Mit Zuschuss der Stadt KölnDer „Tag des guten Lebens“ soll in Mülheim stattfinden
Mülheim – Mitmachen, gestalten, aktiv sein – diese Formel bildet die Grundlage für den „Tag des guten Lebens“, der in diesem Jahr bereits zum siebten Mal in Köln stattfindet.
Dahinter verbirgt sich eine partizipative Idee, bei der die Bürger der Stadt und die Bewohner eines Veedels ihre Umgebung einen Sonntag lang nach eigenen Wünschen und Vorgaben erleben sollen. „Dabei stören keine Autos, außerdem geht es nicht darum, nur passiv Angebote zu konsumieren“, erläutert Projektleiterin Sonja Langner. Die Initiatoren haben sich das Konzept für einen autofreien Sonntag 2012 ausgedacht, seitdem wandert der „Tag des guten Lebens“ durch die unterschiedlichen Quartiere Kölns. Im September 2020 gibt es wieder einen „Tag des guten Lebens“ – diesmal findet er, nach einem Abstecher ins rechtsrheinische Deutz 2017, mit Mülheim nun erneut auf der Schäl Sick statt.
Mülheim galt bisher als „schwieriges Pflaster“
Rund 150.000 Besucher und knapp 300 Aktionen stellen die Bilanz der sechsten Auflage im September 2019 in Ehrenfeld dar. „Beim Tag des guten Lebens schaffen Anwohner sowie zahlreiche Vereine und Initiativen ihre eigenen Freiräume, die Straßen für den motorisierten Verkehr an diesem Tag sind gesperrt und teilweise werden Halteverbotszonen eingerichtet“, erläutert Langner. Mülheim galt unter den Agora-Verantwortlichen bislang als „schwieriges Pflaster“ für den Tag, wie die Koordinatorin sagt.
„Neu ist in diesem Jahr, dass erstmals das Veedel selbst das autofreie Gebiet ausgewählt hat, in dem der Aktionstag stattfindet“, sagt Langner. Davon erhoffe man sich noch mehr Akzeptanz und Beteiligung aus dem Quartier heraus. Zwei Vortreffen hat es darum schon gegeben, es wurde diskutiert und abgewogen. Veedelsinitiativen, interessierte Bewohner und Vereine sowie ehrenamtliche Helfer haben sich Langner zufolge auf „das Zentrum Mülheims“ geeinigt.
Nun muss die Stadt den Antrag für das Gebiet zwischen Graf-Adolf Straße und Rendsburger Platz im Süden, rund um die Frankfurter Straße zwischen Bahnhof Mülheim und Wiener Platz im Osten und Westen, bis hin zur Keupstraße als Begrenzung im Norden, bewilligen. Auch die Bezirksvertretung Mülheim wird bei ihrer Sitzung am 16. März darüber abstimmen, ob und wie sie den „Tag des guten Lebens“ in Mülheim unterstützt.
Tag des guten Lebens
Der Tag des guten Lebens ist eine Initiative der Agora Köln und wird juristisch getragen durch den Verein „Institut Cultura 21“. 2020 soll er erstmals auch in anderen Städten stattfinden. Die Organisatoren stehen dafür bereits teilweise mit den Teams in Kontakt, um bei der Vorbereitung in Berlin und Wuppertal zu unterstützen.
„Wenn alles klappt“, so Langner, können sich Initiativen, Nachbarschaftsgruppen und Einzelpersonen anmelden und auf den Straßen dann einen bunten Mix aus Angeboten organisieren, bei denen die Besucher unter anderem über die Themen Klimaschutz, Integration und Formen der Mobilität ins Gespräch kommen und sich informieren können. „Die besten Ideen entstehen oft, wenn man sich mit den Herausforderungen vor der eigenen Haustür beschäftigt“, sagt Agora-Vorstand Langner.
Stadt fördert das Projekt mit 80.000 Euro
Die Stadt fördert das Projekt seit 2019 finanziell, in diesem Jahr gibt es 80.000 Euro Zuschuss. Neben der Klimaschutzstelle nehmen auch das Umweltamt, der Fahrradbeauftragte sowie städtische Unternehmen wie die AWB und die SteB teil und stellen ihre Projekte und Förderlinien für Klimaschutz oder Klimaanpassung vor.
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Wichtig ist, dass die Impulse von den Bürgern und Veedelsbewohnern selbst ausgehen. Denn hier liege die Basis, um Veränderungen anzuschieben und neue Konzepte zu entwickeln, die auch dem jeweiligen Stadtteil gerecht werden. Schlüssel ist dabei die Art des Dialogs, denn die Menschen begegnen sich bei so einem Fest ganz anders, kommen neu ins Gespräch. „Nachbarschaften, die vernetzt sind, sind resilienter als solche, die es nicht sind“, fasst Langner zusammen.
Drei Fragen an Sonja Langner
Frau Langner, warum findet der „Tag des guten Lebens“ 2020 in Mülheim statt?
Mülheim ist ein sehr vielfältiger Stadtteil und mit interessanten Herausforderungen konfrontiert: Die drastische Gentrifizierung im Mülheimer Süden, die hohe Migrationsdichte, die untragbare Verkehrsbelastung auf dem Clevischen Ring oder der neuen Aufgabe, ein partizipatives Zielbild für den Wiener Platz zu gestalten. Wir freuen uns auf eine spannende Zeit, die sicher länger dauert als 2020.
Was unterscheidet den „Tag des guten Lebens“ von anderen Aktionstagen, etwa Straßenfesten ohne Autos?
Der Tag des guten Lebens ist ein »Reallabor«, bei dem es darum geht, den öffentlichen Raum für Bürger ganz anders erlebbar zu machen. Wir hören zu, was die Menschen beschäftigt, was sie sich für ihr Veedel wünschen und aktivieren sie, dies am Tag des guten Lebens und darüber hinaus sichtbar zu machen. Er wird von den Bürgern selbst gestaltet. Dabei kommen ganz andere Aktionen zu Stande, wie Bücher- und Kleidertausch, Fahrrad-Hockey, riesige Wasserschlachten, Pflanzaktionen oder Improvisationstheater. Außerdem ist der Tag des guten Lebens völlig unkommerziell.
Der Gründungsansatz des Netzwerkes Agora Köln ist „Demokratiebeteiligung“. Was bedeutet das und wie drückt sich das beim „Tag des guten Lebens“ aus?
Die Frage ist “Wem gehört die Stadt?“ Wir fördern partizipative Stadtgestaltung im Sinne der Nachhaltigkeit, um Köln lebenswerter für die Bewohner zu machen. Bei den Vorbereitungen zum Tag des guten Lebens vernetzten wir Nachbarschaften, Vereine und Initiativen miteinander, um sich gemeinsam für ihre Interessen einzusetzen.