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Vor den Kopf gestoßenAuf ehemaligem Kita-Gelände in Nippes sollen Wohnungen entstehen – Eltern verärgert

Lesezeit 4 Minuten
Das alte Kitagebäude mit Backstein

Die Kita an der Kretzerstraße in Nippes wird nicht wieder eröffnet. Sie soll Wohnungen weichen.

Offenbar sollen auf dem früheren Kita-Grundstück an der Kretzerstraße 9 Wohnungen entstehen. Eine Gruppe von Eltern damaliger Kita-Kinder fühlt sich getäuscht.

Für das Areal des beim Starkregen im Juli 2021 überschwemmten, inzwischen aufgegebenen evangelischen Kindergartens an der Kretzerstraße 9 gibt es eine neue Entwicklung: Die evangelische Kirchengemeinde Riehl, die die Kita betrieb, erwägt dort Wohnungsbau. Das legt eine inzwischen deaktivierte Annonce auf einem großen Online-Immobilienportal nahe. Von einem „baureifen Wohngrundstück“ von 1850 Quadratmetern Größe ist die Rede. Dieses stand zwar unter einer falschen Hausnummer im Internet – der 6 statt der 9, bei der 6 handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus –, aber der Größe nach muss es sich um das Kita-Grundstück handeln. Die Annonce stammt von einem Bonner Projektsteuerer, auf kirchliche Bauvorhaben spezialisiert.

Auf das Inserat gestoßen war Ende Juni eine Gruppe damaliger Kita-Eltern. Die Einrichtung hat im Juli 2023, am Notstandort Schlenderhaner Straße in Niehl, ihren Betrieb eingestellt. Ein Vater aus der Gruppe hatte auf die Anzeige geantwortet und weitere Infos angefordert. Man antwortete ihm, das Angebot richte sich „an Unternehmen, die Erfahrung mit der Realisierung von Geschosswohnungsbau nachweisen können“.

Eltern sind enttäuscht über fehlende Kommunikation

Die Elterngruppe, die sich mit dieser Zeitung zum Gespräch traf, fühlt sich nun getäuscht. Allgemein hätte man sich während des Prozesses mehr Rückmeldung erhofft. „Hätten wir früher gewusst, dass der Kindergarten nicht mehr eröffnet, hätten wir nach Alternativen gesucht“, erläutert ein Elternteil. „Notfalls hätten wir eine Kita in freier Trägerschaft eröffnet.“ Für die Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren seien die vielen Umzüge schwer zu verkraften gewesen.

Nach der Überschwemmung kam die Kita zunächst für drei Wochen mit in den Räumen der evangelischen Kita an der Gustav-Nachtigal-Straße 32 im Afrikaveedel unter. Danach ging es für rund drei Monate zur Longericher Gemeinde an der Paul-Humburg-Straße, Ende Oktober 2021 war hier Schluss. Für die Restzeit bekam sie Räume an der Niehler Petrikirche, Schlenderhaner Straße 32-34. Am 14. Juli 2023, exakt zwei Jahre nach der Flut, schloss die Kita mit einem Abschiedsfest. Auch auf jenem Grundstück sind Wohnungen geplant; die Petrikirche ist seit Ende Juli entwidmet.

„Damals, beim Elternabend in der Gustav-Nachtigal-Straße, gingen wir mit einem guten Gefühl heraus. Dass es irgendwie weitergeht“, schildern die Eltern. „Eine endgültige Schließung war noch kein Thema.“ Die Entscheidung, das Gebäude aufzugeben und die Kita aufzulösen, habe die Gemeinde den Eltern bei einer Online-Konferenz im Februar 2022 mitgeteilt. „Wir alle wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“, betonen sie. Man habe Transparenz vermisst, viele Mails seien unbeantwortet geblieben. Dagegen habe die damalige Kita-Leitung unter belastenden Bedingungen hervorragende Arbeit geleistet: So mussten Abmeldungen von Kindern verkraftet werden, verbunden mit einer Reduzierung des Personals.

Frühere Kita-Leitung „trauert der Einrichtung noch hinterher“

Das Grundstück an der Kretzerstraße 9 steht im Flächennutzungsplan nach wie vor als „Fläche für den Gemeinbedarf“, etwa für Kitas oder Schulen. Dies schließe Wohnungsbau aber nicht grundsätzlich aus, erläutert Caroline Wagner vom Stadtplanungsamt. Da für das Areal kein Bebauungsplan existiere, würde ein Bauvorhaben auf seine Verträglichkeit geprüft; der Flächennutzungsplan spiele dabei eine nachrangige Rolle. „Vielmehr wird bei der Beurteilung die Art und das Maß der Nutzung in der näheren Umgebung herangezogen.“

„Wir alle – Eltern und Team – hatten gehofft, dass die Kita erhalten bleibt“, erinnert sich Susanne Schilling, die frühere Leiterin. „Auch ich trauere der Einrichtung immer noch hinterher.“ Mit den Eltern sei es ein gutes Miteinander gewesen, mit denen sie nach wie vor im Kontakt stehe; ihr Team habe die schwierige Situation gut gemeistert. Sie habe sich während der Interimszeit ebenfalls mehr Informationen gewünscht. „Im luftleeren Raum zu hängen, führt zu enormer Unsicherheit.“

Pfarrer Uwe Rescheleit Weist Vorwürfe zurück

Der Riehler Pfarrer Uwe Rescheleit weist die Vorwürfe zurück. Tatsächlich sei lange nicht klar gewesen, wie es mit der Kita weitergehe. „Wir mussten nach Erhalt aller Bodengutachten und Überflutungsnachweise feststellen, dass eine eigene Neubebauung mit einer Kita am Standort Kretzerstraße 9 nicht machbar ist“, betont er.

Das Grundstück solle jetzt veräußert werden, um der Unterstützung der Finanzierung von Wohnungsbau in der Schlenderhaner Straße zu dienen, erläutert er weiter. „Hier wird in den nächsten Jahren ein Kirchenhaus mit Sozialwohnungen für Familien mit kleinerem Gemeindehaus entstehen, das entsprechende Angebote beherbergen wird – als ein sozial relevanter Standort der Kirchengemeinde am alten Ort der Petrikirche mit Gemeindezentrum, die beide nicht zu halten waren.“