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Kölner Schulen in NotAula in Höhenberg ist seit sechs Jahren gesperrt

Lesezeit 4 Minuten
Aula-Henoth-Gesamtschule

Schulleiter Martin Süsterhenn in der gesperrten Aula.

  1. Die Kölner Schulen platzen angesichts steigender Schülerzahlen und fehlender Neubauten aus allen Nähten.
  2. Hinzu kommt der Sanierungsstau, der nur schleppend abgearbeitet wird.
  3. In der Reihe „Schule in Not“ berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“ über Beispiele an Schulen, die seit Jahren auf versprochene Sanierungen, nötige Fachräume oder Reparaturen warten.

Köln – Schulleiter Martin Süsterhenn steht ziemlich allein mitten in der riesigen Aula der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Höhenberg und schwärmt von dem besonderen Charme des Gebäudes. „So etwas finden Sie nicht mehr oft.“ Die Aula mit historischer Bestuhlung für 560 Personen und riesiger Bühne, erbaut im Jahr 1959. „Genau das, was man für eine Schule mit 1350 Schülern braucht“, findet er. Nur: Die dürfen hier gar nicht mehr rein. Vor nunmehr fast zehn Jahren wurden bei einer Begehung Mängel bei Brandschutz und Technik festgestellt. Seither soll sie saniert werden.

Vor inzwischen sechs Jahren wurde die Aula dann endgültig für Veranstaltungen gesperrt. „Wir können seither keine würdige Einschulungs- oder Verabschiedungsfeier für die Schülerinnen und Schüler mehr machen. Einschulungsfeiern finden in Kleingruppen ausgelagert statt — lange vor Corona.

Keine Theatervorführung für die ganze Schule möglich

Keine Theatervorführungen für die ganze Schulgemeinde. „Obwohl das gerade für unsere Schüler so wichtig wäre. 84 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben Migrationshintergrund. „Wir müssen die Kultur ins Haus holen, damit sie mit Kultur in Kontakt kommen.“ Außerdem ist es der einzige Versammlungsort im Veedel. „Unser Nachbar Pfarrer Meurer würde die Aula liebend gerne auch für kulturelle Veranstaltungen im Viertel nutzen“.

Immer wieder hatte Süsterhenn die Hoffnung, dass die versprochene Sanierung nun endlich losgeht. Vor allem 2016, als hier mit großem Bahnhof die Landesinitiative „Gute Schule 2020“ startete und man sich quasi als Signal des Aufbruchs ausgerechnet die marode Aula ausgesucht hatte. Der damalige Finanzminister Norbert Walter-Borjans saß da und auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Aula sollte als „Paradebeispiel für die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen als angemessener Hintergrund dienen“, wie der Schulleiter auf den Punkt bringt.

Landesinitiative „Gute Schule 2020“ startete in Köln-Höhenberg — passiert ist nichts

Am Zustand der Schulen müsse man ablesen können, welche Wertschätzung man Kindern und ihrer Bildung beimesse, hatte Reker seinerzeit erklärt. 1,8 Millionen Euro wollte die Stadt für die Sanierung investieren. Quasi das Leuchtturmprodukt des Förderprogramms „Gute Schule 2020“, für das das Land NRW 100 Millionen Euro verteilt auf vier Jahre zur Verfügung stellte.

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2020 ist inzwischen vorbei und passiert ist seither nichts. Obwohl die Katharina-Henoth-Gesamtschule mit ihrer Aula auf Platz 1 der Priorisierungsliste der Stadt für Schulbaumaßnahmen stand. Und obwohl Nutzungskonzepte vor Jahren eingereicht wurden, Architekturbüros ein und aus gingen, Maß nahmen und Konzepte erstellten.

„Ich fühlte mich behandelt wie ein Depp“

Ausufernden Bürokratismus und Missstände in der über die Jahre mit viel Fluktuation kämpfenden Gebäudewirtschaft macht Süsterhenn dafür verantwortlich. Mehr noch als die Missstände stört ihn allerdings, „dass wir über die Jahre nie zum Stand der Planung informiert wurden. Obwohl man regelmäßig nachhört. Ich fühlte mich behandelt wie ein Depp.“

Es würde ihm ja schon reichen, in Abständen einen aktuellen Stand mitgeteilt zu bekommen. „Auch mit der Auskunft, in acht Jahren hast du deine Aula, hätte ich leben können. Dann weiß ich, wo ich dran bin.“ So aber entstand für ihn der Eindruck mangelnder Wertschätzung. „Wir fühlen uns als Schule im Brennpunkt entwürdigend behandelt und im Stich gelassen.“

Da passt ins Bild, dass für den dringend nötigen zugesagten Gebäudeanstrich die beauftragte Malerfirma bereits vor zwei Jahren vor Ort die Farbmenge berechnet hatte. „Passiert ist seither nichts, die Wände warten immer noch auf Farbe.“

Interim statt Neubau

Jetzt wurde dem Schulleiter mitgeteilt, dass die Aula nun doch nicht saniert, sondern abgerissen werden soll. Die Ergebnisse externer Begutachtungen des Gebäudes hätten sich nach einer Überprüfung als „nicht belastbar“ erwiesen, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Es habe sich herausgestellt, dass die Sanierung langfristig nicht wirtschaftlich sei. Daher solle an derselben Stelle eine neue Aula errichtet werden.

Weil die Schule aber nun schon so lange mit Nutzungseinschränkungen leben müsse, soll als Interim auf dem Schulgelände ein Provisorium in Leichtbauweise errichtet werden. Der Planungs- und Baubeschluss dazu werde „schnellstmöglich“ eingeholt, erklärte ein Stadtsprecher. Laut Plan soll das Interim dann im Herbst 2022 fertig sein. Anschließend werde die neue Aula an der Stelle der alten Aula errichtet. „Ich vertraue drauf, dass die Zusage diesmal wirklich eingehalten wird und wir nicht weiter vertröstet werden“, sagt der Schulleiter.