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SpurensucheDie Bahntrasse, der Köln-Ehrenfeld seine Existenz verdankt

Lesezeit 4 Minuten

Helioshaus (l.) und Heliosturm mit den ebenerdigen Bahngleisen im Vordergrund.

  1. Direkt an der Heliosstraße, auf dem Hof einer Autowerkstatt, liegen Schienen im Boden.
  2. An dem einst „Eiserner Rhein“ genannten Schienenstrang siedelten sich Mitte des 19. Jahrhunderts erste Fabriken an – die Keimzellen Ehrenfelds.

Ehrenfeld – Unbestritten ist der Heliosturm das Wahrzeichen Ehrenfelds. Dass in seinem Schatten ein kleiner Rest jener Verkehrstrasse zu finden ist, der Ehrenfeld überhaupt seine Existenz zu verdanken hat, ist dagegen kaum bekannt.

Direkt an der Heliosstraße, auf dem Hof einer Autowerkstatt, liegen Schienen im Boden. Ein paar wenige Meter lange Eisenstücke sind der letzte Rest der einstigen Lebensader, oder vielleicht besser: der Nabelschnur Ehrenfelds. Die rätselhaften Gleise waren mit der Schienenstrecke von Köln nach Aachen verbunden. Am einst „Eiserner Rhein“ genannten Schienenstrang siedelten sich Mitte des 19. Jahrhunderts erste Fabriken an – die Keimzellen Ehrenfelds.

Am 2. August 1839 rollte der erste Zug aus Köln kommend über die Gleise, die in Müngersdorf endeten. Wo heute ein dicht besiedeltes Szeneviertel liegt, gab es in dieser Zeit nur Felder, Wiesen, Lehmgruben und ein paar Höfe. 32 Menschen lebten hier. Vier Jahre später fuhren die Züge schon bis Antwerpen.

Beginn des Aufschwungs

Es sollten noch weitere zwei Jahre bis zur Gründung von Ehrenfeld vergehen. 1845 wurden eine Tapetenfabrik und erste Häuser gebaut. Vom Schienenstrang profitierte der junge Ort von 1863 an. Als die Güterstation eröffnet wurde, begann der wirtschaftliche Aufschwung. Fabriken schossen aus dem Boden, die für ihre Warentransporte auf einen Gleisanschluss angewiesen waren, aber auch solche, die direkt für den Schienenverkehr produzierten, wie die Waggonfabrik Herbrand.

Einige Schienenreste gibt es noch – wie hier in der Heliosstraße.

Die Rheinische Eisenbahn dampfte vorbei an Fabrikanlagen, Arbeitersiedlungen, Straßen voll mit Fußgängern und Pferdekutschen. Ehrenfeld wuchs, wurde Gemeinde, Stadt und schließlich 1888 Stadtteil von Köln. Die Bahn transportierte ihre Ladung noch bis 1923 ebenerdig durch das Industrieviertel. Bis 1901 gab es kaum Autoverkehr in der Gegend – die Bahn war das Hauptverkehrsmittel.

Die Bogenviadukte, über die Regional-, Güter- und Fernzüge heute hinwegrauschen, entstanden zwischen 1913 und 1923, damit der Gürtel für den Autoverkehr geschlossen werden konnte. Der Verlauf der alten Bahnstrecke lässt sich immer noch verfolgen, denn die ebenerdige Trasse und die höhergelegten Gleise verliefen größtenteils parallel. Vom Herbrand-Gelände zwischen Vogelsanger und Herbrandstraße ging es entlang der Glasstraße und vorbei am Gaswerk am Maarweg und dem Bahnhof Belvedere in Müngersdorf – der einstigen Endstation.

Die Weiche an der Heliosstraße

Die Weiche an der Heliosstraße ist ein Überbleibsel des Schienenanschlusses der Helios-Werke. Die Helios AG für elektrisches Licht und Telegraphenanlagenbau verfügte damals über einen eigenen Gleisanschluss. Die Schienenreste unter dem Tor der Kfz-Werkstatt Klütsch führen Richtung der heutigen S-Bahn-Trasse. Auf diesem Weg transportierten die Helios-Werke ihre Lieferungen direkt zu den Güterzügen.

Von der Heliosstraße führt der Rest eines Gleisstrangs über den Hof einer Autowerkstatt in Richtung Bahntrasse.

Mehrere Firmen im Veedel waren unmittelbar an das Schienennetz angebunden. Allerdings lasse sich kaum noch überprüfen, welche dazu zählten, meint Johannes Maubach von der Bürgervereinigung Ehrenfeld. Er ist Experte für das alte Ehrenfeld und zeigt in seinem Buch „Auf den Spuren der alten Ehrenfelder Industrie“ wie es um die Jahrhundertwende dort ausgesehen hat. Höchstwahrscheinlich hatten die Waggonfabrik Herbrand & Co., die Gasfabrik an der Widdersdorfer Straße und die Rheinische Glasbauhütte AG einen privaten Gleisanschluss. Auf dem Gelände der ehemaligen Gaswerke ist heute ein Schrottplatz. Auch hier gibt es immer noch Überreste der Schienen.

Private Gleisanschlüsse

Dass einige Betriebe an der Subbelrather Straße eigene Gleise hatten, ist ebenfalls wahrscheinlich. Die Bahnstrecken gehörten Mitte des 19. Jahrhunderts dem Preußischen Staat und wurden von der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft, der Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft und der Köln-Krefelder Eisenbahn-Gesellschaft betrieben. Durch das Kleinbahngesetz von 1892 bekamen Unternehmen die Möglichkeit, abseits der Hauptstrecken ein Netz aus Kleinbahnen aufzubauen. Auf diese Weise sollte der Bau von lokalen Bahnen gefördert werden. Insbesondere zwischen der Widdersdorfer Straße und der Stolberger Straße entstand so eine Vielzahl von Gleisanschlüssen.

Mit einem „Urban Gardening“-Projekt soll der Verlauf der ehemaligen ebenerdigen Trasse wieder sichtbar werden: Bereits 2004 hat der Stadtrat beschlossen, auf dem Streifen einen begrünten Rad- und Fußweg anzulegen. Das Projekt Design Quartier Ehrenfeld (DQE) würde entlang der Strecke gern gemeinsam mit Anwohnern Obstbäume und Gemüsesorten anpflanzen. Die neue Form einer Ehrenfelder Lebensader sollte unter dem Namen „Low Line Linear Park“ schon 2014 fertig sein. Passiert ist noch nicht viel, weil die meisten Abschnitte der Trasse in Privatbesitz sind.

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