Stadtgarten KölnVom Manager zum Weihnachtsmarktbuden-Besitzer
Köln – Wie reagieren Menschen, wenn man sie auf der Straße anspricht und sie spontan zu einem Kaffee einlädt? Unsere Kollegin Susanne Hengesbach probiert das regelmäßig aus. Nun traf sie einen bekannten Weihnachtsmarkt-Händler - der ihr seine Geschichte erzählte.
Da habe ich aber Glück gehabt! In ein paar Tagen könnte mir dieser Mann nämlich nicht mehr nachmittags auf der Straße begegnen, weil er dann nur noch an einer Stelle stehen wird. Heute ist Niko Schneider auf dem Weg zu Freunden in Sülz, nachdem er lange selbst in dem Veedel gewohnt hat, bevor er vor drei Jahren nach Leipzig zog.
Nachdem ich erfahren habe, dass er in Köln im mittleren Management für ein großes Werbeunternehmen tätig war, interessiert mich, weshalb er nun, wie er erzählt, im Weihnachtsmarkt-Geschäft gelandet ist.
Schneider lacht. Nach 13 Jahren habe er den Eindruck gehabt, zu sehr in einer Rolle festgelegt zu sein. Bevor er sich für einen Standortwechsel und einen Umzug nach Leipzig entschied, reiste er ein wenig um die Welt und stieß in London auf einem Streetfood-Markt auf eine Gin-Manufaktur, die Cocktails anbot. „Einer davon war warm.“
Schon beim Probieren sei ihm ein Konzept für einen Weihnachtsmarktstand durch den Kopf gerattert, und ihm sei auch sofort klar gewesen, dass dafür nur der Stadtgarten in Frage komme. Weshalb? „Weil das in meinen Augen der hochwertigste Markt ist.“
Dann erzählt der gebürtige Eifeler, dass ihm der Stadtgarten ohnehin ans Herz gewachsen sei; unter anderem dadurch, dass er dort acht Jahre lang bei der monatlichen Unplugged-Musikshow „Lagerfeuer deluxe“, mitgewirkt habe. „Der Stadtgarten ist ein für Köln einfach ein wichtiger Laden!“
Nicht einfach nur heißgemachte Cocktails
Wir kommen auf den Gin zurück. „Erinnern Sie sich noch, wie der warme Cocktail in London hieß?“ – „Hot Chick. Ich habe meinen umbenannt in Holy Shit“, meint er schmunzelnd und erzählt ein bisschen von der Weihnachtsmarkt-Vorbereitung. „Letzte Woche zum Beispiel war ich auf dem Bio-Obsthof in Kehlsdorf. Da haben wir die Apfel- und Birnensorten ausgesucht.“ Ferner mussten alle Gewürze besorgt werden; seine Gin-Kreationen seien ja nicht einfach nur heißgemachte Cocktails.
Aufwendig sei es auch, die Hütte zu dekorieren. „Ich gebe mir dabei viel Mühe und gehe so durch die Jahrzehnte. Dieses Jahr sind die Siebziger dran, und ich möchte, dass alles original ist. Tapeten, Mobiliar, selbst die Musik.“
Das Weihnachtsmarktgeschäft
Und wenn es richtig losgeht, ist es sehr anstrengend? Am Stadtgarten gehe es im Gegensatz zu den anderen Weihnachtsmärkten ja erst nachmittags los, sagt Schneider. Somit könne er vormittags Besorgungen machen und sei ab 15 Uhr an der Hütte.
Kälte sei deshalb kein Problem, weil der Kessel, den er habe, ganz gut heize. Schneider erinnert sich an letztes Jahr, als es so warm war. „Da kamen Leute im T-Shirt an den Stand und wollten Gin-Tonic. Mit Eis!“ Wir lachen.
Die Kannibalisierung der Weihachtsmärkte
Der 37-Jährige bedauert, dass das Thema Weihnachtsmärkte in Köln inzwischen so übertrieben werde. „Da wird jeder Quadratmeter ausgenutzt, wo 'ne Hütte hinpasst. Beispiel Friesenplatz letztes Jahr. Die kannibalisieren sich ein bisschen selber, und dann schwindet die Anziehungskraft.“
Ich frage, ob der Stadtgartenmarkt insbesondere von Kölnern besucht werde. „Das hat sich gewandelt in den letzten Jahren. Am Wochenende ist fast die Hälfte englischsprachig. Die Briten haben uns längst als Geheimtipp auf dem Schirm. Die stehen mit strahlenden Augen vor allem, was sie sehen.“
Zum Schluss frage ich Schneider, ob er mit seiner jetzigen Tätigkeit glücklicher ist. „Ja, das würde ich schon sagen. Es ist zwar deutlich weniger Geld, aber auch deutlich mehr Leben.“
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