Radio Köln stoppt KarnevalsmusikChefredakteurin Schall: „Kann das nicht verantworten“
Köln – In Köln soll Weiberfastnacht toben, doch in Europa tobt seit Donnerstagmorgen auch der Krieg. Laut Angaben des ukrainischen Grenzschutzes sind russische Panzer in die Ostukraine eingerückt. Zuvor habe es infolge russischer Luftangriffe mehrere tote Soldaten und zahlreiche Verletzte gegeben.
Während die Stadt sich auf das große Schunkeln vorbereitet, reißen die dramatischen Nachrichten um den Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht ab. Ein Grund, warum zur Stunde an diesem kölschen Feiertag im Radio weniger Karnevalsmusik zu hören ist als sonst.
Claudia Schall: „Es ist Krieg in Europa und wir stehen hier im Karnevalskostüm“
Radio Köln verzichtet etwa voll und ganz auf Karnevalsstimmung. „In der Stadt lässt sich Karneval heute nicht mehr aufhalten. Aber es ist Krieg in Europa und wir stehen hier im Karnevalskostüm. Das hat es in dieser Form bei uns noch nicht gegeben“, erklärt Chefredakteurin Claudia Schall mit einiger Sorge in ihrer stadtbekannten Stimme.
„Ich habe die Situation in der Ukraine die ganze Nacht mitverfolgt. Ich dachte lange, wir könnten Karneval noch gerade so verantworten. Doch was um 8 Uhr herumpassiert ist, die Großoffensive. Da sterben Menschen. Und ich kann das nicht verantworten: moralisch nicht, empathisch nicht.“
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Das Dilemma in der Radio-Köln-Redaktion sei groß. Schon vor Wochen sei das Programm für Weiberfastnacht geplant worden. „Es dürstete uns alle regelrecht nach Karneval. Endlich mal wieder das Kölner Lebensgefühl ausleben“, bedauert Schall. Doch es fühle sich einfach falsch an. „Wir müssen ja über den Krieg berichten. Und Kriegsberichterstattung eingebettet in Karnevalsmusik? Das geht nicht. Wie soll ich das machen?“
WDR 4 ändert Musikauswahl
Die Moderatoren seien angehalten, das Thema sensibel anzusprechen, die über Nacht veränderten Umstände zu erläutern. Auch über die sozialen Medien werde auf die traurige Entwicklung hingewiesen.
Der Kölner Lokalsender gehört zum Verbund Radio NRW. Dessen Sender haben auch ihr nachrichtliches Programm geändert. WDR 4 spielte bis 9 Uhr noch Karnevalsklänge, anschließend nicht mehr.
Am Vormittag sollte es eine monothematische Sendung zum Angriff auf die Ukraine geben, danach stündliche Updates, so eine Sprecherin. Auch die Comedy-Blöcke wurden bis zunächst 16 Uhr gestrichen. (oke)