Nachruf auf Luise BassiriKölner Bloggerin kämpfte öffentlich gegen den Krebs
Köln – Krebskriegerin, Mutter von drei Kindern, Zahnärztin, froh, am Leben zu sein – so beschrieb die Kölnerin Luise Bassiri sich auf ihrem Instagram-Blog, dem zuletzt 11.200 Menschen folgten.
In den Tagebuch-Einträgen schrieb die 36-Jährige fachlich fundiert und schonungslos bis ins kleinste Detail gegen den Krebs an. Sie tue das, um aufzuklären, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor elf Monaten, als sie für eine priorisierte Corona-Impfung für schwer erkrankte Menschen warb. „Wäre ich frühzeitig gegen HPV geimpft worden, wäre ich wohl nicht krank geworden.“ In dem Gespräch gab sich Bassiri kämpferisch.
HPV ist ein leicht übertragbares Virus, mit dem sich rund 80 Prozent aller sexuell aktiven Frauen im Laufe ihres Lebens infizieren. Rund 1,5 Millionen Frauen sind in Deutschland mit einem so genannten Hochrisiko-HPV infiziert, das Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. Vorstufen des Krebses können durch eine frühzeitige Impfung zwischen dem neunten und 14. Lebensjahr verhindert werden. Als der Krebs bei Bassiri festgestellt wird, hatte er längst metastasiert und auch den Darm befallen.
Diagnose an einem lauen Frühlingstag
An den Tag der Diagnose erinnerte Luise Bassiri sich in ihrem Tagebuch so: „Der 20.4.2018 war ein strahlender Frühlingstag. Bereits so warm, dass ich ein Sommerkleid trug, unter welchem man schon deutlich sah, wie abgemagert ich war, ich habe mich kräftig dagegen gestemmt, habe wie verrückt gestillt, obwohl mir das wohl das letzte bisschen Energie genommen hat.
Jüngste Tochter war drei Monate alt
Aber was nicht sein durfte, konnte einfach nicht sein. Mein Mädchen war gerade drei Monate alt, viel zu früh um sie abzustillen, zumindest in meinem Verständnis. Mir ging es aber seit Wochen immer schlechter, jeder Spaziergang war anstrengend und schmerzhaft. Kurzum, ich sollte nun eine Darmspiegelung erhalten und eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung ausschließen.
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Was ich als Diagnose bekam war die Hölle. Das Bild zeigt meine unvollständige Diagnose, es beschreibt nur, was der Arzt gefunden hat. (…) Völlig unvorstellbar hat er mir eröffnet, dass mir eine schlimme Zeit bevorsteht, davon ausgehend, dass ich einen »echten« Darmkrebs habe. Es wurde nicht weniger schlimm.
Drei Operationen, dreimal Radiochemotherapie und zuletzt Immuntherapie. Die Tage danach waren gefüllt mit MRTs, einem CT und noch mehr schlimmen Nachrichten. Ich war bereits voller Lymphknotenmetastasen, den Blick des Strahlentherapeuten werde ich nie vergessen, auch er hatte so etwas noch nie gesehen.
Wir haben mit so vielen Ärzten telefoniert. Der Albtraum ist noch nicht vorbei. Aber ich habe einen Weg gefunden, besser damit umzugehen. Wenn ich heute Babys sehe, die in Sophias Alter damals waren, dann frage ich mich trotzdem, wie das alles ging damals und wie schrecklich ich von einem auf den anderen Tag abstillen musste. Mein kleines, süßes Baby. Und wie klein die Jungs noch waren, und wie nah ich dem Tod war und bin. Heute ist kein guter Tag, aber ich werde das Beste draus machen.“
Sie gab bis zuletzt nicht auf
Das Beste draus machen, das hieß für sie: die Krankheit ertragen und gleichzeitig alles tun, um zu genesen. Bestmöglich für ihre Kinder da sein. Jeden Moment genießen. Niemals aufgeben. Öffentlich sprechen.
Zuletzt hatte eine Humangenetikerin ihre Krebszellen auf Mutationen überprüft und Eiweiße isoliert, die im Labor künstlich nachgebildet wurden und ihr gespritzt wurden – ein wenig erforschtes Verfahren, das Luise Bassiri große Hoffnung machte.
Meistens erfuhren ihre Follower schlechte Nachrichten: Die Kölnerin schrieb, wie es ihren älteren Sohn traumatisiert habe, dass seine Mutter plötzlich so oft im Krankenhaus war; sie berichtet von dem Moment, als eine Ärztin ihr sagte, dass sie nicht mehr arbeiten werde, von Bestrahlungstagen, Chemotabletten, schweren Nebenwirkungen, Operationen, Harnwegsinfekten, Gallestau, Dünndarmverschluss, Verzweiflung.
Adventszeit war ihre liebste Zeit
Sie schrieb aber auch auf, was ihr Hoffnung gab: Dass sie wieder gut essen könne, 25 Treppen ohne Pause und 500 Meter am Stück laufe, sie gut schlafe, positive Gedanken habe. Wie ihr Sohn verstand, dass seine Mutter krank ist – und wie tapfer er damit umging. Wie die Familie sie hielt und immer wieder auffing. Sie schrieb auch, dass Advent und Weihnachtszeit ihre liebste Zeit im Jahr war. „Ich habe so viele warme und schöne Erinnerungen daran. Mein zweites Kind ist kurz nach Nikolaus geboren, er ist für immer mein Kuschelbaby - immer noch. Er liebt die Weihnachtszeit genau wie ich. Dieses Jahr ist es nochmal anders, nochmal mehr Zusammensein und mehr zu Hause sein“, notierte sie im vergangenen Jahr. „Im besten Fall, das wünsche ich mir sehr, verschwindet der Krebs.“
Er tat es nicht. Wie ihre Familie auf ihrem Blog mitteilte, starb Luise Bassiri am Samstagmorgen in der Kölner Uniklinik.