Die Stadt kündigte Kleingärten in Raderthal, weil ein Investor dort bauen wollte. Nun entschied auch die zweite Instanz zugunsten der Kleingärtner.
Investor zieht zurückLandgericht gibt Raderthaler Kleingärtnern recht – Kündigungen der Stadt unwirksam
„Wir sind erst einmal erleichtert, dass das Landgericht jetzt das Urteil des Amtsgerichtes bestätigt und die Kündigungen der Stadt für unwirksam erklärt hat. Aber es bleibt spannend, die Stadt kann noch in Revision gehen“, sagt Simon Burger, Sprecher des Kleingartenvereins Köln Süd.
Anfang 2022 hatte die Stadt elf Pächtern in der Anlage Faßbenderkaul, die zum KGV Köln Süd gehört, gekündigt. Der Grund: Die Stadt verkaufte die Grundstücke, weil die WVM-Gruppe auf dem benachbarten Areal an der Bonner Straße 536 bauen will und weitere Fläche für ihr Bauvorhaben benötigt. Das Projekt sollte 140 öffentlich geförderte Studentenapartments zur Bonner Straße hin, 86 frei finanzierte Wohnungen im hinteren Bereich, eine Kita, einen Spiel- und einen Quartiersplatz beinhalten.
Kreisverband der Kölner Gartenfreunde klagen gegen Stadt Köln
Der Kleingartenverein hielt die Kündigungen von Beginn an für nicht rechtmäßig. Es liege kein Bebauungsplan vor, der jedoch erforderlich für eine Bebauung sei, und alles sei ohne Beteiligung der Öffentlichkeit entschieden worden, so Burger. Der Verkauf und die Kündigungen hatte der Rat im nicht öffentlichen Teil einer Sitzung entschieden.
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„Der Rückzug der Kommunalpolitik aus der Wohnungswirtschaft hat offensichtlich dazu geführt, dass bei der Stadtentwicklung inzwischen Privatunternehmen den Ton angeben. So wurde ein Hinterzimmer-Deal auf dem Rücken der Kleingärtner möglich“, meint Burger
Unterstützung in ihrem Widerstand gegen die Kündigungen erhielten die Kleingärtner vom BUND und vom Ernährungsrat Köln. Kleingärten erfüllten wichtige ökologische, klimatische und soziale Aufgaben, betonten BUND und Ernährungsrat.
Amtsgericht Köln entscheidet: Kündigungen unzulässig
Auch der Kreisverband der Kölner Gartenfreunde, der 115 Kleingartenvereine in Köln betreut, teilte die Kritik und klagte August 2022 gegen die Stadt wegen der Kündigungen. Er wies zudem auf die erhebliche Unterversorgung mit Kleingärten in Köln hin.
Im April 2023 entschied das Amtsgericht Köln zugunsten der Kleingärtner. Ohne Bebauungsplan dürfe auf den Grundstücken nicht gebaut werden, eine andere als die kleingärtnerische Nutzung sei zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung planungsrechtlich unzulässig gewesen, heißt es in der Urteilsbegründung.
Die Stadt ging in Berufung. Mitte Juli kam das Urteil des Landgerichtes Köln: Es wies die Berufungsklage zurück und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.
Es lässt allerdings eine weitere Revision zu. „Das heißt, der Rechtsstreit könnte auch in die dritte Instanz gehen. Das Liegenschaftsamt und auch andere Fachämter sind nach wie vor an einer einvernehmlichen Lösung interessiert“, erklärt eine Stadtsprecherin auf Nachfrage. Die Stadt hat einen Monat Zeit, in Berufung zu gehen.
„Wir machen erst einmal weiter wie bisher, auch wenn wir in der derzeitigen Situation keine großen Bäume pflanzen würden“, sagt Klaus Waskow, langjähriger Pächter in der Anlage Faßbenderkaul, dem gekündigt worden war. Eine Mini-Reineclaude hat aber dieses Jahr schon in die Erde gebracht wie auch eine portugiesische Rebe und jede Menge Tomaten, Zucchini, Paprika, Buschbohnen, verschiedene Salatsorten und diverses anderes Gemüse. „Wir sind hoffnungsvoll, dass auch die dritte Instanz, sollte die Stadt in Revision gehen, die beiden bisherigen Urteile bestätigen wird“, so Waskow.
Investor gibt Bauvorhaben auf
Soweit wird es jedoch wohl kaum kommen, denn die WVM-Gruppe erklärte inzwischen auf Nachfrage, dass sie von dem Bauvorhaben Abstand nehmen wird.
„Diese Entscheidung [des Landgerichtes, Anm. der Redaktion] trifft insbesondere ärmere Studenten hart, da Kinder aus wohlhabenden Familien weiterhin auf dem privaten Wohnungsmarkt Wohnungen anmieten können“, sagt WVM-Geschäftsführerin Erika Werres. „Jetzt fallen rund 140 Apartments weg, die den Richtlinien der öffentlichen Wohnraumförderung NRW erfüllt hätten.“ Insgesamt sei Wohnraum für über 400 Menschen geplant gewesen, so Werres.
„Einer von vielen Fehlern der städtischen Akteure war die Annahme, dass sich die Kleingärtner klaglos in ihr vermeintliches Schicksal fügen würden“, sagt Kleingartenverein-Sprecher Burger. „Aufatmen können nun vor allem die direkt betroffenen Garten-Pächter.“