Viele Kitas finden keine neuen Mitarbeitenden. Zu mies scheinen die Arbeitsbedingungen. Doch es gibt auch solche, die sich keinen schöneren Job vorstellen können.
Personalnot, Notbetreuung, ÜberlastungZwei Kölner Erzieherinnen erzählen, warum sie ihren Job trotz allem lieben
Fachkräftemangel, Personalnot, überlastete Erzieherinnen, hohe Krankenstände, Notbetreuung, verkürzte Betreuungszeiten: Die Liste mit Zustandsbeschreibungen in Kindertagesstätten ließe sich endlos fortführen. Ein Ende der Misere ist nicht in Sicht. Klar ist: Es braucht dringend mehr Fachkräfte in den Kitas. Doch wer will angesichts solcher Bedingungen dort noch arbeiten? Tatsächlich gibt es sie: Erzieherinnen, die ihren Job lieben und mit Leidenschaft ausführen. Zwei Protokolle.
Agi Oskedra, 40, Auszubildende:
„Ich habe nicht den typischen Werdegang einer Erzieherin. Ich habe Deutsch und Englisch studiert, lange in der Medienbranche gearbeitet, später auch in der Pflege. Während der Coronazeit war ich arbeitslos. Ich habe mich viel mit mir selbst auseinandergesetzt und mit den Fragen: Was ist mir wichtig? Welcher Beruf könnte langfristig etwas für mich sein?
Ich habe viele Pädagoginnen und Pädagogen im privaten Umfeld. Ich wusste also um die Probleme in der Branche – aber eben auch um die Vorzüge. Und nun mache ich seit eineinhalb Jahren eine praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieherin. Das heißt, ich bin an zwei Tagen pro Woche in der Kita und an drei Tagen in der Schule. Nach der Hälfte der Ausbildungszeit ist es andersherum.
Trotz Vorgaben bleiben Kita-Mitarbeitenden Gestaltungsfreiräume
Die Außenwahrnehmung unseres Berufs nervt: Viele denken, dass wir nur malen und basteln. So ein Quatsch! Der Job ist super vielseitig. Und auch wenn wir uns an bestimmte Vorgaben und Bildungspläne halten müssen, kann ich viel gestalten und entscheiden, welche Projekte ich mit den Kindern durchführen möchte.
Die Arbeit mit Kindern ist unglaublich wertvoll. Es ist toll dabei zuzuschauen, wie sie lernen, Dinge erforschen. Und eine große Ehre, diesen Prozess zu begleiten. Ich bin eine sehr gute Beobachterin und nehme viel wahr, auch Stimmungen, und erkenne im Blick des Kindes, wie es sich gerade fühlt. Das ist für die Arbeit wichtig und hilfreich.
Der Beruf der Erzieherin ist der richtige für mich. Aber ich weiß nicht, ob ich nach der Ausbildung bis zur Rente in Vollzeit arbeiten möchte. Das steht und fällt mit den Rahmenbedingungen. Da muss sich viel verbessern. In meiner Klasse sind einige demotiviert, nach der Ausbildung überhaupt anzufangen. In vielen Kitas werden Auszubildende schon als volle Kräfte eingespannt. Die werden so verheizt, dass sie schon jetzt ermüdet sind.
Ich habe das Glück, in einem tollen Team zu arbeiten, das mir viel Zeit gibt. Ich bin ja noch eine Lernende. Die Arbeit mit Kindern erdet. Ich bin dann voll da, im Moment, stehe in direkter Verbindung mit dem Kind.“
Tatjana Murgia, 54, Kita-Leiterin:
„Ich habe meine Ausbildung zur Erzieherin 1986 in Bayern gemacht. Seit 2001 leite ich die Kita Villa Fantasia in der Nähe des Ebertplatzes. Auch nach dieser langen Zeit liebe ich die Vielseitigkeit meines Jobs: Wir sind eine kleine und familiäre Einrichtung und ich habe den Luxus, auch als Leiterin viel in den Gruppen zu arbeiten, die Kinder mitzubetreuen. Daneben führe ich ein tolles Team von Mitarbeitenden und stehe im engen Austausch mit den Eltern. Wir begleiten die Familien über mehrere Jahre, insbesondere, wenn es Geschwisterkinder gibt.
Als Leitung kann ich die Ausrichtung der Kita mitbestimmen: Im Team überlegen wir, in welche Richtung wir gehen möchten, welche Projekte wir durchführen. Von Bewegungs- über Sprachkita hin zu Wald- oder Zirkuspädagogik gibt es eine große Vielfalt, aus der wir alle paar Jahre andere Schwerpunkte setzen. Trotz aller Vorgaben bleiben uns Freiheiten. Etwa spontan zu entscheiden, draußen zu bleiben, weil das Wetter so schön ist. Oder ein Theaterstück zu besuchen. Das empfinde ich als erfüllend.
Als Erzieherin gibt man viel – Geduld, Fürsorge, Zeit. Aber man bekommt noch mehr zurück und spürt, wie Vertrauen wächst und eine Bindung entsteht. Die Beziehungsarbeit ist der Kern unseres Berufs und bildet die Grundlage für das weitere Lernen. Eine Kita ist eine Bildungseinrichtung, das wird in der Öffentlichkeit oft vergessen.
Unser Auftrag ist, Kinder sozial und gesellschaftsfähig zu erziehen, die Kinder so zu stärken, dass sie ihren eigenen Weg gehen können. Dafür braucht es ein Team, das miteinander harmoniert und zusammen gewachsen ist. In vielen Kitas herrscht hingegen leider viel Fluktuation, wo Kontinuität nötig wäre.
Wir sind froh, dass wir einen Alltagshelfer haben, der uns 30 Stunden pro Woche unterstützt und dadurch sehr entlastet. Er erledigt Einkäufe und Wäsche, hilft in der Küche und bei Engpässen auch in den Gruppen. Ich hoffe, dass Alltagshelfer den Kitas auch künftig erhalten bleiben. Ohne sie geht es künftig angesichts der Personalnot nicht mehr.
Unsere Arbeit hat sich sehr verändert, die Rahmenbedingungen sind schwieriger geworden. Aber mein Arbeitsalltag ist geprägt von lautem Lachen und Lebensfreude.“
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