Köln – Was geschah wirklich am frühen Morgen des 19. Oktober 2016 nach einer durchtanzten Nacht in einem Club auf den Kölner Ringen? Tina S. (alle Namen geändert) stand tränenüberströmt vor der Tür der Diskothek, weil sie ihr Handy vermisste. Kurz entschlossen hatte ihre Freundin Laura (18) gemeinsam mit einem Discobesucher das Lokal erneut aufgesucht, um nach dem Handy zu suchen. Was danach geschah, ist drei Jahre später Thema eines Strafprozesses vor dem Kölner Landgericht und die Versionen des Tatgeschehens können unterschiedlicher nicht sein.
Laut Anklage wurde Laura von dem Mann, der ihr beim Suchen helfen wollte, und einem gemeinsamen Kumpel anschließend vergewaltigt. Die beiden gleich alten Männer, Serkan (25) und Mahmut, schweigen zu den Vorwürfen, hinter vorgehaltener Hand ist von „einvernehmlichen Geschlechtsverkehr“ die Rede, einer der beiden hatte den anderen dabei sogar mit dem Handy gefilmt. Die Sequenz ist allerdings nur wenige Sekunden lang und es ist fraglich, inwieweit die Bilder als belastendes Beweismittel heranzuziehen sind.
Auto von innen verriegelt
Serkan T. soll die damals 18-Jährige unter einem Vorwand zu einem geparkten Auto an der Bismarckstraße geführt haben, mit dem Hinweis, die Freundin würde dort auf sie warten. Als sie dort ankamen, drängte er sie ins Auto, sein Kumpel kam dazu, das Auto wurde von innen verriegelt und dann soll es zum erzwungenen Oral- und Geschlechtsverkehr gekommen sein, obwohl sich das Opfer laut Anklage verzweifelt wehrte.
Beide Angeklagte haben einen Migrationshintergrund, sind in Deutschland geboren und ihr Lebenslauf scheint bis zum Tatgeschehen unauffällig und zielstrebig verlaufen zu sein. Auf der Anklagebank jedenfalls zeichnen beide Angeklagten ein seröses Bild von sich. Serkan T. ist nach dem Wirtschaftsabitur zu seiner Mutter gezogen, nachdem sie an Krebs erkrankte, um ihr zur Seite zu stehen. Er studierte Elektrotechnik als die Tat geschah. Die drei Monate Untersuchungshaft – danach wurden er und sein Kumpel verschont – sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
Panikattacken und Herzrasen
Wegen psychischer Probleme brach er das Studium ab, die Hafterfahrung und die lange Dauer des Ermittlungsverfahrens führten bei ihm zu „Panikattacken und Herzrasen“, er macht seitdem eine Therapie. Inzwischen macht er eine Ausbildung zum Bürokaufmann, die Anforderungen des Studiums seien mit der psychischen Anspannung durch den Prozess nicht zu vereinbaren, erklärt er dem Gericht. Serkan T., der laut Anklage eher Mitläufer als Haupttäter ist, kämpft mit den Tränen, als er seine Aussage zur Person macht.
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Sein Kumpel Mahmut legt Wert auf die akademische Ausbildung seiner drei Schwestern, die alle ein Studium absolvierten. Er selbst hat das Fachabitur abgebrochen und eine Ausbildung bei Aldi als Verkäufer begonnen, als die Tat geschah. Aldi setzte ihn nach der U-Haft vor die Tür, danach begann er eine Ausbildung zum Mechaniker. Mahmut ist seit Juli 2019 verheiratet, seine Frau kannte er schon, bevor die Tat geschah. Allerdings hat er ihr die Untersuchungshaft, das Ermittlungsverfahren und auch den Prozess verschwiegen. „Was ist, wenn sie es erfährt?“ will der Richter wissen. „Das wäre das Ende“, entfährt es dem Angeklagten.
Das Opfer soll am nächsten Verhandlungstag gehört werden, allerdings zu seinem Schutz unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Urteil wird Anfang Dezember erwartet.