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Stolz und VerlustIm Veedel verhaftet, mit Köln verbunden – Festakt zu 50 Jahre Stadtbezirk Porz

Lesezeit 4 Minuten
Das große und kleine Porzer Dreigestirn sowie der Festausschuss Porzer Karneval brachten Frohsinn in den Saal und ehrten die Oberbürgermeisterin mit Orden.

Das große und kleine Porzer Dreigestirn sowie der Festausschuss Porzer Karneval brachten Frohsinn in den Saal und ehrten die Oberbürgermeisterin mit Orden.

Beim Festakt „50 Jahre Stadtbezirk Porz“ gab es Lob und kritische Töne – die Erinnerung an den Verlust der Selbstständigkeit lebt fort.

Als Köln am 1. Januar 1975 durch die Eingemeindung von Porz und Wesseling zum ersten Mal Millionenstadt wurde, war Oberbürgermeisterin Henriette Reker froh darüber. Sie sei zu jener Zeit Schülerin gewesen und habe wenig darüber gewusst, dass die meisten Menschen in den eingemeindeten Städten das nicht gewollt hatten, erinnert sich Reker.

Bei einer Feier zum 50. Jahrestag Gebietsreform machte sie im Porzer Bezirksrathaus deutlich: Nicht die Eingemeindung mit dem Verlust der Porzer Selbstständigkeit, sondern die fünf Jahrzehnte als Stadtbezirk Porz in Köln seien Grund zum Feiern.

Porz: Eine Geschichte von Stolz, Identität und Wachstum

Vor Gästen aus vielen gesellschaftlich relevanten Gruppen erinnerte die Oberbürgermeisterin an das, worauf die Stadt Porz stolz gewesen sei – von der geringen Pro-Kopf-Verschuldung bis hin zu Visionen einer prosperierenden Stadt vor den Toren Kölns. Jetzt bereichere der Stadtbezirk die Gesamtstadt, unter anderem mit seiner Wirtschaft und Infrastruktur sowie dem Naherholungsangebot.

Es sei aber auch der Eingemeindung zu verdanken, dass Porz florieren konnte, verwies die OB auf Unterstützung seitens Stadt, Land und Bund etwa beim Bau der „Neuen Mitte“. Die Menschen in Porz hätten ihre Identität gerettet, das werde in Ehrenamt und Vereinsarbeit deutlich. Der Stadtbezirk sei geschätzt und geachtet, sagte Reker.

Ein großes Orchester der Carl-Stamitz-Musikschule bereicherte die Feierstunde im Saal des Bezirksrathauses mit Musikbeiträgen.

Ein großes Orchester der Carl-Stamitz-Musikschule bereicherte die Feierstunde im Saal des Bezirksrathauses mit Musikbeiträgen.

Beim Festakt boten Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller und Bürgeramtsleiter Guido Motter den Gästen ein nachdenkliches bis unterhaltsames Programm. Eine historische Einordnung lieferte Henning Schützendorf vom Geschichtsverein rechtsrheinisches Köln.

Er beschrieb den Weg der verstreuten Gemeinden zur Porzer Stadtwerdung im Jahr 1951 und die Visionen der kommunalen Politiker, Porz durch Industrie, Zuzug, kulturelle und infrastrukturelle Angebote zu einem zukunftsorientierten Mittelzentrum zu entwickeln. Dabei habe sich „ein gewisser Größenwahn gezeigt“, verwies Schützendorf auf Pläne, die gewachsene Bebauung in Porz-Mitte großzügig abzubrechen und an ihrer Stelle mit Beton-Architektur hoch hinauszustreben.

Die Bedeutung von Veedeln und Gemeinschaft in Porz

In diese Situation sei der Eingemeindungsplan geplatzt und mit 68 Prozent Mehrheit aus der Bevölkerung nachdrücklich abgelehnt worden. Doch selbst eine Verfassungsbeschwerde habe den Plänen keinen Einhalt geboten. Aus Berichten und Kommentaren zu jener Zeit in dieser Zeitung vermittelte der Geschichtsforscher die Erkenntnis, dass den Menschen in den hiesigen Ortsteilen ihr Veedel schon immer wichtiger als Porz gewesen sei, das habe sich nicht geändert. Diese emotionale Bindung existiere unabhängig davon, ob Libur, Eil oder Ensen zu Porz oder zu Köln gehörten.

