Seit 1984 beschäftigt sich das Nippeser Archiv für Stadtteilgeschichte mit Historie und Gegenwart des Veedels. Jetzt wird es 40 Jahre alt.
40 JahreNippeser Stadtteilarchiv feiert sein Jubiläum mit Veedelsfestival
Aller Anfang ist schwer – dieses Motto galt auch und gerade für das Nippeser Archiv für Stadtteilgeschichte. Im Jahr 1984 hatte sich eine Gruppe von engagierten Menschen zusammengetan, um die Geschichte von Nippes aufzuarbeiten und dessen Entwicklung zu begleiten.
„Unsere ersten Räume waren in der Steinbergerstraße, dem Vorläufer des heutigen Bürgerzentrums“, erinnern sich Kathi Bücken und Walter Schulz, beide Gründungsmitglieder des Stadtteilarchivs, beim Treffen im Restaurant „Mimmo & Santo“. „Der frühere Leiter hatte uns alle 14 Tage sein Büro zur Verfügung gestellt. Unser Archivgut war aber dezentral untergebracht, unter anderem in der Neusser, Holbein- und Bülowstraße“, so Bücken.
Das Vorbild des Stadtteilarchivs sei damals eine Geschichtswerkstatt in Hamburg-Ottensen gewesen. „Wir wollten die Geschichte des Veedels aus der Sicht der kleinen Leute erzählen, aktuelle Entwicklungen und Probleme darstellen, auch das Zufällige und Alltägliche“, erläutert Schulz. Erst 2005 bezog das Archiv seine heutigen Räume im Gebäude direkt am Toreingang des Bürgerzentrums Altenberger Hof, mit ausreichend Lagerfläche, Besprechungstisch und PC-Arbeitsplatz. „Endlich konnten wir an diesem Ort unsere Archivalien zusammenführen.“
Auch Kuriosa werden gesammelt
Nun feiert das Veedels-Archiv, das zehn aktive Mitglieder hat, mit einer großen Veranstaltungsreihe sein 40-jähriges Bestehen. 14 Veranstaltungen stehen auf dem Festprogramm (siehe Infobox). Die Orte passen dabei zum jeweiligen Thema. „Wir gehen an Orte, die für Nippes wichtig sind. Das Gasthaus im 1/4 etwa, das damalige Feez, war die erste richtige Szenekneipe in Nippes“, erinnert sich Schulz.
Eingang ins Archiv finden manchmal auch bunte, kuriose Fundstücke, etwa Postkarten, Plakate und Flugblätter, Bierdeckel und Fotos; hierzu sichtet das Team mitunter Nachlässe, Haushaltsauflösungen oder Container. „Wir sammeln jedoch nicht nur, sondern sind ein zugängliches, forschendes Archiv und haben immer Wert darauf gelegt, wissenschaftlich zu arbeiten“, stellt Bücken klar – also etwa, Aussagen mit Quellen zu belegen und keine unbewiesenen Behauptungen aufzustellen.
Zum Prinzip des Stadtteilarchiv gehört es auch, externen Kräften eine Einsatzmöglichkeit zu geben. Besonders wertvoll war das Wirken einer Bibliothekarin, die für drei Jahre im Rahmen einer Arbeitsförderung ins Archiv kam: Sie katalogisierte, kategorisierte und systematisierte die Archivbestände; bis heute nutzt der Verein ihr System. Ein Historiker, einst an der Universität Köln, wühlte sich für das Stadtteilarchiv durch die Kirchenurkunden aus der Zeit ab 1300.
Viele Publikationen veröffentlicht
Zugang und Recherche sind für Privatleute kostenlos, nur für kommerzielle Arbeiten wird mit dem Auftraggeber ein Kostenbeitrag ausgemacht. Ansonsten finanziert sich der Verein vor allem über Mitgliedsbeiträge und die Einnahmen aus den Veedelsführungen. Sehr stolz ist man auf die zahlreichen Publikationen – darunter das in den Anfangsjahren herausgegebene Buch „Loss mer jet durch Neppes jon“ und „De Fahn erus! Nippes im Nationalsozialismus“, das mehr als zehn Jahre Arbeit in Anspruch nahm.
Ein jüngeres Werk ist die große Veedelschronik „Nippes – (fast) 2000 Jahre“ in Zusammenarbeit mit Autor Peter Heimerzheim, das der Verein im September 2022 erstmals präsentierte. Große Überschüsse erwirtschafte man mit den Veröffentlichungen meist aber nicht. „Unsere Publikationen sind darauf angelegt, dass sie sich selbst tragen“, erläutert Bücken.
