In einer Projektwoche erfuhren Mülheimer Schüler und Schülerinnen etwas über die Juden der Keupstraße und wie sie von den Nazis verfolgt wurden.
Vielfältige GeschichteProjektwoche thematisiert jüdisches Leben in der Keupstraße
Bewegte Keupstraße – das war das Motto einer Projektwoche der Geschichtswerkstatt Mülheim, bei dem Schüler aus dem Stadtbezirk sich mit Antisemitismus und Rassismus beschäftigten. Im Zentrum stand dabei die Keupstraße, die heute zwar maßgeblich türkisch geprägt ist, doch eine weit vielfältigere Geschichte hat.
„In Zusammenarbeit mit dem Verein Zweitzeugen, dem Verein ‚Forumtheater inszene‘ und dem Comedia Theater setzten sich die neun Schüler in kurzen Theaterszenen mit Diskriminierungssituationen aus ihrem Alltagsleben auseinander“, berichtet Peter Bach von der Geschichtswerkstatt. Er unternahm anschließend mit allen Teilnehmenden einen Rundgang durch die Keupstraße, um ihnen etwa über die Geschichte ehemaliger jüdischer Bewohner zu berichten, die von den Nazis verfolgt wurden. Helmut Goldau, ebenfalls Aktiver in der Geschichtswerkstatt, besuchte mit ihnen den jüdischen Friedhof Mülheim.
Menschen aus Mülheim flohen vor den Nazis
Romina Leiding vom Verein Zweitzeugen berichtete vom in Mülheim geborenen und aufgewachsenen Erwin Schild, der als Jude im Nationalsozialismus verfolgt wurde und nach London emigrierte.
Im weiteren Verlauf des Workshops setzten sich die Jugendlichen mit dem Lebensweg von Wilhelm Samuel auseinander, in dessen Besitz bis 1937 das Haus Keupstraße 68 war. Er war Uhrmacher- und Goldschmiedemeister sowie bis 1933 Ehrensenator der Großen Mülheimer KG. Seine Frau Paula war 1926 verstorben und die Teilnehmenden besuchten ihr Grab auf dem jüdischen Friedhof. Samuels Sohn Erich Rudolf wiederum war von 1928 bis 1932 „Tanzmariechen“ der Großen Mülheimer. Wilhelm Samuel konnte mit seinen drei Söhnen bereits 1935 in die Niederlande fliehen.
Dass Rassismus und Gewalt auch in der jüngsten Zeit noch eine Rolle spielen, mussten die Bewohner der Keupstraße am 9. Juni 2004 erfahren. Beim Nagelbombenanschlag der rechten Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ wurden 22 Personen zum Teil schwer verletzt. Uwe Mundlos, Mitglied der Terrorgruppe, hatte vor dem Friseurgeschäft im Haus 29 ein Fahrrad abgestellt, auf das er vorher eine Bombe montiert hatte.
„Wir freuen uns, dass sich junge Leute für Geschichte interessieren“, zog Helmut Goldau Resümee. Er wünscht sich, dass das Projekt Schule macht und noch mehr Jugendliche an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Er begrüßte ebenfalls eine Initiative, in diesem Jahr wie im Jahr 2014 ein Birlikte-Fest zu veranstalten, 20 Jahre nach dem Nagelbombenanschlag. Das Projekt wurde mit bezirksdienlichen Mitteln gefördert.