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Trotz RaumnotAn Kölner Schulen stehen Container und ganze Gebäude über Jahre leer

Lesezeit 4 Minuten
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Die Chemiecontainer können nicht genutzt werden. 

Köln – Auf dem Lehrerparkplatz des Montessori-Gymnasiums in Bickendorf steht ein großer doppeltstöckiger Container. Nagelneu. Ein Schild an der Eingangstür weist aus, was hier eigentlich schon seit knapp anderthalb Jahren stattfinden soll: Chemieunterricht. Längst sollten die Schülerinnen und Schüler in den Chemiefachräumen naturwissenschaftliche Experimente durchführen. Eigentlich. Aber kein einziger Schüler hat die im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 fertiggestellten Räume bislang von innen gesehen.

Der einzige Mensch, der die neuen Unterrichtsräume betritt, ist ein städtischer Mitarbeiter der Gebäudewirtschaft. „Der Lüfter“, wird er am Montessori-Gymnasium halb scherzhaft, halb verzweifelt genannt. Seit Monaten kommt der städtische Kollege drei Mal am Tag vorbei, um alle Fenster aufzureißen und kräftig stoßzulüften. Dabei geht es nicht um Aerosole, sondern um die augenscheinlich deutlich hartnäckigeren Schadstoffe, die im Inneren der Räume messbar sind. Der nagelneue Container weist nämlich eine so hohe Schadstoffbelastung auf, dass er jetzt, wo er endlich steht, nicht benutzt werden kann. „Bis auf Weiteres“ hatte die Stadt der Schule lapidar mitgeteilt.

Leerstehendes Gebäude in Köln-Holweide

Vertröstet werden auch Lehrende und Lernende in der Gesamtschule Holweide. Dort steht nicht nur ein Container leer, sondern gleich ein ganzes Gebäude. Als es gebaut wurde, war von einer Inbetriebnahme im Jahr 2019 die Rede. Dann kam es zu immer neuen Verzögerungen. Anfang dieses Jahres war dann der Schuljahresbeginn als Eröffnungsdatum genannt worden. Nun soll es nach den Herbstferien sein. Anfang des Jahres war die nicht funktionsfähige Heizung der Grund, nun sind die noch nicht gepflasterten Zuwege Schuld.

Angesichts der langen Vorgeschichte des Holweider „Nawi-Trakts“ ist die Warterei von Monat zu Monat aber eigentlich nur eine Kleinigkeit. Zwölf Jahre ist es her, dass der Schule nach einem Brand ein „schneller Ersatz“ versprochen worden war. Als Übergangslösung wurde ein Container aufgestellt, der nur ein Jahr stehen bleiben sollte. Nach fünf Jahren wurde er vom Gesundheitsamt wegen akuter Gesundheitsgefahren geschlossen.

Kölner Schüler müssen sich Fachraum teilen

So schlimm ist es im Montessori-Gymnasium noch nicht, dem „erst“ vor dreieinhalb Jahren ein neuer Chemieraum versprochen worden war, der „zeitnah“ errichtet werden sollte. Aber ein Trost kann der Verweis auf noch schlimmere Fälle bei den Betroffenen nicht sein. Dass sich mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler einen Fachraum teilen müssen, war und ist „organisatorisch überhaupt nicht mehr darstellbar“, sagt Schulleiterin Maria Hartmann. Die Stundenplangestaltung ist kompliziert.

Naturwissenschaftlicher Unterricht muss teilweise in normalen Unterrichtsräumen stattfinden. Nach der Zusage für die neuen Räume tat sich erst einmal zwei Jahre gar nichts: Lieferschwierigkeiten, Ausschreibungsprobleme – die Liste der Erklärungen war lang. Aber jetzt seit weit mehr als einem Jahr den fertig da stehenden Container nicht nutzen zu können, setzt dem Ganzen aus Sicht der Schule die Krone auf: „Uns wird nicht mal mitgeteilt, um welche Schadstoffe es sich handelt“, klagt Schulleiterin Hartmann. Für sie sei nicht nachvollziehbar, dass man nicht bereits bei der Bestellung darauf achte, dass Schadstoffnormen eingehalten würden. Am schwierigsten auszuhalten sei aber das Gefühl, immer weiter hingehalten zu werden und keine Informationen zu haben, wann der Container denn nun voraussichtlich bezogen werden könne.

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Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hieß es von Seiten der Stadt, dass bei der obligatorischen Raumluftmessung vor der Inbetriebnahme der Schulcontainer eine „Überschreitung der vertraglich vereinbarten Grenzwerte für die Summenrichtwerte der Aromaten festgestellt wurde.“ Diese sind etwa in Farben, Lacken oder Klebestoffen enthalten. Daher könne die Schulcontaineranlage nicht zur Nutzung freigegeben werden.

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Die Stadt betont, dass die Anforderungen an Raumluftqualität immer verbindlicher Bestandteil von Ausschreibung und Vertrag seien. Die Einhaltung werde bei jeder Abnahme durch eine Messung überprüft. Dadurch, dass die Stadt vertraglich die Verwendung von emissionsarmen Baumaterialien vorgebe und auch eine Positivliste verwende, sei „im Regelfall“ sichergestellt, dass Grenzwerte nicht überschritten würden.

Eine seriöse Aussage dazu, wann die Containeranlage in Betrieb genommen werden kann, will die Stadt nicht treffen. Zuerst müssten weitere Maßnahmen geprüft werden. Um die Schadstoffe zu reduzieren, werde nämlich nicht nur drei Mal täglich gelüftet. Auch würden die Räume zur Beschleunigung des „Ausgasungsprozesses“ aufgeheizt. Um den langwierigen Prozess zu beschleunigen, werde jetzt noch der Einbau von dezentralen Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung geprüft. Dadurch würden der Raumluftaustausch erhöht und die vertraglichen Grenzwerte schneller unterschritten. Man hoffe auf eine Inbetriebnahme bis Ende des Jahres.