Nun freut sich das Team schon sehr auf die Jubiläums-Festwochen. „Wir machen das Fest auch deshalb, um Jüngere für unsere Arbeit zu interessieren“, so Schulz. Ein Wunschthema, mit dem sich der Verein gerne vertieft beschäftigen würde, ist Migration – auch hierzu sind Ideen und Kräfte von außen willkommen.
Mit 14 Veranstaltungen feiert das Nippeser Stadtteilarchiv sein 40-jähriges Bestehen. Hier ein Überblick.
Den Auftakt bildet am Dienstag, 13. August, die Ausstellung zum Stadtteilarchiv-Jubiläum im Foyer des Bezirksrathauses Nippes, Neusser Straße 450. Um 18 Uhr eröffnet Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert die Vernissage; danach ist die Ausstellung noch bis Freitag, 6. September, zu sehen.
Am Sonntag, 18. August, ab 15 Uhr findet die Stadtteiltour „Loss mer jet durch Neppes jon“ statt, Treffpunkt: vor dem „Golde Kappes“, U-Bahn-Ausgang Florastraße. Gleich zwei Führungen gibt es, jeweils ab 15 Uhr, am Sonntag, 15. September: „Nippes – sein unbekannter Osten“ (Treffpunkt: vor dem Eingang Leonardo-da-Vinci-Gymnasium), sowie „Sech(s)zig am Zug“ (Treffpunkt: Josephskirchplatz). Am Sonntag, 22. September, ab 14 Uhr findet die Stolperstein-Führung „Ein Stein – ein Name – ein Mensch“ statt, Treffpunkt: ebenfalls vor dem „Golde Kappes“. Aus Anlass des Jubiläums ist die Teilnahme an den Führungen kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
Gleich sechs Lesungen, Literatur- und Vortragsabende sind geplant: Am Montag, 2. September, liest ab 19 Uhr im Buchladen Neusser Straße 198 Fatih Çevikkollu unter Moderation von Walter Schulz aus seinem Werk „Kartonwand“ (Eintritt 10 Euro, Karten im Buchladen). In „Der Fall Julio Goslar“ geht es am Mittwoch, 11. September, ab 19 Uhr bei der Evangelischen Kirchengemeinde, Siebachstraße 85, um den zum Christentum konvertierten Kirchenmusiker jüdischer Abstammung, der den Nazi-Terror im Versteck überlebte. „Cuore e anima – Herz und Seele“ heißt es am Dienstag, 17. September, ab 18 Uhr im seit 50 Jahren bestehenden Restaurant „Mimmo & Santo“, Neusser Straße 336–338: Moderiert von Walter Schulz, gibt es einen Abend im Austausch mit Santo Infantino zu Migration, Weggehen und Ankommen, voller Geschichten, Bildern und Erlebnissen.
Die zusammen mit dem Stadtteilarchiv produzierte Veedelschronik „Nippes – (fast) 2000 Jahre“ stellt am Donnerstag, 26. September, ab 18 Uhr der Autor Peter Heimerzheim im „Gasthaus im 1/4“, Holbeinstraße 35, erneut vor (Anmeldung per E-Mail erforderlich). Am Freitag, 27. September, ab 20 Uhr stellt Autor Max Annas in der Buchhandlung Blücherstraße 3 seinen Roman „Tanz im Dunkeln“ vor, der im Nippes während der NS-Zeit spielt (Eintritt 10 Euro, Karten in der Buchhandlung). Am Samstag, 28. September, um 17 Uhr geht es mit Kathi Bücken und Walter Schulz beim Vortrag „Die Nippeser Bau- und Spargenossenschaft von 1895“ bei der KAB St. Marien im Haus der Kirche, Baudriplatz 17, um die katholische Initiative gegen Wohnungsnot, die heute stadtteilprägende Straßenzüge unter anderem an Eisenachstraße und Wartburgplatz baute (Anmeldung per E-Mail erforderlich).
Am Samstag, 7. September, ab 17 Uhr feiert das Archiv, im Rahmen des „Blauen Abend in Nippes“, gemeinsam mit dem Emmaus-Lädchen am Baudriplatz 16 dessen 30-jähriges Bestehen. Unter dem Motto „Das Stadtteilarchiv hört und sieht zu“ steht am Montag, 9. September, ab 16 Uhr der Kinder- und Eltern-Nachmittag in der Stadtteilbibliothek Nippes, Neusser Straße 450. Zu Gast ist der Autor und Kabarettist Marius Jung (Anmeldung in der Bücherei unter Telefon 221–95600 erforderlich). Unter dem Motto „Sammeln zum Zeigen und Sichten“ steht am Donnerstag, 12. September, ab 18 Uhr die Feierstunde bei den Kollegen im Historischen Archiv am Eifelwall 5 (Anmeldung per E-Mail erforderlich). info@archiv-koeln-nippes.de. www.archiv-koeln-nippes.de