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Kommentar zum NRW-EpidemiegesetzDer Staat darf unser Vertrauen nicht enttäuschen

Lesezeit 2 Minuten
NRW Landtag

Szene aus dem NRW-Landtag: Die Landesregierung plant ein umfassendes Epidemiegesetz.

Liebe Leserinnen, Liebe Leser,

was für einen Staat wollen wir? Die Antworten darauf können ganz unterschiedlich ausfallen, abhängig von politischen Überzeugungen, persönlichen Erfahrungen und Lebensumständen.

Gerade erleben wir, wie gut es ist, einen starken Staat zu haben und – nicht zu vergessen – einen funktionierenden Staat. Denn das wäre mit das Schlimmste: ein Staat, der nur so tut, als ob. Vor dem Coronavirus an sich kann auch der stärkste Staat keine Sicherheit bieten.

Aber er kann für alle verbindlich regeln, was größtmöglichen Schutz für die größtmögliche Zahl bietet. Und er kann (und muss) die Härten abmildern, die er mit seinen Eingriffen ins Leben der Menschen hervorruft.

caf

Carsten Fiedler, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

Beiden Aufgaben kommen die Regierungen des Bundes und der Länder in der Corona-Krise bislang nach. Ich finde das beruhigend, weil ich überzeugt bin: Ein starker Staat muss seinem Wesen nach ein sorgender Staat sein, ein Kümmerer. Wobei das Kümmern etwas sehr Spezifisches ist, was jeder aus der Familie kennt, als Mutter oder Vater, als Tochter oder Sohn: Elterliche Sorge bedeutet ja nicht endlose Bevormundung, sondern die Befähigung zur Selbstständigkeit und Ermächtigung zur Freiheit.

Zurzeit beschneidet der Staat in seiner Sorge um die Bürger massiv deren Rechte. Und er gibt sich, wie das geplante Epidemie-Gesetz für NRW zeigt, auch mit dem Bestehenden nicht zufrieden. Wenn ich ehrlich bin, macht es mich unruhig, dass jetzt in nur zwei Tagen Gesetze beschlossen werden sollen, die noch weitergehende Vollmachten festschreiben.

Notstandsgesetze sollten nicht aus der Not entstehen

Spricht denn etwas dagegen, dass die Regierung medizinisches Material beschlagnahmen oder den Verkauf von Medikamenten zu Wucherpreisen unterbinden darf? Im konkreten Fall gewiss nicht. Aber müssen Kompetenzen, die sich aus Bundesgesetzen bereits jetzt schon ergeben, wirklich mitten in einer Ausnahmesituation auf das Land heruntergebrochen werden? Notstandsgesetze sollten nicht aus der Not selbst heraus entstehen, sondern aus deren Analyse und Reflexion. Und das in einem geordneten parlamentarischen Verfahren, in dem die Opposition dann nicht – wie jetzt – einfach zur Zustimmung verdammt ist.

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Der große Konsens zu allen Corona-Abwehrmaßnahmen beruht nicht zuletzt auf dem Vertrauen, dass es sich sozusagen um eine Notwehr des Staates handelt – ein Vorgehen, das hinfällig und illegitim wird in dem Moment, in dem die Not vorüber ist. Auch das macht die Stärke des Kümmerer-Staates aus, dass er sich zurückzunehmen weiß. Wir, die Bürgerinnen und Bürger, müssen uns darum kümmern, dass es dabei bleibt.

Bleiben Sie gesund! Achten Sie auf sich und Ihre Nächsten!