„Fühlt sich befreiend an“Miljö-Sänger Mike Kremer nimmt Auszeit über Karneval
Köln – Wenn in der kommenden Woche so langsam die karnevalistischen Veranstaltungen rund um den Sessionsauftakt am Elften im Elften beginnen, ist Mike Kremer nicht mit dabei. Der 36-jährige Frontmann und Sänger von Miljö hat sich für die gesamte bevorstehende Karnevalssession eine Auszeit genommen – aus gesundheitlichen Gründen.
„Mein Körper spielt nicht mehr mit, denn ich leide seit nunmehr fast 17 Jahren an einer chronischen Autoimmunerkrankung“, berichtet Kremer beim Gespräch am Wupperplatz in Höhenhaus. Dort im Veedel ist er aufgewachsen, in dessen Nachbarschaft lebt er mit Frau und mittlerweile drei Töchtern – kürzlich ist er zum dritten Mal Vater geworden.
Kremer leidet unter Autoimmunerkrankung
„Bislang wussten das nur meine engsten Vertrauten und die Bandkollegen. Aber nun habe ich mich entschlossen, offen damit umzugehen. Und das fühlt sich irgendwie auch befreiend an.“ Die Krankheit ist nach derzeitigem medizinischen Stand nicht heilbar und tritt zumeist schubweise auf. „Dazwischen gibt es immer wieder auch Phasen, in denen ich mich kerngesund fühle. Aber wenn es kommt, kann ich das nicht kontrollieren. Dann bin ich kein guter Frontmann und auch kein guter Papa“, erzählt Kremer.
„Dann ist mein Energielevel sehr gering. Ich bin mit Cortison vollgepumpt, schlafe schlecht oder manchmal auch tagelang gar nicht, und kann nicht mehr.“ Es sei auch schon mal vorgekommen, dass er deswegen einen Auftritt auf der Bühne kurzerhand abgebrochen habe. Und solche Szenen wolle er seiner Band, seinem Publikum und seinen Fans nicht zumuten.
„Die Jungs kennen das, mit denen war ich in der Vergangenheit immer offen und ehrlich umgegangen. Aber mir ist inzwischen klar, dass ich das stressige Musikerleben – vor allem mit teilweise sechs oder acht Auftritten am Tag in der Karnevalszeit – nicht ewig schaffen werde.“
„Möchte kein Sand im Getriebe sein“
Bemerkbar gemacht habe sich die Autoimmunerkrankung bei ihm schon kurz nach dem Abitur an der Gesamtschule Holweide – da waren alle fünf Bandmitglieder in einer Klassenstufe, kannten sich schon seit Jahren und hatten auch bereits miteinander Musik gemacht: Hardrock mit englischen Texten. „Während meines Studiums in Aachen kam ich dann erstmals zur Behandlung in eine Klinik.“ Schon länger versucht er „die Symptome in Schach zu halten. Mit Medikamenten und einer vollständigen Umstellung der Ernährung. Seit sieben Jahren bin ich komplett vegan. Das bringt mir was“.
Nach der Corana-bedingten monatelangen Pause ist der Terminkalender von Miljö für die anstehende Session schon wieder gut voll. „Ich freue mich für die ganze Stadt, dass es wieder losgeht – und besonders natürlich für die Kollegen. Da möchte ich kein Sand im Getriebe sei und den Jungs freie Bahn geben“, sagt Kremer, der sich selbst als „totales Arbeitstier“ bezeichnet. „Doch nun ist der Zeitpunkt gekommen, etwas zurückzuschrauben. Ich muss mich verstärkt um meine Gesundheit und meine Familie kümmern.“
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Gitarrist Nils Schreiber übernimmt Frontmann-Rolle
Einige Male will er Ende November dann doch noch mit auf die Bühne. „Da stehen einige, schon lange geplante und abendfüllende Unplugged-Konzerte in Köln und der Region an. Die halte ich durch.“ So auch am 25. November im Gloria. Dieses Konzert ist allerdings schon seit Monaten ausverkauft, für einige andere Orte gibt es noch Karten.
Bei Miljö wird bei den Kurzauftritten bei den Sitzungen in der Karnevalszeit der bisherige Akkordeonspieler und Gitarrist Nils Schreiber die Frontmann-Position ausfüllen. Kremer: „Der Nils war doch schon zu Schülerband-Zeiten unser Sänger. Ich hatte damals ja am Schlagzeug gesessen. Zudem ist er in alle unsere bekannten Songs involviert. Die schreiben wir beide ja auch zumeist gemeinsam.“ Schreibers Rolle übernimmt nun vorerst Daniel Pottgüter, der bisherige Pianist und Keyboarder in der Band des Kölner Sängers Fabian Kronbach. Der sei, so Kremer, ein Top-Musiker, der gut ins Team passe.
Rückkehr auf die Bühne ist noch unklar
Wie es dann für Miljö und für ihn nach der Session weitergehe, sei derzeit noch unklar. „Ich bleibe auf jeden Fall Songwriter, Produzent und Freund. Ob ich auch wieder mit auf die Bühne gehe, steht erst im nächsten Jahr zur Diskussion. Ich bin da offen für alles. Wir werden das in der Band gemeinsam entscheiden – als Musiker und vor allem als Freunde.“