Ein klingendes Geschenk zur Feier hatte Sonja Grimm-Lozo, Leiterin der Carl-Stamitz-Musikschule, mitgebracht. Ein großes Orchester musikbegeisterter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener trug festliche Kompositionen vor. Grimm-Lozo bestätigte im Gespräch mit Moderator Lars Göllnitz, dass die Musikschule 1975 gleichfalls ihre Selbstständigkeit verloren habe. Ein schnell gegründeter Förderverein habe aber eine kontinuierliche Erweiterung und Ergänzung des Angebots sichergestellt.

Bezirksamtsleiter Guido Motter bekannte sich als „leidenschaftlicher Porzer, auch ohne Stadt Porz“ und bat um den Einsatz aller zum künftigen Wohl. Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller hob den persönlichen Zusammenhalt im Stadtbezirk hervor. Das gelte gerade auch für das Porzer Krankenhaus, das für die Bevölkerung von Bedeutung sei und erhalten bleiben müsse. Stiller lobte die Bürgervereine, die in Zusammenarbeit mit Politik, Verwaltung und weiteren Organisationen wie dem Seniorennetzwerk ein „bürgerschaftliches Kraftzentrum“ bildeten.

Die Wunden der Eingemeindung

Das große und das kleine Porzer Dreigestirn machten auf der Bühne mit dem Sessionsmotto selbstbewusst klar: „50 Johr zesamme schunkele – nur mit uns kann Kölle funkele“. Die Porzer Eigenart blitzt im Karneval besonders auf, denn im Dreigestirn wird die Jungfrau, anders als in Köln, weiblich besetzt. Holger Harms vom Festausschuss verwies auf die identitätsstiftende Bedeutung närrischer Traditionen, die durch die Aktion „Karneval in der Schule“ schon die Kleinsten erreiche.

Die unvergessene Bitterkeit über den Verlust der Selbstständigkeit, die politisch aktive Porzer zu jener Zeit spürten, wurde in Gesprächen mit Zeitzeugen offenkundig. Der spätere SPD-Landtags und -Bundestagsabgeordnete Volkmar Schultz, damals Leiter der Öffentlichkeitsarbeit in Porz, zeigte sich überzeugt: „Die Eingemeindung war im Landtag längst ausgemacht, ehe die Pläne bekannt wurden“.

Ein gutes Miteinander von Menschen jeder Herkunft besangen Kinder der Grundschule Hauptstraße mit einem ergreifenden Vortrag des Kölschen Stammbaums.

Ein gutes Miteinander von Menschen jeder Herkunft besangen Kinder der Grundschule Hauptstraße mit einem ergreifenden Vortrag des Kölschen Stammbaums.

Für die Porzer habe die akute Phase mit einer Demütigung begonnen. Eine Bereisungskommission des Landtages sei damals im Bus durch Porz gefahren und habe auf dem Marktplatz, wo die Stadt Porz eine Abordnung zu Gesprächen und einer Präsentation des Stadtmodells versammelt hatte, demonstrativ den Bus nicht verlassen.

Das Gefühl der Demütigung habe seither angehalten, ein Demokratieverlust sei spürbare Folge der Gebietsreform. Gerade in heutiger Zeit sei es doch wichtig, die Politik nahe an die Bürgerschaft zu bringen. Die Kölner Bezirksverfassung gebe den Bezirksvertretungen dazu aber nur völlig unzureichende Befugnisse.

Der damalige Porzer Beigeordnete Joseph Fink und sein CDU-Mitstreiter Theo Steinringer erinnerten an Zeiten, da die Verwaltung weniger zentralisiert war und deshalb effektiver gearbeitet habe. Unvergessen sind auch die diversen Bemühungen um eine Wiedererlangung der Selbstständigkeit, zuletzt mit einer Aktionsgemeinschaft, in der Steinringer und viele Mitstreiter sich eingesetzt haben.

Versöhnliche und Zuversicht spendende Schlussakkorde lieferten die Kinder der Porzer Gemeinschaftsgrundschule Hauptstraße. Sie sangen und musizierten das Lied vom „Stammbaum“ in so ergreifender Weise, dass sich der Stolz auf das gemeinschaftliche Leben am Rhein auf die Gäste übertrug.