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Gedenkstätte gefordertAbriss des ehemaligen SA-Haftlagers in Köln-Porz sorgt für Diskussionen

Lesezeit 4 Minuten
Das sogenannte Pförtnerhaus entlang der Frankfurter Straße von außen.

Das sogenannte Pförtnerhaus entlang der Frankfurter Straße hat die SA als Wachlokal und Vernehmungszimmer genutzt. Es wird ebenfalls abgerissen.

Ein ehemaliges SA-Haftlager muss dem Ausbau der Frankfurter Straße in Porz weichen – einige Kölner fordern eine Gedenkstätte.

Die Bagger haben ganze Arbeit geleistet. Auf dem Grundstück an der Kreuzung Hochkreuz sind zwei der drei Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Und damit Zeugen einer dunklen Vergangenheit.

Denn: Von Juli bis November 1933 existierte an der Kreuzung der heutigen Frankfurter Straße/Maarhäuser Weg/Steinstraße eine Haft- und Folterstätte der nationalsozialistischen SA. Es handelt sich hier ursprünglich um Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts, die von der Kalker Sprengstoff-Fabrik errichtet und später von der „Fabrik für elektrische Zünder Köln“ bis zur Produktionseinstellung 1931 genutzt wurden.

Das „wilde KZ“ der NS-Herrschaft in Köln-Porz

Zwei Jahre später waren dort rund 100 männliche Gefangene inhaftiert und wurden als politisch Andersdenkende oder als Verdächtige für Straftaten unter Druck gesetzt und zum Teil schwer misshandelt. In der Literatur wird der Ort in Zusammenhang mit den Taten, die dort geschehen sind, auch als „wildes KZ“ bezeichnet. „Die herausragende Bedeutung dieses Lagers als frühes Terrorinstrument zur Durchsetzung der NS-Herrschaft ist anhand überlieferter Quellen und durch wissenschaftliche Aufsätze belegt“, heißt es auch seitens der Stadt.

Auf dem Gelände des ehemaligen SA-Lagers stehen zwei Container.

Auf dem Gelände des ehemaligen SA-Lagers ist ein Teil der Gebäude schon abgerissen worden.

Von den ehemals fünf Gebäuden des Lagers existierten zuletzt noch drei. Zwei davon befanden sich in Privatbesitz. Die ehemalige Schlosserei, in der 1933 zahlreiche Gefangene untergebracht waren, und ein weiteres Fabrikgebäude. Das dritte erhaltene Gebäude ist das sogenannte Pförtnerhaus entlang der Frankfurter Straße. Das hat die SA als Wachlokal und Vernehmungszimmer genutzt. Seit 2021 befindet es sich im städtischen Besitz. Doch auch dieses Gebäude soll abgebrochen werden.

Stadt Köln und NS-Dokumentationszentrum in Absprache

Denn: Ein Teil der Gebäude liegen auf der zukünftigen Trasse des vierspurigen Ausbaus der Frankfurter Straße in Richtung Eil. Für dieses Projekt hat die Stadt das Grundstück angekauft. Wie ein Stadtsprecher auf Nachfrage mitteilt, habe es verwaltungsintern in den vergangenen Jahren eine Abstimmung zwischen dem NS-Dokumentationszentrum, kurz NS-DOK, und dem Amt für Denkmalschutz und Denkmalpflege gegeben.

Letzteres habe „die Unterschutzstellung der drei Gebäude abgelehnt“. Die Voraussetzung für eine Einstufung als Baudenkmal gebe es nicht. „Allein aufgrund seiner ehemaligen Nutzung kann ein Objekt nicht unter Denkmalschutz gestellt werden“, teilt der Stadtsprecher mit. Das NS-DOK habe der Niederlegung des Pförtnerhauses allerdings nur unter der Prämisse zugestimmt, dass eine fotografische Dokumentation der Gebäude vorgenommen und „am Ort künftig ein würdiges Gedenken ermöglicht wird“.

Forderung nach Gedenkstätte in Köln-Porz

Ohne die zugehörigen Gebäude des ehemaligen Gefangenenlagers besitze das noch stehende ehemalige Pförtnerhaus für sich keinen herausgehobenen historischen Wert. „Es ist zudem so baufällig, dass es für die zwischenzeitlich durchgeführte fotografische Dokumentation nicht betreten werden konnte“, so der Stadtsprecher.

Doch so ganz soll das dunkle Kapitel des Ortes nicht verschwinden. „Das NS-DOK strebt die Errichtung eines Erinnerungszeichens und einer historischen Information am Ort an, idealerweise in Verbindung mit online abrufbaren Informationen“, so der Stadtsprecher. Der genaue Standort werde jedoch erst nach Fertigstellung der Planung für den Straßenausbau festgelegt. Wenn der Ausbau fertig ist, erst dann könne die Errichtung erfolgen.

Der Erhalt eines solchen historischen Gebäudes sei gerade „angesichts der zunehmenden rechten Gewalt in den letzten Jahren“ wichtig, heißt es in einem offenen Brief der Vernetzung, einem Zusammenschluss von Porzer Bürgervereinen mit rund 2000 Mitgliedern. Eine Gedenkstätte an der Stelle zu errichten, sei „unserer Meinung nach einem großen Teil der Porzer Bevölkerung sehr wichtig“, heißt in dem Brief. Gleichzeitig sei Eile geboten, „da der dringend notwendige Ausbau der Frankfurter Straße nicht behindert werden darf“.

Kölner kämpfen mit besonderem Engagement

Auch andere Bürgerinnen und Bürger machen sich für einen Ort der Erinnerung stark. Klaus Schäfer, der sich auch im Bündnis Porz-Mitte engagiert, schrieb zum Beispiel an Stadtkonservator Thomas Werner: „Ich möchte dringend an Sie appellieren, diesen besonderen historischen Ereignisort aus der Frühphase der Etablierung der Diktatur, der sonst in Köln in dieser Form nicht mehr anderweitig erhalten ist, zu schützen.“

Seiner Meinung nach erscheint es wenig sinnvoll, einen Gedenkort zu konzipieren, nachdem man zuvor die historischen Zeugnisse abgerissen hat. Auch gibt es eine Online-Petition mit dem Titel „Gedenkstätte statt Abriss“.

Geplante Diskussion zum Thema in Köln-Porz

Das Engagement ist auch der Stadt nicht entgangen. „Um die aktuelle Diskussion über das ehemalige SA-Lager und das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern aufzugreifen, wird das NS-DOK in den nächsten Wochen in Porz eine Vortragsveranstaltung zur Geschichte des Nationalsozialismus in Porz unter Berücksichtigung des Lagers Hochkreuz anbieten“, teilt der Stadtsprecher mit.

Anschließend werde das NS-DOK interessierte Bürgerinnen und Bürger einladen, sich an der Diskussion über die Ausgestaltung eines Erinnerungszeichens und einer historischen Information zu beteiligen. Danach wird das NS-DOK eine Beschlussvorlage in die Bezirksvertretung Porz oder in den Ausschuss für Kunst und Kultur des Rates der Stadt Köln einbringen.