Bei Rund um Köln starten dieses Jahr 6000 Hobbyradfahrer — nächstes Jahr will der Veranstalter das Feld weiter vergrößern.
TraditionsrennenWarum Radfahren immer beliebter wird – neuer Teilnehmerrekord bei Rund um Köln
Mit 4500 Sportlerinnen und Sportlern vermeldete der Radklassiker Rund um Köln im vergangenen Jahr einen neuen Teilnehmerrekord. Dieses Jahr hätten die Veranstalter für die 130, 70 und 30 Kilometer langen Strecken wohl doppelt so viele Anmeldungen entgegennehmen können.
„Wir mussten aus organisatorischen Gründen auf 6000 Startplätze begrenzen, überlegen aber, wie wir die Struktur im kommenden Jahr so verändern können, dass wir erneut aufstocken können“, sagt Markus Frisch, Geschäftsführer der Kölner Ausdauersport GmbH, die das Rennen organisiert. 8000 Startplätze seien aufgrund der großen Nachfrage „auf jeden Fall realistisch“.
Gründe für den Boom des Radsports
Radfahren boomt, das zeigt nicht nur das große Interesse an Kölns traditionsreichem Radrennen: Man braucht nur an einem beliebigen Tag in den Verkaufsladen von Rose-Bikes auf dem Kaiser-Wilhelm-Ring zu gehen, in dem es geschäftig zugeht wie in einer Bienenwabe. Auf den Nebenstraßen im Bergischen und im Rhein-Erft-Kreis sind wochenends Heerscharen von Pedaleuren zu besichtigen, auf E-Bikes, Gravel-Bikes (Mischung aus Mountainbike und Rennrad) und klassischen Rennrädern.
„Die große Nachfrage hat sicher mehrere Gründe“, sagt Markus Frisch. „Einer ist sicher die Corona-Pandemie. Seitdem hat jeder ein gutes Fahrrad. Streamingdienste und Lieferservices haben bei vielen Menschen Spuren hinterlassen — mit Radfahren lassen sich die zusätzlichen Pfunde sehr gut bekämpfen.“ Viele Menschen nutzten auch das Angebot zahlreicher Arbeitgeber, steuerbegünstigt ein Jobrad zu leasen, um sich ein Rennrad oder ein Gravel-Bike zu leisten.
Ramesh Bhargava ist 47, fährt seit drei Jahren längere Radstrecken und am 26. Mai sein erstes Rund um Köln. „Angefangen habe ich mit einem Gravel-Bike, um Strecke zu machen und die beginnende Midlife-Crisis zu bekämpfen“, sagt der Vater dreier Kinder lachend. Mit Freunden sei er nach Amsterdam gefahren, in die Vogesen oder an den Genfer See. Mit Anfang, Mitte 40 „verändert sich der Körper. Man muss mehr auf die Ernährung achten, um das Gewicht zu halten und es tut öfter was weh“. Mit 40 lief Ramesh Bhargava, der sich als junger Mensch eher nicht als Sportler bezeichnet hätte, zum ersten Mal beim Köln-Marathon mit, zwei Jahre später noch einmal – „aber langfristig ist Radfahren für die Knochen doch gesünder. Außerdem sieht man mehr Landschaft – und die ist im Bergischen ähnlich schön wie in der Voreifel“.
Im vergangenen Jahr kaufte er sich ein Rennrad. „Das Gravel-Bike kam mir dagegen wie ein Traktor vor.“ Er fahre zwar nicht so viel wie viele seiner Kumpels, von denen einige auf 5000, manche auf 10.000 Kilometer im Jahr kämen. „Aber Rennradfahren hat mich schon süchtig gemacht.“ Anfangs habe er Respekt vor der Mindestgeschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde bei Rund um Köln gehabt – „aber der ist inzwischen weg, auf einen 30er-Schnitt hoffe ich bei der 70-Kilometer-Strecke schon“. Ende Juni stehe noch ein zweites Rennen an: der Drei-Länder-Giro mit 120 Kilometern und 1500 Höhenmetern.
Rund um Köln: Das Radrennen bleibt eine Männerdomäne, der Anteil der Frauen ist sehr gering
Sich mit anderen messen, auf die Durchschnittsgeschwindigkeit schauen, Interesse an Technik – all das macht Radfahren nach wie vor zu einer Männerdomäne. Bei Rund um Köln sind unter den 2502 Sportlerinnen und Sportlern, die sich für die 130-Kilometer-Strecke angemeldet haben, nur sechs Prozent Frauen. Bei der 70-Kilometer-Distanz, für die es 3246 Anmeldungen gibt, sind es 15 Prozent. „Der Frauenanteil steigt aber immerhin leicht“, sagt Veranstalter Frisch.
„Ich denke, dass es so etwas wie einen neuen Rad-Boom gibt“, sagt Artur Tabat, Kölner Radsport-Ikone, der Rund um Köln von 1973 bis 2018 insgesamt 45 Mal organisiert hat. Den Anmelderekord bei Rund um Köln führt der 82-Jährige auch darauf zurück, dass „die Veranstaltung ganz hervorragend organisiert wird“. Er nehme allerdings auch „einen Trend wahr, dass gerade Männer im Alter ab 30, 35 Jahren vermehrt Rennrad fahren“ – leider allerdings weit weniger als früher im Verein. „Der Sport an sich wird wie die Gesellschaft immer individueller“, sagt Tabat. „Die Vereine profitieren vom Boom des Radsports leider nicht.“
Artur Tabat fährt mit 82 noch jede Woche mehrmals Rennrad
Den letzten Vereins-Boom erlebte der Radsport, als Jan Ullrich 1997 die Tour de France gewann. Im Jahr 2003 gewann Ullrich nach einer einjährigen Sperre Rund um Köln — Tabat hatte Ullrich seinerzeit überredet, an dem Rennen teilzunehmen. Heute fahren mehr Jedermänner ohne Vereinsanbindung wie Ramesh Bhargava. „Schön ist ja, dass Radsport überhaupt so beliebt ist“, sagt Tabat. Der 82-Jährige steigt selbst noch „möglichst täglich aufs Rennrad. 40 bis 50 Kilometer schaffe ich noch ganz gut“.
Die 106. Auflage von Rund um Köln wird am Sonntag, 26. Mai, ausgetragen. Start- und Zielbereich ist im Rheinauhafen. Das 130-Kilometer-Rennen startet um 9.30 Uhr, das Eliterennen um 10.45 Uhr und das 70-Kilometer-Rennen um 11.11 Uhr. Die Profis werden zwischen 15.30 und 16.15 Uhr im Ziel erwartet.