Beim „Tegelwippen“ werden Pflastersteine aus dem Boden geholt und die Flächen begrünt. Das niederländische Klimaschutzkonzept soll nun auch Köln begrünen.
Entsieglungswettbewerb aus den NiederlandenRaderberger will das „Tegelwippen“ nach Köln holen

Christian Wirtz will das niederländische „Tegelwippen“ nach Köln holen.
Copyright: Stephanie Broch
Die Niederländer haben einen neuen Nationalsport gefunden: das Tegelwippen. Auf Deutsch bedeutet der Begriff „Kachel-Umdrehen“. Bei der Aktion geht es darum, private Böden zu entsiegeln, Pflastersteine aus der Erde zu holen, die freien Flächen zu bepflanzen und damit etwas für den Klimaschutz zu tun: Wasser kann besser versickern, die neuen, grünen Flächen sorgen für mehr Kühlung und bieten Tieren, vor allem Insekten und Vögeln, Nahrung und Lebensraum. Die Niederländer veranstalten das „Tegelwippen“ als Wettbewerb unter Gemeinden und Städten.
Der Raderberger Christian Wirtz erfuhr in der Vorweihnachtszeit zufällig von der Aktion. „Ich hörte und fand die Idee ungemein reizend: ein Wettbewerb mit spielerischem Ansatz für den Umweltschutz“, erzählt er. Der 60-Jährige recherchierte und schnell stand für ihn fest: Die Aktion wäre etwas für Köln. „Ich stelle es mir eine tolle Sache vor, dass die 86 Kölner Veedel im Wettstreit miteinander Böden entsiegeln. Da entwickeln dann die Nippeser großen Ehrgeiz, um besser zu sein als die Ehrenfelder und die Marienburger als die Rodenkirchener“, meint er.

Mehr Pflanzen statt Schotter und Steinen wünscht sich Christian Wirtz in Köln – wie in diesem Vorgarten im Sürther Feld, den die Hauseigentümer mithilfe des Programms „Grün hoch 3“ 2023 von einer Schotterfläche in ein Beet mit Pflanzen umwandelten.
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Das „Tegelwippen“ wurde 2020 von einer niederländischen Kreativagentur konzipiert. Den Anfang des Wettstreits machten Amsterdam und Rotterdam. Bereits im folgenden Jahr weitete sich die Aktion auf 81 Städte und Gemeinden im ganzen Land aus. 2023 nahmen gleich mehr als 173 Städte und Gemeinden teil.
Böden entsiegeln als Wettbewerb
Der Wettbewerb beginnt jedes Jahr am 21. März und endet am 31. Oktober. Teilnehmende Kommunen und Privatpersonen dokumentieren ihre Fortschritte online, indem sie die Anzahl der entfernten Steine melden und Fotos schicken. Am Ende erhält die Stadt oder Gemeinde mit den meisten entfernten Steinen pro 1000 Einwohnern eine Auszeichnung.
Die Aktion wird inzwischen unter anderem vom niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft unterstützt. Mittlerweile sollen bisher insgesamt mehr als 14 Millionen Platten und Pflastersteine entfernt worden sein. Seit 2023 veranstalten auch Kommunen in Belgien das „Tegelwippen“. Ebenfalls in einigen deutschen Städten ist die Idee mittlerweile angekommen. So startet die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Koblenz in diesem März die Aktion „Abpflastern“ als Studierendenprojekt.
„Es ist wirklich eine tolle Sache, jeder Quadratmeter entsiegelter Boden bringt etwas“, ist Wirtz überzeugt. Der Klimawandel bereitet ihm – wie vielen – Sorgen. „Besonders deutlich wurde das für mich bei den Überflutungen im Ahrtal. Ich bin früher viel Rad gefahren, und durch meine Trainingsstrecken kannte ich viele der Orte, die im Sommer 2021 überflutet wurden. Das ist mir nahegegangen“, sagt er.
Durch seine Multiple Sklerose-Erkrankung sitzt der Jurist seit 2015 im Rollstuhl. Sport, der ihm früher viel bedeutete, geht schon seit Jahren nicht mehr. Aktiv ist der gebürtige Kölner dennoch. Hinsichtlich seiner Idee, das Tegelwippen nach Köln zu holen, hat er die Stadt angeschrieben.
„Die Stadt zeigte sich in ihrer Antwort-Mail der Idee gegenüber aufgeschlossen und verwies auch auf die Aktion ‚Grün hoch 3‘“, berichtet Wirtz. Im Rahmen dieses städtischen Programms, das im Herbst 2018 startete, können Eigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte über ein Grundstück Anträge auf finanzielle Förderung stellen, wenn sie zum Beispiel ihr Dach oder ihrer Fassade begrünen oder Flächen entsiegeln und begrünen.
Unterstützer fürs „Tegelwippen“ gesucht
Seine Idee postete Wirtz Mitte Februar auf Facebook. „Ich bekam schon viel positive Resonanz“, sagt er. Jetzt will er bald Vereine in den Veedeln und Lokalpolitiker ansprechen, um Unterstützer für das Projekt zu finden. Websites zum „Tegelwippen“ in Köln sind derzeit in der Mache, wer den aktiven Raderberger dabei unterstützen will, den Entsieglungswettbewerb nach Köln zu holen, kann ihn über Facebook kontaktieren.
www.tegelwippen.koeln, www.tegelwippen.de – bald online.