die wieder aufhaben“, sagt die eine zur anderen. Schlauer wird weder die eine noch die andere von dem Infozettel an der Tür, der über die Schließung auf unbestimmte Zeit informiert.
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Ein Rewe-Markt in Kalk, eine Stunde zuvor: Der Laden ist voll, aber nicht übermäßig. An den Kassen sitzen Menschen hinter improvisierten Plastikscheiben, die den Tröpfchenkontakt zu den Kunden minimieren sollen. So ähnlich sieht das auch am anderen Ende der Stadt aus, in einer Aldi-Filiale in Lindenthal. Mit Besenstielen und Frischhaltefolie ist notdürftig ein Quadrat aufgebaut, in dem ein Mann sitzt, um die Ware über den Scanner zu ziehen. Der Käfig wirkt wie ein unbeholfener, aber vielleicht doch nötiger Versuch, das Nahversorgungssystem der Stadt gegen das Virus zu schützen.
Schilder weisen darauf hin, auf Bargeldzahlung wenn möglich zu verzichten. Den von Virologen empfohlenen Mindestabstand von zwei Metern hält so gut wie niemand ein, hier nicht und nirgendwo sonst. Auch in den Baumärkten in der Stadt konnten in diesen Frühlings-Tagen Massen dicht aneinandergedrängter Menschen beobachtet werden, die sich für die kommenden Wochen für Wohnung und Garten eindeckten. Vor den Kassen bildeten sich teils Schlangen mit einer Wartezeit von einer Stunde.Schon morgens sind dieser Tage ungewohnte Szenen in der Stadt zu beobachten: Menschen mit mehreren Paketen Toilettenpapier, Nudeln und Tiefkühlwaren laufen durch die Straßen, durchkämmen die Läden nach den letzten Packungen. Gleichzeitig versichern alle großen Einzelhändler fast stündlich, dass die Versorgung der Läden mit Lebensmitteln und Drogerie-Artikeln nicht gefährdet sei.
„Obwohl wir in einzelnen Filialen aktuell eine höhere Nachfrage nach länger haltbaren Produkten wie beispielsweise Konserven sehen, ist die Versorgungslage in unserem Verkaufsgebiet nach wie vor gesichert“, teilt etwa Aldi Süd auf Anfrage mit. Es solle aber nur das gelagert werden, was auch normalerweise im Alltag genutzt und verbraucht werde. Auch bei Real ist man derzeit gelassen. „Es besteht kein Grund zur Panik und auch kein Grund zu Hamsterkäufen. Die Frage lautet nicht, ob kurzfristig wieder Nudeln, Mehl oder Toilettenpapier verfügbar sind, sondern nur wann.“ Rewe lässt die Märkte nun in höherer Frequenz beliefern, Lidl und Kaufland teilen ähnliches mit. Die Botschaft soll sein: Wenn alle Kölner ein besonnenes Kaufverhalten an den Tag legen, ist genug für alle da.
Dennoch: Die ersten Einzelhändler haben begonnen, den Verkauf einzelner Waren zu rationieren. Im Drogerie-Markt von Christina Eßer in Nippes werden nur noch zwei Pakete Toilettenpapier pro Person ausgegeben, ebenso in den drei Real-Filialen in Köln. Einige Rewe-Märkte begrenzen die Stückzahl sogar auf eins, auch wenn es keine bundesweite Verfügung aus der Konzernzentrale gibt. „Auch bei anderen Produkten, die derzeit stark nachgefragt werden, achten unsere Mitarbeiter darauf, dass wirklich nur haushaltsübliche Mengen verkauft werden“, heißt es von der Einzelhandelskette Real. Auch das ist eine Botschaft in dieser Zeit: Niemand soll die Ware bunkern, während sie andere dringend suchen.Angespannte Stimmung
Die Stimmung bei vielen Angestellten und Marktleitern ist angespannt. In den meisten Supermärkten arbeiten die Menschen am Limit – und sind gleichzeitig der Ansteckungsgefahr voll ausgesetzt. Kunden werden respektloser in Zeiten der Krise, berichten viele Mitarbeiter in den Läden, beschimpfen die Kassierer, weil die Schlangen länger sind als üblich oder nicht alle Regale voll sind.
Maria Klein, die in dem Drogerie-Markt in Nippes die Waren einräumt, versucht trotz allem freundlich zu bleiben. Ob sie keine Angst hat vor einer Ansteckung, wenn sie täglich mit dutzenden Menschen in Kontakt kommt? Daran denke sie nicht. Sie habe keine andere Wahl, sagt Klein. „Ohne uns geht es ja nicht“, sagt sie und hält großen Abstand zu allen, mit denen sie spricht.
Die Belastung in diesen Tagen sei aber so groß, wie sie es noch nie erlebt habe. „Seit viertel vor fünf morgens bin ich im Laden und räume die Regale ein.“ Für Hamsterkäufe hat sie kein Verständnis. „Bei Nahrungsmitteln kann ich es ja noch nachvollziehen, aber es muss doch niemand Toilettenpapier horten“, sagt Klein. Was passiert, wenn sich die Lage noch verschärft? Daran will sie nicht denken. „Es muss ja weitergehen.“