Ein getrübter Ausblick bietet sich in Rodenkirchen. Trotz Freude auf den Neubau des Bezirksrathaus zieht die Baustelle Schattenseiten mit sich.
Ein Blick rund um den BauzaunGeschäftsleute in Rodenkirchen beklagen Müll und Vernachlässigung
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Die ehemaligen Gehöftstrukturen werden nach der archäologischen Dokumentation abgeräumt.
Copyright: Sandra Milden
„Augen zu und durch“ heißt es für viele Geschäftsleute in direkter Nachbarschaft zur Baustelle an der Hauptstraße, wo das alte Bezirksrathaus abgerissen wurde, um durch einen Neubau ersetzt zu werden. Doch wer ein Auge riskiert, sieht derzeit wenig Schönes. Bis ganz nach vorne an den Bürgersteig quetscht sich der aufgestellte, lieblos graue Bauzaun. Gegenverkehr von zu Fuß Gehenden ist hier ausgeschlossen, erst recht, wenn man mit einem Rollator unterwegs ist.
„Es ist eine absolute Katastrophe, wenn der Bus hält“, verrät eine Tchibo-Mitarbeiterin. Bisher hielt der Bus mittig vor dem jetzt geschlossenen Parkplatz, wurde dann vor die Kaffeefiliale verlegt. Man sei froh, dass die provisorische Bushaltestelle dann Ende Dezember noch ein Stück weiter stadteinwärts verlagert wurde. Doch das hat das Problem eben auch nur verlagert.
Müllproblem und fehlende Unterstützung der Stadt
„Es ist wirklich nicht angenehm. Wir sammeln hier nur noch den Müll“, sagt Sudabe Haddad. Ihr Mann Reza Chattrus und sie, sind Inhaber bei Elektro Rodenkirchen. Chattrus ist gerade 70 Jahre alt geworden und beim Besuch zu Kunden unterwegs. Morgens wie abends sammelt er Zigarettenkippen ein, Flaschen und Müll, der achtlos vor die Geschäftstür geworfen wird, wo auf den Bus gewartet wird.
Insbesondere, wenn es regnet, sei das schlimm. „Dann stehen sie hier bei uns unter dem Dach und der Zigarettenrauch zieht ins Geschäft“, sagt Haddad, die normalerweise die Tür zum Elektroladen offen hält, damit die ältere Kundschaft bequem rein und raus kann. Von der Stadt ist Haddad nicht einmal enttäuscht: „Die machen doch nichts.“
Dass die Baustelle „ausgerechnet kurz vor Weihnachten eingerichtet wurde“, stört auch Mansour Baiat vom benachbarten Teekesselchen. Vor 38 Jahren hat er den Teeladen eröffnet. „Aber irgendwann müssen sie wohl anfangen, ob wir wollen oder nicht.“ Mit Sorge sieht auch Baiat, wie die Geschäftsstraße verkommt. Geschäftsaufgaben sind zu vermerken.
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Noch kann Filialleiter Jan Wilhelm und sein Team der Thalia-Mayersche-Köhl durch den Zaun auf die Baustelle schauen.
Copyright: Sandra Milden
Geschäftsschließungen im Baustellenbereich
Der Kiosk direkt an der Baustelle ist dicht. Ein weiteres Modegeschäft an der Hauptstraße schließt zum Monatsende. Dazu der Müll. Obdachlose nutzen die Sackgassen Baustelle am Bauzaun, um sich hier niederzulassen, direkt vor der Deutschen Bank.
„Insgesamt verkommt alles und keiner schaut hin. Als ich den Teeladen aufmachen wollte, hat man mich noch nach der Branche gefragt, heute interessiert das gar nicht mehr.“ Seine Stammkunden kämen weiterhin, auch die Älteren, denen es nicht einfach gemacht wird.
Stammkunden hat auch die Buchhandlung Thalia-Mayersche-Köhl, direkt an der Baustelle. Zur Buchhandlung laufen sie am Zaun entlang, der seitlich derzeit ein offenes Gelände zeigt. Auf dem Fundament wurde im Dezember ein 200 Jahre alter Bauernhof bei den Ausschachtarbeiten gefunden.
„Die freigelegten Baustrukturen des ehemaligen Gehöfts werden nach der archäologischen Dokumentation abgeräumt, so dass die Baugrube für den Neubau entsprechend der Planung ausgeführt werden kann“, sagt die städtische Pressestelle, ohne näher auf die gestellte Frage einzugehen, ob sich die Ausführungszeit dadurch verlängert.
„Der Bauzaun hat uns da echt Sorge bereitet, der wurde auch für uns in der umsatzstärksten Zeit aufgestellt“, sagt Jan Karl Wilhelm, Filialleiter in der Buchhandlung. Bisher war die Sorge unberechtigt. „Wir sind ein Zielkaufort. Ob das weiter so bleibt, wird sich weisen.“ Bisher habe sich auch der Lärm in Grenzen gehalten, der seitlich offene Bauzaun habe auch viele Schaulustige angelockt.
Einen Standortwechsel schließt der Filialleiter dennoch im Ort nicht aus. Zu entscheiden hätte er das nicht. „Mal sehen, wie sich das hier entwickelt. Es soll ja richtig schön werden. Dann könnten wir von einem schönen Vorplatz profitieren“, so Wilhelm. Die Aussichten sind zunächst dennoch eher düster. „Der Bauzaun wird links und rechts ebenfalls geschlossen. Der Abbruchunternehmer wird die derzeitigen Zaunelemente bis Ende Februar ersetzen. Zur Belichtung und zum Gucken werden Sichtfenster eingesetzt“, sagt die städtische Pressestelle.