Der Zoll hat eine Lkw-Ladung voll gefälschter Markenkleidung aus der Türkei in der Müllverbrennungsanlage entsorgt.
Spektakulärer Zoll-Fund in KölnHier geht Kleidung für mehr als vier Millionen Euro in Flammen auf
Es ist Dienstagmorgen, 10 Uhr, und der Zollermittler weiß schon jetzt: „Fitnessstudio kann ich mir sparen heute.“ Mit der Hand wischt der Mann sich den Schweiß von der Stirn. Seit zwei Stunden wuchtet der Beamte in einem Abstellraum des Hauptzollamts in Köln-Wahn kiloschwere Pappkartons mit gefälschten Markenklamotten auf Rollwagen und schiebt sie in einen Lkw-Container.
Am Mittag soll die Fuhre zur Müllverbrennungsanlage nach Eschweiler gefahren und vernichtet werden – insgesamt 13 Tonnen nachgemachte Kleidungsstücke und Handtaschen. Es ist das vorläufige Ende eines spektakulären Fahndungserfolgs. Die Ermittlungen im Hintergrund dagegen haben gerade erst begonnen.
Köln: Lastwagenfahrer aus der Türkei meldete Ware unter falschen Papieren in Köln an
Vor wenigen Wochen hatte ein Lastwagen aus der Türkei den Hof des Zollamts in Wahn angesteuert. Der Fahrer wollte seine geladene Ware deklarieren. Ein übliches Prozedere. Denn beim Überschreiten der Grenze aus einem Nicht-EU-Land muss zollpflichtige Ladung bei der nächsten Gelegenheit auf einem beliebigen Zollamt angemeldet werden.
Der Lkw aus der Türkei war unterwegs in eine nordrhein-westfälische Stadt, die Zollsprecher Jens Ahland „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht nennen möchte. Auf dem Weg dorthin machte der Fahrer also Halt in Köln. Den offiziellen Papieren zufolge hatte der Lastwagen No-Name-Kleidung im Gesamtwert von 66.000 Euro geladen. Die Zöllner beließen es aber nicht bei einem Blick in die Dokumente, sie wollten sich die Ware näher ansehen.
Köln: Ermittler finden 3500 Paar Schuhe und 35.000 Unterhosen
Die ersten drei Reihen auf der Ladefläche seien tatsächlich mit knapp hundert Kartons unverfänglicher T-Shirts zugestellt gewesen, berichtet Ahland. Aber die Zöllner wühlten sich weiter durch, ihr Argwohn hatte sie nicht getäuscht: Ab der vierten Reihe stießen sie auf etwa 400 weitere Kartons, mit denen problemlos mehrere Kaufhäuser und Luxus-Boutiquen hätten bestückt werden können. Die Ermittler fanden insgesamt etwa 30.000 Shirts, Jacken und Pullover bedruckt mit den Labels von mehr als 50 verschiedenen namhaften Herstellern, darunter Tommy Hilfiger, Hugo Boss, Moncler, Stone Island oder Balenciaga.
Außerdem 35.000 Unterhosen, 3500 Paar Schuhe, Baby- und Kinderkleidung teils hochwertiger Marken, 4500 Handtaschen von Gucci und Yves Saint Laurent, Geldbörsen und Schlüsselanhänger. Alles gefälscht. „Einen solchen Fund hatten wir in Köln noch nie“, sagt Ahland. Wären die Kleidungsstücke echt, und wären sie tatsächlich zum Ladenpreis angeboten worden, hätte die Lkw-Ladung einen Wert von mehr als vier Millionen Euro gehabt. So aber drohen dem Versender in der Türkei und dem Empfänger in NRW nun empfindliche Geld- oder Gefängnisstrafen.
„Man kann davon ausgehen, dass da eine Händlerstruktur hinter steht“, sagt Behördensprecher Ahland. Genaueres müssen jetzt die zuständigen Ermittler der Zollfahndung herausfinden. Aus ähnlichen Verfahren ist bekannt, dass gefälschte Markenware in der Regel auf Flohmärkten, im Internet oder unter der Hand in Geschäften oder auf Schulhöfen weiterverkauft wird. Nachgemacht und gehandelt wird dabei längst alles, was Profit bringt.
Die Beschuldigten im aktuellen Fall müssen außerdem mit zivilrechtlichen Ansprüchen der mehr als 50 betroffenen Hersteller rechnen.
Während die Kölner Zöllner die Kartons auf zwei Container verladen, tragen sie Handschuhe, auch zu ihrem Schutz. Denn die gefälschte Kleidung riecht teilweise intensiv nach Chemie. „Wer weiß, was da alles an Farbstoffen und Chemikalien verarbeitet wurde“, sagt Ahland. Aus diesem Grund werden die Kleidungsstücke auch verbrannt und nicht etwa weiterverwertet oder gespendet. Abgesehen davon, dass Plagiate nicht verbreitet werden dürfen, sei eben auch eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen, sagt Ahland. „Die Verantwortung möchte niemand übernehmen.“
Am Mittag brechen zwei Lastwagen mit den beiden Containern zur Müllverbrennungsanlage Weisweiler in Eschweiler bei Düren auf. Unter den wachsamen Augen von Zollbeamten – streng nach Vorschrift – rutschen die Kartons mit der Fake-Ware in die riesige Müllabladehalle, werden dort von Greifern gepackt und durch einen Trichter in eine von drei Brennkammern fallen gelassen. Bei bis zu 1200 Grad bleibt am Ende nur noch Asche übrig.