Ungewöhnliches Hobby als GegenpolNach Feierabend an die Nähmaschine
Bayentahl – Carmelo Barba nimmt es bei seinen Näh- und Strickarbeiten ganz genau – neben Zahlen hantiert der Unternehmensberater am liebsten mit den verschiedensten Textilstoffen. Ob Stepp-, Flach- oder Kappnaht – Barba beherrscht sie alle.
Der 42-Jährige ist begeisterter Hobby-Näher und -Stricker und tauscht nach dem Feierabend im Homeoffice flugs die Computer-Tastatur gegen seine altgediente Nähmaschine W6 N 3300. „Beide Geräte stehen bei mir auf dem Tisch direkt hintereinander“, so der Consultant einer kleinen Unternehmensberatung in Bonn. „Nach Feierabend werden die beiden einfach ausgetauscht und ich nähe los.“ Dann verarbeitet er mit schnellem Stich Stoffe aller Formen und Farben zu Mützen, Pullovern und Unterwäsche.Ihren Anfang nahm die Nähleidenschaft bei Barba nach seinem BWL-Studium, das er 2010 an der Fachhochschule Köln begonnen hat. Zuvor ist der in Dortmund aufgewachsene Sohn sizilianischer Gastarbeiter vor allem in der Gastronomie tätig gewesen. „Das hat sich dann während des Studiums aufs Wochenende verlagert“, erinnert sich Barba. „Aber nach dem Masterabschluss 2016 habe ich als Consultant angefangen und plötzlich waren die Wochenenden komplett frei.“
Freundin aus dem Studium war der Auslöser
Der ideale Zeitpunkt für ein neues Hobby. „Auf die Idee mit dem Nähen hat mich eine Freundin aus dem Studium gebracht. Sie hat mir dann auch die ersten Nahten beigebracht.“ Von Beginn an war Barba bei seinem Hobby vor allem die Genauigkeit wichtig: „Jede Naht muss sitzen und alles muss perfekt verarbeitet sein, auch wenn es dann länger dauert.“ Wenn eine Naht nicht gerade ist, wird sie eben noch einmal aufgetrennt. „Vielleicht habe ich das von meiner Arbeit mit Zahlen“, so der Betriebswirt. „Da muss auch alles perfekt und genau sein, sonst führt es nicht zum Ziel.“Für seinen Perfektionismus ist Barba auch bei den zwölf Mädels seiner Kölner Nähgruppe berüchtigt, die er über die App „Näh ich mir!“ kennengelernt hat. Mit ihnen hat sich Barba vor der Corona-Pandemie persönlich zum Austausch und gemeinsamen Nähen getroffen und gemeinsam haben sie Nähaktionen für wohltätige Zwecke organisiert. Das gute Zusammenspiel des Teams ist dafür die perfekte Grundlage.
Gruppe verteilt Spenden
„Wir verstehen uns in der Gruppe auch abseits des Nähens super und bereiten die Aktionen für wohltätige Zwecke gemeinsam vor“, so Barba. „Dieses Jahr haben wir zum Beispiel zu Ostern viele verschiedene Ostermotive genäht, die wir gegen Spenden verteilt haben.“ Zusammengekommen sind dabei mehr als 260 Teile – vom Filzhasen „Hoppler“ über die große Stoffhenne „Henn-Riette“ bis zur festlichen Bestecktasche „Meister Lampe“.
Die gesammelten Spendenerlöse in Höhe von rund 1350 Euro gibt das Nähkollektiv komplett an den Verein Kölner Selbsthilfe in Longerich ab. Diese gemeinsamen Aktionen und der Zusammenhalt in der Gruppe sind für Barba ein wichtiger Teil seines Hobbys: „Die Gruppe ist ganz wichtig für mich. Auch nach fünf Jahren Näherei stellen sich mir immer neue Fragen, die ich mit meinen Mitstreiterinnen bespreche. Außerdem kann man sich immer wieder über Designs und Techniken austauschen und auch abseits vom Nähen, Stricken und Häkeln füreinander da sein.“ Dass der Kontakt in Zeiten von Corona nur noch digital stattfindet, stellt für ihn kein Problem dar – auch wenn er gerne wieder mit den anderen Gruppenmitgliedern gemeinsam bei einem Sekt nähen und quatschen würde. Der einzige Mann in der Gruppe zu sein, ist für ihn kein Problem. „Wir sind alle auf einer Wellenlänge, da spielt das Geschlecht keine Rolle“, so Barba, „uns vereint das gemeinsame Hobby.“ Auch im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis kommt seine Nähkunst gut an. „Wenn ich zu Ostern selbstgenähte Geschenke an die Nachbarinnen und Nachbarn verteile, sind die ganz begeistert“, so der Wahlkölner. „Und meine Mutter findet es auch witzig, dass ich nähen und stricken kann. In ihrer Heimat Sizilien ist das normal, wenn auch nicht für Männer,“ fügt er lachend hinzu. Negative Reaktionen darauf, dass er als Mann strickt, seien ihm kaum begegnet. „Wenn ich vor Corona mit dem Zug zu Konzerten in Berlin oder München fuhr, habe ich meist die gesamte Bahnfahrt über gestrickt“, sagt der begeisterte Punk-, Rock- und Pop-Fan, der für „Die Ärzte“ auch mal bis nach Mailand reist. „Manche erstaunte Blicke sind schon dabei gewesen, aber das ist eher der Neugierde geschuldet.“Nach der Krise möchte Barba auf seinen Konzertreisen auch wieder die Stricknadeln klappern lassen. „So kann ich meinen liebsten Leidenschaften – Reisen, Konzertbesuchen und Handarbeiten – auf einmal frönen.“http://www.einfach-carmelo.de
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