200 Einsatzkräfte waren während der Übung im Einsatz. Eine Erkenntnis: Am Rhein ist es bei starken Regenfällen deutlicher sicher, als an kleinen Flüssen.
Überflutungs-SzenarioStadt Köln simuliert Hochwasser-Ernstfall am Rhein
Zahlreiche Einsatzkräfte sind entlang des Kölner Rheinufers zu sehen. Sie tragen Warnwesten, Helm und Sicherheitskleidung, Straßen sind gesperrt, der KVB-Verkehr ist ebenso betroffen. Was auf den ersten Blick nach einem Ernstfall aussieht, entpuppt sich zum Glück nur als Probe eines Überflutungs-Szenarios.
Die jährliche Rhein-Hochwasserübung am Wochenende glich einem enormen personellen und logistischen Kraftakt. Mehr als zwei Tage fand sie entlang des Heinrich-Lübke-Ufers in Marienburg sowie an Teilen des Gustav-Heinemann-Ufers in nördlicher Richtung bis nach Bayenthal hin statt. Dabei mussten sowohl die Uferpromenade, die Stadtbahngleise der KVB-Linie 16 als auch einzelne Fahrspuren der viel befahrenen Rheinuferstraße gesperrt werden.
Hochwasserschutz in Köln auf 70 Kilometern Rheinufer
Die Kölner Stadtentwässerungs-Betriebe (Steb) proben jedes Jahr für den Ernstfall. Im vorgegebenen Turnus werden dabei die stadtweit 28 sogenannten Planfeststellungs-Abschnitte (PFA) so aufgeteilt, dass alle sieben Jahre die insgesamt 70 Kilometer Rheinufer Ziel der Notfallsimulation werden.
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„Für einen gut funktionierenden Hochwasserschutz ist ein professioneller und reibungsloser Ablauf im Ernstfall erforderlich“, erläutert Volker Lüdicke, Leiter des operativen Hochwasserschutzes der Steb Köln. „Das Zusammenwirken vieler unterschiedlicher Akteure ist in realen Gefahrenlagen von großer Bedeutung.“
Am Samstag und am Sonntag waren dabei insgesamt mehr als 200 Menschen im Einsatz. Neben technischen Monteuren und Planungsverantwortlichen der Steb selbst, beteiligten sich auch zahlreiche Vertreterinnen und Mitarbeiter aus den zuständigen städtischen Ämtern, den Hilfsorganisationen und Partnerfirmen für Logistik uns Sicherheit.
Im „PFA 6 -Süd“, so der sperrige Verwaltungstitel für den linksrheinischen Flussabschnitt Marienburg-Bayenthal, befindet sich Lüdicke zufolge einer der technisch anspruchsvollsten Teile der Hochwasserschutzmaßnahmen in Köln: „Die Besonderheit dort liegt darin, dass bei einem landseitigen Aufbau der mobilen Wand entlang des Oberländer Ufers das mobile Hochwasserschutzmaterial von der Straße über die Gleise zu der festen Hochwasserschutzmauer bewegt werden muss, auf der das mobile System dann möglichst schnell montiert wird“, erklärt der Experte.
Koordiniert wurde das Geschehen vom Pendler-Parkplatz am Heinrich-Lübke-Ufer aus. Getestet wurden verschiedene Verfahren auf Kriterien wie Aufwand, Zeitfenster und Personal hin. 60 Einsatzkräfte montierten dafür von Sonntagmorgen bis zum frühen Abend mehr als 100 Stützen und dazwischen knapp 900 Dammbalken mit Gummidichtungen, die als Doppellippen-System bezeichnet werden, auf einer Gesamtfläche von mehr als 255 Quadratmetern.
So wurde als Variante einer der sogenannte Zwei-Wege-Bagger getestet: ein Fahrzeug, das sich sowohl auf der Straße als auch auf Schienen fortbewegen und von dort aus jeweils nach Bedarf das auf Lkw angelieferte Material zügig an den Aufbaustellen entladen kann. „Der Vorteil hierbei ist die hohe Funktionalität“, stellte Patrick Kluding vor Ort fest. „Nachteil ist, dass das Gerät erst angeliefert und dafür ständig gewartet und in Bereitschaft vorgehalten werden muss“, so der technische Koordinator der Steb für die Übung weiter.
Hochwasserschutz-Übung in Köln: Verschiedene Varianten getestet
Personalaufwändiger, aber im Verlauf der Übung als schnellste Variante absehbar, war die von Hand montierte Option eines Transportstegs, mit dem die vornehmlichen männlichen Arbeiter das Material auf den Schienen zwischen Lastwagen und Zielort hin und her bewegen. „Händische Arbeit ist nach wie vor hocheffektiv und bislang selten zu schlagen“, lobte Kluding das eingespielte Vorgehen seiner Kollegen an der Rheinbaustelle.
Dass im Ernstfall zwischen 600 und 800 Menschen in allen Bereichen des Notfalleinsatzes mobilisiert werden müssen und können, darauf blickt auch Steb-Vorständin Ulrike Franzke mit Stolz. „Die Stadt Köln investiert in das Gesamtpaket aller Präventionsmaßnahmen für den Hochwasserschutz ihrer Bürgerinnen und Bürger sowie der Infrastruktur jährlich insgesamt eine Summe von rund dreieinhalb Millionen Euro“, fasst sie zusammen. Eine der jährlichen Übungen schlage dabei jeweils mit Kosten in Höhe von etwa 200.000 Euro zu Buche, so Franzke.
Dass das Datum der Steb-Übung exakt auf den zweiten Jahrestag der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal fiel, verdeutlichte allen Beteiligten die Notwendigkeit von effektivem Schutz. So desaströse Auswirkungen wie dort, als die Ahr in kürzester Zeit zum reißenden Fluss angeschwollen war, sind Heinz Brandenburg zufolge am Rhein und in der Stadt Köln nicht sehr realistisch. Der Leiter der Kölner Hochwasserschutz-Zentrale ist seit Jahren mit den Abläufen und der Koordination des Hochwasserschutzes im Stadtgebiet vertraut: „Wellen oder Anstiege des Pegels werden uns mit einem Vorlauf von 48 bis 72 Stunden vor Ankunft in Köln mitgeteilt“, sagt Brandenburg.
„Auf bis zu 11,90 Meter über Kölner Rhein-Pegelstand wie bei den vergangenen Jahrhundert-Hochwasserereignissen sind wir vorbereitet“, so der Experte. Prozessoptimierung, Fehlersuche und -findung sowie das Training der im Ernstfall so wichtigen eingespielten Arbeitsabläufe von Aufbau und Technik, über Kommunikation bis hin zu Entscheidungsfindung sind demnach das erklärte Ziel der Jahresübungen zum Hochwasserschutz in Köln, sagt Brandenburg. Das vorausgesetzt, sei das Leben entlang eines großen Stroms wie dem Rhein oder der Elbe trotz erwartbar zunehmender Ereignisse wie Starkregenfällen im Rahmen des Klimawandels demnach deutlicher sicherer als das an kleineren Flüssen wie der Ahr, wo weniger Kapazitäten zur Vorsorge und Prävention vorhanden seien.