AboAbonnieren

„Boxen hilft, Emotionen zu verarbeiten“Neues Boxing Center in Rodenkirchen eröffnet

Lesezeit 3 Minuten
Boxen als Familienbetrieb: von links: Gürkan Çukur, Hakan Kaptikacti und Eray Kaptikacti bieten Boxen in Rodenkirchen an.

Boxen als Familienbetrieb: von links: Gürkan Çukur, Hakan Kaptikacti und Eray Kaptikacti bieten Boxen in Rodenkirchen an.

In der ehemaligen Kantine der Papierfabrik an der Bahnstraße wird schon lange nicht mehr gegessen, dafür wird demnächst geboxt.

Der Gang in den Keller ist staubig. Alte Möbel, Dreck und Schutt mischen sich mit neuen Sportgeräten, die auf ihren Einsatz warten. Ein kleiner, voll gestopfter Raum wird zu einem Büro umgebaut, ein anderer zum Kraftraum. Denn in der ehemaligen Kantine der Rheinischen Papierfabrik W. Knöll, an der Bahnstraße, schaffen Hakan Kaptikacti und Gürkan Çukur mit Freunden und Familie gerade ein Boxzentrum.

350 Quadratmeter große Trainingshalle

Das ist für die beiden Mitglieder des Deutschen Boxsportverbands und Trainer nicht neu. Aber erstmals haben sie hier eine eigene, 350 Quadratmeter große Halle. „Wir wollen ein richtiges Leistungszentrum werden“, erklärt Kaptikacti. „Jedermann, von jung bis alt, jede Boxklasse, bis zum Profi soll hier trainieren. Auch Kaderathleten sollen sich verbessern können“, sagt Çukur, der zusätzlich eine Ausbildung zum Ergotherapeuten absolviert, um auch therapeutisches Boxen anbieten zu können.

In den letzten drei Monaten haben sie hier im Keller Wände eingerissen, Decken neu gemacht und gestrichen. Mit dem Training soll sofort begonnen werden, auch wenn weiter umgebaut wird. Das stört die Trainer nicht. Im Gegenteil. Es soll diesen Untergrund-Touch haben. „Hier ist man mittendrin dabei, auch wenn wir weiter umbauen“, meint Çukur.

Container mit Duschen und WCs statt sanitärer Anlagen

Seit Februar wird die einstige Papierfabrik, die dem Geländegeber Bauwens gehört, von den Zwischennutzern genutzt. Neben dem Boxclub entstehen Ateliers, Lagerflächen, Dauerstellplätze für Oldtimer und Schrauberplätze. Das einzige, was es nicht geben wird, sind sanitäre Anlagen. Dafür sollen zeitnah Container mit Duschen und WCs aufgestellt werden.

Angefangen mit dem Boxangebot hat Kaptikacti vor acht Jahren als Untermieter in einem Fitnessstudio. Mit Corona ging es dort nicht weiter. In der Innenstadt fanden sie eine Möglichkeit, ihren Sport im Quäkerheim anzubieten. Mit dem Jugendamt arbeitet der 49-Jährige schon seit 2001 zusammen. Seit 2021 kommt mit Unterstützung der Stadt auch Flüchtlingsarbeit mit Jugendlichen dazu. „Boxen hilft, die Gedanken zu fokussieren, Emotionen zu verarbeiten“, so Kaptikacti. Boxen sei therapeutisch.

Gefühl von Gemeinschaft und Integration für Geflüchtete

„Hier lernen die Flüchtlinge das Gefühl von Gemeinschaft und Integration“, sagt der 26-Jährige Çukur. Sie sollen auch auf Wettkämpfe vorbereitet werden. „Uns ist wichtig, dass sie ein Ziel haben und immer mit uns reden können“. Schulisches, Familiäres, alles wird hinterfragt. Gesprochen wird deutsch, türkisch und mit Händen und Füßen. Boxen heißt für die Trainer vor allem Disziplin zu erlernen, Gemeinschaft zu erleben und ein Ziel zu formulieren. Die Boxklientel im Quäkerheim gehe querbeet, alle sind willkommen. „Wir haben alle Nationalitäten vertreten. Das ist uns auch wichtig“, sagt Kaptikacti. Bis Ende des Jahres soll die Arbeit in der Innenstadt parallel fortgesetzt werden.

Çukur arbeitet auch mit Parkinsonpatienten, deren Schritte und Koordination er verbessern kann. „Man kann Boxen gut auf die Bedürfnisse spezieller Menschen anpassen“, sagt er. Natürlich sei Boxen kein sanfter Sport. Aber es gibt Schutz. „Die Verletzungsgefahr beim Fußball ist viel höher“, sagt Kaptikacti, der sich an keine blutige Nase erinnern kann.

Das Reglement des deutschen Boxverbands gelte für alle Institutionen. Dazu gehört ein Kopfschutz unter 18 Jahren, Tiefschutz, ein Brustschutz für Frauen. Für den Sport braucht es überdies nur Sportkleidung. Zahnschutz, Handschuhe und Bandagen werden vom Verein angeboten. In Rodenkirchen ist ein freies Training für alle Mitglieder möglich. Daneben wird ein spezielles Training für Kinder, Anfänger und Fortgeschrittene, Frauen, gemischtes Boxen und Fitnessboxen angeboten.

Das Zentrum ist täglich außer Sonntag geöffnet, Montag bis Freitag ab 12 Uhr, samstags ab 14 Uhr. Eine Anmeldung ist ab sofort ab sechs Jahren möglich. Telefon: 01786814555

kontakt@hu-boxing.de