Die Porzerin Afsar Sattari will geflüchtete Frauen für den Arbeitsmarkt gewinnen. Dafür sollen Abschlüsse schneller anerkannt werden.
Raus aus der KüchePorzerin erleichtert geflüchteten Frauen Einstieg in die Arbeitswelt
In ihrer Heimat haben sie als Ingenieurin gearbeitet, Mathematik-Diplome erworben oder ein Chemiestudium abgeschlossen. In Deutschland, wo sie als Flüchtling oder Immigrantin gelandet sind, waren die Abschlüsse dann nichts mehr wert, wurden nicht anerkannt. Afsar Sattarin, selbst Diplomingenieurin und promovierte Geisteswissenschaftlerin, hat viele solche Frauen kennengelernt, die in Deutschland weit unterhalb ihres Ausbildungsstandes alle möglichen Arbeiten annehmen mussten, um ihre Familien zu ernähren. Sie fand es unsäglich, was den Frauen damit zugemutet und welches Potenzial für Gesellschaft und Arbeitswelt damit verschwendet wird.
Die in Persien geborene Aktivistin weiß aus eigener Erfahrung um Hindernisse, die Frauen rund um Flucht und Immigration im Weg stehen können. Ihre Familie stammt aus dem Iran, sie selbst durfte aus politischen Gründen dort kein Studium zu Ende bringen. In Deutschland und Österreich konnte Sattari ihre Abschlüsse erwerben und beschloss angesichts der Flüchtlingswelle von 2015, vor allem Frauen und Mädchen sehr lebenspraktische Hilfen anzubieten. Dies geschah zunächst im Rahmen von Aktivitäten für Frauen in Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), seit 2021 im dafür gegründeten, eigenständigen Verein.
Studienabschlüsse aus dem Ausland werden schneller anerkannt
„In geflüchteten Familien sind es häufig die Männer, denen Chancen offeriert werden“, hat Sattari erfahren. Die Männer lernen Deutsch, ergreifen Bildungschancen, treten ins Berufsleben ein. Frauen fällt trotz guter Bildung und Ausbildung in ihren Herkunftsländern dann oft die Aufgabe zu, sich um die Familie zu kümmern und ansonsten ein zurückgezogenes Leben zu führen. Das geht nicht, findet Sattari.
Ihr kleines Büro in Köln-Porz ist die Schaltstelle für ihre auf Köln fokussierten, aber auch bundesweiten Einsatz. Mit Hartnäckigkeit, solider Information und großem Engagement ist es ihr gelungen, an einer erstaunlichen Beschleunigung der Anerkennung von Studienabschlüssen und Berufsqualifikationen für geflüchtete Frauen mitzuwirken. „Zu Beginn unserer Arbeit hat es durchschnittlich sieben Jahre gedauert, bis Abschlüsse geflüchteter Frauen in Deutschland anerkannt wurden. Jetzt ist diese Zeitspanne auf zwei bis drei Monate verkürzt“, sagt die durchsetzungsstarke Frau.
Datenbank enthält 14 Berufsbilder in verschiedenen Sprachen
Viele Baustellen gebe es aber noch. So habe sie in persönlichen Kontakten mit der Bundeszentrale der Agentur für Arbeit schon vor acht Jahren angeregt, eine Datenbank zu schaffen, in der Abschlüsse und Erfahrungen der Frauen gespeichert würden, so dass sie dem Arbeitsmarkt überregional zur Verfügung stehen könnten. Das sei bis heute nicht geschehen. Hingegen hat die AKAD-Arbeitsgruppe eigene Datenbanken aufgebaut, die geflüchteten Frauen und Mädchen Informationen über Berufsbilder geben und ihnen berufsspezifisches Vokabular nahebringen. AKAD- Mitarbeiterin Azita Bayat hat für 14 Berufe von Medizin bis Jura, von Technik bis Pädagogik solche digitalen Nachschlagewerke aufgebaut, die Frauen aus der Ukraine, der Türkei, dem arabischen Raum und weiteren Ländern die Fachausdrücke in der jeweiligen Übersetzung nahebringen. Das kommt in üblichen Sprachkursen nicht vor, hilft aber aber sehr beim Berufseinstieg.
Sprachkurse, kreative Angebote von Fotografie bis Malerei, Computerkurse bis zu gesellschaftspolitischen Diskussionen werden von Frauen aus zahlreichen Herkunftsländern rege genutzt und fördern eine Netzwerk -Kultur. Der Verein engagiert sich zudem auf Job-Messen, hilft Frauen und Mädchen beim Erstellen eines Lebenslaufs und auf der Suche nach Praktika. Die Frauen schätzen die Angebote, diverse Behörden empfehlen mittlerweile Frauen, Kontakt zu AKAD FM-FM aufzunehmen.
Im kommenden Mai organisiert der Arbeitskreis in Köln eine Tagung für Frauen in Mint-Berufen, bei dem Künstliche Intelligenz das zentrale Thema sein wird. In der wissenschaftlichen Forschung beschäftigt sich der Verein mit Rollenmodellen und trägt Berichte über Fluchtgründe und das Ankommen in Deutschland zusammen. Für ihr Engagement ist die Arbeitsgruppe mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem „Science Outreach Award“ der European Proteomics Association. Noch bedeutsamer sind der Koordinatorin Afsar Sattari aber die Zusammenarbeit mit Geflüchteten-Netzwerken und die kleinen und großen Erfolgsgeschichten von geflüchteten Frauen und Mädchen, die ihren Weg unterstützt vom AKAD FM-FM- Team gegangen sind.