Dosenbier, Sekt, Chips und Hunderte Jahre alte Stadtgeschichte – eine etwas ungewöhnliche Kombination. Doch in einem Kölner Rewe ist das Realität. Das steckt dahinter.
Archäologischer FundWarum Teile der mittelalterlichen Kölner Stadtmauer in einem Rewe stehen
Die neue Rewe-Filiale von Markus Kelterbaum am Rudolfplatz in den Wallarkaden ist auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Supermarkt. Fast. Im Erdgeschoss befindet sich ein Marktbistro, wo es Snacks auf die Hand zu kaufen gibt. Etwa, wenn man am Rudolfplatz umsteigen muss. Das eigentliche Sortiment befindet sich im Kellergeschoss. Quasi ein Rewe-To-Go in einem üblichen Rewe.
Das ist allerdings nicht die Besonderheit des Rewe in den Wallarkaden, der am 2. März neu eröffnet wurde. Denn in der Filiale steht waschechte Kölner Stadtgeschichte zum Anfassen.
Zwei Teile der historischen Stadtmauer sind in den Rewe von Markus Kelterbaum integriert worden. Zwischen Dosenbier und Sekt steht ein Eckstück, hinter einem Regal mit Chips und Snacks befindet sich ein weiterer, knapp 15 Meter langer Teil der alten Mauer. Ein Bruch mit der eher minimalistisch-modernen Einrichtung des Supermarktes in den Wallarkaden.
Stadt Köln und Bauherren wollten Bodendenkmal dort erhalten, wo es gefunden wurde
Sie sind bei den Bauarbeiten der Wallarkaden zwischen 2018 und 2019 entdeckt worden. Der ungewöhnliche Ausstellungsort der Mauer fand in Absprache zwischen den Bauherren und dem Römisch-Germanischen Museum der Stadt Köln zustande. Man wollte „das herausragende Bodendenkmal möglichst in seiner ursprünglichen Fundsituation“ erhalten, so die Stadt Köln. Ein Ausgrabungsteam des Römisch-Germanischen Museums habe das historische Mauerwerk jedoch untersucht und fachgerecht dokumentiert.
Der Teil, der zwischen den Getränken im Rewe steht, gehöre zu den Unterbauten aus dem südlichen Bereich eines spätmittelalterlichen Vortores aus dem 15. Jahrhundert, erklärt Archäologe Alfred Schäfer vom Römisch-Germanischen Museum. Es war ein Bollwerk, um das Holztor der Hahnentorburg am Rudolfplatz, die wiederum Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet wurde, vor Kanonen aus westlicher Richtung (Aachener Straße) zu schützen, so Schäfer.
Mehr als das Stück im Rewe ist von dem Vortor nicht mehr übrig: „Sie sind die einzigen Zeugnisse der Vorbefestigung, da weitere Reste während des U-Bahn-Baus 1984 größtenteils undokumentiert abgetragen worden sind“, heißt es von der Stadt Köln dazu.
Der lange Mauerteil hinter dem Chips-Regal gehörte laut Stadt Köln zur sogenannten Grabenfangmauer, die „die Böschung des mittelalterlichen Stadtgrabens befestigte“. Der Stadtgraben aus dem Jahr 1180 sei ab 1386 ausgebaut und mit der Grabenfangmauer verstärkt worden. Sie sei noch in weiten Teilen entlang der Kölner Ringe unterirdisch erhalten.
Ein weiteres 8 Meter langes Stück der südlichen Grabenfangmauer, ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert, befindet sich außerdem in der Tiefgarage unterhalb der Wallarkaden. Sie wurde auf Höhe einer Einfahrt abgetragen und ein paar Meter versetzt wieder steingerecht in ihrer ursprünglichen nordsüdlichen Ausrichtung aufgebaut.
Leiter von Kölner Rewe: Mauer gibt dem Laden einen „urigen Charakter“
Warum stehen die Teile in einem Rewe und in einer Tiefgarage am Rudolfplatz und nicht etwa im Römisch-Germanischen Museum? „Eine Repräsentation der historischen Mauerabschnitte macht gerade am Ort ihrer Auffindung Sinn, um die Geschichte des Ortes zu erzählen“, sagt die Stadt dazu. Eine Informationstafel ist deshalb auch in der Tiefgarage angebracht worden.
Markus Kelterbaum stört es nicht, dass das historische Mauerwerk in seiner Rewe-Filiale steht und vielleicht wertvollen Platz für die Verkaufsfläche nimmt. „Es gibt dem ganzen einen urigen Charakter“, findet der Filialleiter. Und von seiner Kundschaft habe er gehört, dass die Mauerteile seinem Laden Flair geben. Vielen scheint aber gar nicht bewusst zu sein, dass sie ihre Alltagseinkäufe zwischen Stadtgeschichte erledigen, die Hunderte Jahre alt ist.