AboAbonnieren

Trotz Mietnot in Köln20 Top-Wohnungen in Raderthal stehen seit Jahren leer

Lesezeit 4 Minuten

In Raderthal sind 20 attraktive Wohnungen verwaist. 

  1. Die Wohnungsnot in Köln ist riesig. Die Menschen gehen dagegen auf die Straße, diskutieren über Gesetzesänderungen, die Mietpreisbremse und Enteignungen.
  2. Dabei stehen in der Stadt Wohnungen in bester Lage leer – in Raderthal sogar 20 Stück in Volkspark-Nähe.
  3. Eigentümer, die ihre leerstehende Wohnungen nicht vermieten, können belangt werden. Wieso tut die Stadt nichts dagegen?

Köln-Raderthal – Wohnungen in sehr guter Lage, bestens für Familien geeignet, in der Nähe des schönen Volksparks in Raderthal – für nicht wenige wäre das ein idealer Ort zum Leben. Tatsächlich stehen hier rund 20 attraktive Wohnungen leer. Nach Angaben von Anwohnern sind einige schon seit Jahren unbewohnt.

Eigentümer ist der Bund, genauer gesagt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima. Sie kümmert sich im Auftrag des Finanzministers um den Immobilienbesitz des Bundes.

Auf Bundesebene wird zurzeit darüber diskutiert, wie der Bund den Wohnungsbau in den Kommunen unterstützen kann. Eine Idee: Der Bund soll Grundstücke günstig an Städte und Gemeinden abgegeben werden, damit diese den sozialen Wohnungsbau ankurbeln können.

Bundespolitiker wollen bei Bekämpfung der Wohnungsnot helfen

Bislang hatte die Bima nur den Auftrag, für die Flüchtlingsunterbringung Immobilien abzugeben. Bundespolitiker erklären, dass sie bei der Bekämpfung der Wohnungsnot helfen wollen. Es wird über Gesetzesänderungen, Enteignungen und Konditionen für Grundstücksverkäufe geredet, während fertige Wohnungen leerstehen. Das passt nicht gut zusammen.

In den Häusern an der Ikarosstraße lebten einst britische Offiziere.

Der Bund hatte die zweigeschossigen Häuser am Volkspark, die ursprünglich für britische Soldaten gebaut worden sind, an Bundes- und Landesangestellte vermietet. Heute ist in einigen Häusern nur ein Geschoss belegt. Nach Angaben eines Nachbarn steht an der Eckdorfer Straße ein Haus seit mindestens zehn Jahren komplett leer. Auf Nachfrage bestätigt die Bima den Leerstand. 75 Gebäude mit 224 Wohneinheiten gehören ihr hier, 206 seien vermietet.

Man habe die frei gewordenen Wohnungen nicht neu vermieten wollen, so ein Sprecher. Die Häuser sollten verkauft werden. Der jahrelange Leerstand in der Pingsdorfer, Widdiger oder Eckdorfer Straße trotz allgemeiner Wohnungsnot wurde offensichtlich einfach hingenommen, um die Verkaufsaussichten zu verbessern. Eigentlich ein klarer Fall für die städtische Wohnungsaufsicht.

Leerstände sind Stadt bekannt

Eigentümer, die nicht vermieten, können belangt werden. Die Stadt weiß nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ seit Jahren von Leerständen rund um den Volkspark. Es gab entsprechende Hinweise aus der Nachbarschaft mit detaillierten Angaben zu Adressen und Missständen. Man prüfe den Fall, hieß es in einem Brief an einen Anwohner. Man prüfe „mögliche Verstöße gegen das Wohnraumschutzgesetz“.

Unbewohnte Häuser in Ossendorf

Nach dem Abzug der belgischen Armee aus Köln, der 2002 beendet war, fielen Hunderte Wohnhäuser in den Besitz des Bundes. Sie waren zumeist in einfacher Bauweise für die Familien der Soldaten errichtet worden und befanden sich in Bilderstöckchen, Dellbrück und Junkersdorf. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verkaufte viele der Häuser, teils mittels Versteigerungen an private Interessenten, teils im Paket an Unternehmen.

In geringerer Anzahl wurden zudem Häuser verkauft, in den ursprünglich Angehörige britischer Offiziere und später dann andere Mieter lebten. Obwohl der Bund etwa in Ossendorf nahe dem Butzweilerhof vor mehr als zehn Jahren mit der Veräußerung begonnen hat, stehen mehrere Wohngebäude an der Ikarosstraße bis heute leer – zum Unverständnis der Anwohner. Zu den Häusern gehören große Gartengrundstücke, sie seien ideal für Familien mit Kindern, heißt es. Durch den über Jahre andauernden Leerstand verschlechtere sich der Zustand der Gebäude, gelegentliche Pflegearbeiten würden daran nichts ändern. (adm)

Tatsächlich ist die Gemengelage aber kompliziert. Der Bund ist nicht irgendein Vermieter. Die Position der Stadt in dieser Frage sei „schwierig“, sagt der Leiter des städtischen Wohnungsamtes, Josef Ludwig, auf Anfrage. Man sei mit der Bima in Verhandlungen über die Übernahme von verschiedenen Bundesimmobilien in Köln. Es gehe zum Beispiel um Häuser, die man als Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung stellen will. Die Stadt möchte preiswert einkaufen. Da will man dem Verhandlungspartner nicht wegen des Leerstands in Raderthal vor den Kopf stoßen. Man sei in einem regelmäßigen Kontakt, alle halbe Jahre gebe es einen „Jour fixe“ um anstehende Projekte zu besprechen.

Die Anwohner gehen davon aus, dass der Bund – ähnlich wie die oft kritisierten privaten Investoren – auf hohe Preise beim Verkauf der Häuser spekulierte. Einige leere Gebäude seien in den vergangenen Jahren bereits versteigert worden. Die Bima habe Beträge von weit mehr als einer Million Euro pro Haus erzielt, berichten Anwohner.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Bima bestreitet diese Geschäftspolitik nicht, beteuert aber, dass diese der Vergangenheit angehöre. Man werde sich an der mit Ländern und Kommunen beschlossenen „Wohnraumoffensive“ beteiligen. Deshalb werde man den eigenen Wohnungsbestand behalten und investieren. Leerstehende Wohngebäude würden ertüchtigt und anschließend neu vermietet, so ein Sprecher. Das gelte auch für die Volksparksiedlung. Die Häuser sollen dann vorrangig an Bundesangestellte vermietet werden. So leiste man einen Beitrag zur Entlastung des angespannten Wohnungsmarkts in Köln.

Es soll auch Gespräche über weitere Grundstücke geben, die der Bund für den Wohnungsbau bereit stellen könnte. Die Bima habe bei einer Potenzialanalyse bundesweit 1000 Flächen identifiziert, die für den Wohnungsbau bereit gestellt werden könnten. Solche Flächen gebe es auch in Köln, so der Sprecher. Genaueres könne man „erst nach hinreichender Konkretisierung der Umsetzbarkeit“ sagen.