Gabenzaun in RaderbergWie ein gestrandeter Italiener für sein Kölner Veedel kämpft
- Der Gabenzaun am Radertaler Kloster sollte Bedürftige während der Corona-Pandemie mit Lebensmitteln versorgen.
- Wir erzählen die Geschichte eines Italieners, der für seine schwer kranke Mutter nach Köln kam und dort blieb, um zu helfen.
Raderberg – Neugierig schauen die Passanten, die an diesem Nachmittag am Kloster der Benediktinerinnen an der Brühler Straße vorbeischlendern, auf die kleine Menschenansammlung vor dem Zaun des Klosters. Die beiden Schwestern Franziska und Cornelia, Uli Kievernagel und Sandra Van de Pas vom Vorstand des Bürgervereins Raderberg und -thal und Youssef Khalfa stehen auf dem Gehweg vor dem Gabenzaun, reden und lachen ausgelassen.
Ein offenbar ungewöhnliches Bild. Denn meist leben die Schwestern eher zurückgezogen hinter den Klostermauern. Hinter ihnen baumeln Baumwolltaschen mit dem Aufdruck des Bürgervereins am Klosterzaun. Einige von ihnen sind gefüllt mit haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Keksen oder Mehl. Seit etwa acht Wochen hängen die Lebensmitteltaschen dort.
Beutel für Bedürftige in Raderberg
„Gabenzaun“ haben die Initiatoren des Bürgervereins ihr Projekt genannt. Bedienen können sich Menschen aus dem Veedel, die nicht genug Geld haben, um sich und ihre Familien mit den Nötigsten zu versorgen.Gerade während der Pandemie sei das enorm wichtig gewesen, auch weil die Tafeln über einen längeren Zeitraum ihren Betrieb einstellen mussten.
Es waren vor allem Mitglieder des Bürgervereins, die dafür sorgten, dass die Beutel gefüllt sind, aber auch einige Anwohner haben Inhalte gespendet, erzählt Schwester Franziska. Wer genau die Abnehmer waren, wissen die Ordensschwestern nicht, „aber wir denken, dass es diejenigen waren, die auch zu unserer Lebensmittelverteilung kommen.“
Zu wenig Kölner Spender
Schließlich sei der Gabenzaun nicht rund um die Uhr bewacht, aber täglich befüllt worden. Dennoch: „Es hätten sich mehr Spender beteiligen können“, räumt Sandra Van de Pas ein. Jetzt kämen nur noch vereinzelt Menschen vorbei, um sich vom Gabenzaun zu bedienen. Die Zeit ist gekommen, sie wieder zu entfernen - auch weil die Lebensmittelausgabe des Klosters wieder ihren Betrieb aufgenommen hat.
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Die Geschichte des Gabenzauns ist eng verwoben mit der Geschichte Youssef Khalfas, ohne den das Projekt nur schwer hätte aufrechterhalten werden können. Im Frühjahr erwischte die Pandemie den gebürtigen Tunesier und Wahl-Italiener ähnlich kalt, wie viele andere, die weit entfernt von ihrer Heimat zu Besuch in der Domstadt waren.
Festgesessen im Kölner Süden
„Meine Mutter war schwer erkrankt, ich kam kurzentschlossen nach Raderberg, um meine Schwester bei der Pflege zu unterstützen“, sagt der 46-jährige Vater dreier Kinder, „dann wurden die Grenzen geschlossen und ich saß fest.“ Da seine Kölner Familie im alten Rektorat des Klosters lebt, kam Youssef Khalfa mehrfach am Tag am Klosterzaun vorbei – und knüpfte schnell Kontakt mit den Mitgliedern des Bürgervereins, die dort regelmäßig die Beutel befüllten.
Khalfa, der sich schon lange im Bürgerverein seines Heimatortes Rimini engagiert, musste nicht lange überlegen, auch für den Verein in Raderberg aktiv zu werden. „Youssef, von uns schon bald liebevoll Jupp genannt, ist ein sehr sozialer und hilfsbereiter Mensch“, sagt Van de Pas, „er war uns eine sehr große Hilfe und ist es immer noch.“
„Jupp“ sorgte für Ordnung am Gabenzaun, fegte regelmäßig den Gehweg, achtete darauf, dass niemand Müll in die Beutel warf, brachte eine Lichterkette an, damit vorbeikommende Passanten auch im Dunkeln die Infotafel lesen konnten und er legte ein Blumenbeet vor dem Kloster an.
Wenn der Wächter des Zauns sah, dass Betrunkene die Taschen plündern oder vom Zaun reißen wollten, griff er beherzt ein. „Ich habe im Rahmen meines Ehrenamts in Italien Deeskalationstechniken gelernt, die konnte ich hier zeitweise gut anwenden“, sagt Yussef Khalfa – und erzählt, dass er dauerhaft in Raderberg bleiben möchte. Dabei lächelt Kahlfa strahlend, bevor sich seine Mine plötzlich besorgt verfinstert.
Unverzichtbares Ehrenmitglied
Weil die verschlossenen Grenzen den Familienvater nicht zurück in die Heimat ließen, verlor er seinen Job. „Zwar habe ich einen neue Arbeit in Düsseldorf gefunden, aber noch keine Wohnung“. Für seine Frau, seine drei Kinder und ihn. In Raderberg oder angrenzenden Veedeln, versteht sich. Auch Sandra Van de Pas und Uli Kievernagel vom Bürgerverein würden es begrüßen, wenn „Jupp“ in der Nähe bliebe. „Wir haben ihn bereits als Ehrenmitglied aufgenommen“, sagt Kievernagel. Und engagierte Ehrenmitlieder lässt man ungern ziehen.