Früher war Günter Stommel der Publikumsliebling im Standesamt.
Der heute 72-Jährige gibt nun den Alleinunterhalter in Kölner Altersheimen.
Musik ist sein liebstes Hobby. Mit der Karriere im Karneval wollte es aber nicht klappen.
Köln – Früher war er der Publikumsliebling im Standesamt, heute rockt er das Altersheim. Sieben Jahren nach seiner Pensionierung als Standesbeamter, wo er es mit seinem rheinischen Singsang und wegen seiner fröhlich-kölschen und schlagfertig-lockeren Art zu Kultstatus gebracht hatte, sieht sich Günter Stommel (72) immer noch nicht so recht im Ruhestand angekommen.
Die Musik, seit Jahrzehnten sein liebstes Hobby („Ich hatte mal drei Jahre Klavierunterricht, alles andere habe ich mir selbst beigebracht“) ist inzwischen zu einer seiner Hauptbeschäftigungen geworden. „Ich habe in unserer Wohnung in Nippes unter dem Hochbett ein kleines Studio eingerichtet. Ich komponiere und arrangiere Instrumentalstücke und Lieder und nehme die auch ab und an auf – nur zum Spaß.“ Als Sänger mischt dann Peter Kasten (75) mit, der früher Solist im Chor der auf Karnevalsbühnen gefragten Rheinmelodiker war, und häufig zu den Stommels zu Besuch kommt. „Dann verziehen wir uns unters Hochbett.“
Mitsingkonzerte zu Karneval und Weihnachten
Zudem tingelt Stommel mit seinem Keyboard, einer kleinen Anlage und einem Echogerät („Um den Gesang ein bisschen aufzupeppen“) als Alleinunterhalter durch Kölner Altenheime. Am liebsten tritt er in den Riehler Heimstätten auf. Mal mit einem Weihnachts- oder Karnevalsprogramm in Form eines Mitsingkonzertes, oder – wie in diesen Tagen – als Ein-Mann-Kapelle beim dortigen Oktoberfest. „Ich fange mit bayrischer Musik und Liedern wie »In München steht ein Hofbrauhaus« an, aber irgendwann endet alles beim »Trömmelchen« und bei kölschen Tönen. Das wollen die ahl Lückcher auch so.“
Dazwischen spielt er internationale Hits aus längst vergangenen Jahrzehnten („Da sind dann die Lieblingslieder meiner Jugend dabei“) wie „Can't help falling in love with you“ von Elvis Presley, „Waterloo Sunset“ von den Kinks, „Venus“ von Shocking Blue oder „Downtown“ von Petula Clark sowie deutsche Schlageroldies wie „Deine Spuren im Sand“ von Howard Carpendale, „Ich will keine Schokolade“ von Trude Herr und – als neuestes Lied im Repertoire – „Du hast mich tausendmal belogen“ von Andrea Berg. Auffällig dabei: Sehr viele Titel kommen von weiblichen Interpreten. „Egal, ich singe sie alle“, sagt Stommel und lacht.
„Die Musik ist meine Welt. Die begleitet mich seit den Anfängen meines Arbeitslebens.“ Schon 1963 ist er zunächst als Schlagzeuger, dann als Gitarrist mit The Ghost im Starclub am Ring, als Aushilfs-Keyboarder bei den Firebirds im Whisky Bill in Forsbach oder mit den Stardusters im Cascade am Zülpicher Platz aufgetreten. „Dort machten wir bei einem Bandwettbewerb den zweiten Platz. Sieger wurden die Stowaways, aus denen wenig später die Bläck Fööss wurden.
Mit Bömmel in der Berufsschule
Mit deren Gitarrist Bömmel Lückerath war ich an der Berufsschule zeitweise in einer Klasse. Der hatte damals ja beim Steueramt der Stadt eine Lehre angefangen.“ Doch die beruflichen Wege der beiden trennten sich schnell: Lückerath wurde Profimusiker, Stommel Standesbeamter. „Und das habe ich fast 48 Jahre lang gemacht. Bis zu meinem letzten Arbeitstag.“ Knapp 7000 Trauungen sollten es für Stommel, der selbst zum vierten Mal verheiratet ist, schon gewesen sein.
Viel Prominenz bei den eigenen vier Trauungen
Darunter war auch reichlich Prominenz aus der Stadt. Zum „Ja“-Wort standen vor ihm beispielsweise Wolfgang Niedecken, Peter Brings, Gerd Köster und Ralph Giordano sowie Lotti Krekel und Ernst Hilbich auf einem Müllemer Bötchen, und Guido Cantz mit Ehefrau Kerstin Ricker auf Schloss Wahn. Auch bei der ersten Trauung im Zoo war Stommel dabei. Seine jüngste Braut war 15 Jahre alt – das Jugendamt hatte zugestimmt – und sein ältester Bräutigam war 90. Zudem durfte er im Fernsehen ran. Einige Male traute er die Paare in Linda de Mols TV-Show „Traumhochzeit“. Damit begann die bundesweite Popularität, Stommel wurde in den Talkshows herumgereicht. Es saß bei Hans Meiser und Ilona Christen, bei Arabella Kiesbauer und Margarethe Schreinemakers.
„Heute bin ich froh, dass der Rummel vorbei ist.“ Dennoch lässt ihn der alte Job immer noch nicht los. „So ein- oder zweimal die Woche stehe ich noch am Trautisch – in meinen Träumen. Und dann werde ich wach.“
Karriere im Karneval blieb Strommel verwehrt
Auch im Karneval hätte er gerne ein wenig Karriere gemacht, aber das hatte nicht so richtig geklappt. Über den Riehler Kinderarzt und Liedermacher Henner Berzau kam er zu Uschi un de drei Selvsjestrickte, dann holte ihn der damalige Gitarrist Karl-Heinz Fricke – heute Baas der Muuzemändelcher – zu den Junge vum Ihrefeld („Damals hat der später OB Fritz Schramma als Reporter beim Wochenspiegel oft über uns berichtet“) aus denen später die Rheinschiffer wurden. Diese Bands sind längst in Vergessenheit geraten, aber einige ihrer Lieder hat Stommel noch in seiner Sammlung – schön analog, in mehreren Kladden und Schnellheftern. Mit der Musik aufzuhören ist für Stommel kein Thema. „Da ist noch Luft nach oben – will ich hoffen.“