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Kölner Gastronom Eric Werner„Astrein“ schließt – „Es macht mir nichts aus, kein Sternekoch mehr zu sein“

Lesezeit 5 Minuten
Zu sehen ist Eric Werner in seinem Restaurant „Augustin“. Er lächelt in die Kamera.

Eric Werner in seinem Restaurant „Augustin“ im Jahr 2022. (Archivbild)

Spitzenkoch Eric Werner hat eines seiner Restaurants geschlossen. Im Interview spricht er über die Zukunft der Sterneküche in Köln.

Herr Werner, Sie haben am 18. Januar Ihr Restaurant „Astrein“ geschlossen und damit Ihren Michelin-Stern abgegeben. Wie geht es Ihnen damit?

Eric Werner: Das ist gar keine schlimme Sache. Ich habe ja schon in vielen Restaurants Sterne erkocht, mit 25 meinen ersten, ich bin da ganz locker. Es macht mir nichts aus, jetzt kein Sternekoch mehr zu sein, ich bin trotzdem ich und koche, wie ich koche. Es war eine schöne Zeit, es werden noch viele schöne Momente kommen. Ich kann immer wieder was Neues wagen, in einem halben Jahr, in zwei, in fünf. Egal. Ich bin noch keine 40. Jetzt erstmal geht es für mich als junger Vater auch ein bisschen um persönliche Dinge.

Warum gerade jetzt?

Ich hab schon länger darüber nachgedacht, das ist ja nichts, was man aus dem Bauch heraus entscheidet. Der Jahreswechsel hat sich angeboten für einen sauberen Cut. Es ist eine rein geschäftliche und persönliche Entscheidung. Für mich ist das ein Kapitel, das vorbei ist, jetzt geht es anders weiter.

Wie war der letzte Service im „Astrein“?

Ein ganz normaler Tag, wie alle anderen auch. Auch als wir damals den Stern bekamen, wurde kein Champagner aufgemacht. Da darf man sich nicht zu sehr Gedanken machen.

Es mussten sicher bereits bestehende Reservierungen für das „Astrein“ storniert werden?

Ja, wir haben denen Mails geschickt oder angerufen. Manche haben natürlich gesagt „Oh, schade“, aber waren sehr verständnisvoll. Wir haben sie dann aufs „Augustin“ verwiesen.

Was geschieht mit den Räumlichkeiten des „Astrein“?

Der Mietvertrag läuft noch. Das ist gerade eine komfortable Lage für mich, ich kann das Restaurant jetzt erstmal zu machen und dann in Ruhe überlegen, was ich damit anfange.

In vielen Spitzenrestaurants bleiben Tische in der Woche leer. War das auch im „Astrein“ so?

Viele Restaurants stehen leer, weil die Menüs zu teuer sind. Man muss weg von der aufwendigen Kleinteiligkeit bei Speisen und in der Küche nicht so lange an irgendwelchen Dingen herumdoktern. Das verursacht hohe Personalkosten, dabei ist das Wichtigste immer ein gutes Grundprodukt, das hat Witzigmann schon gesagt. Guter Gargrad, gute Sauce. Und ordentliche Portionen! Das haben meine Chefs immer schon gesagt: Mach das Stück Fisch ein bisschen größer und das Stück Fleisch auch.

Leider ist nicht damit zu rechnen, dass die Preise nochmal runtergehen.

Aber man kann als Gast ja entscheiden, wo man hingeht. Die Gastronomie ist ein Paradies an Vielfältigkeit. Auch in Köln muss man das loben, da bin ich Lokalpatriot. Jedes Sternerestaurant ist besonders, wir haben tolle Pizzerien und Dönerläden, sogar eines der ältesten indischen Restaurants in Deutschland. Man sollte sich freuen über das, was man hat, und nicht das vermissen, was man sucht.

Macht man als Gastronom heute auch weniger Umsatz beim Wein, weil Gäste eher günstigere Flaschen wählen?

Man darf nicht vergessen, dass ein teurer Wein meist niedriger kalkuliert wird, als ein günstiger. Und die Zeiten, wo teure Buddeln in Mengen verkauft wurden, sind schon lange vorbei. Das trinken die Leute lieber zu Hause am Kamin. Aber egal, ob Wein oder Speisen, der Gast muss am Ende das Gefühl haben, dass er satt ist, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und sie einen schönen Abend hatte.

Was bedeutet die Schließung für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Wir hatten neun Mitarbeiter, davon drei Auszubildende, im „Astrein“, sieben gehen mit ins „Augustin“. Das hat sehr gut gepasst, weil in der Belegschaft ein Wechsel stattgefunden hat und somit wurde das Team perfekt ergänzt.

Vor wenigen Monaten erst wurde Mona Baumgarten offiziell zur Küchenchefin im „Astrein“ ernannt. Wäre das Restaurant nicht geschlossen worden, hätten die Chancen sehr gut gestanden, dass sie im Mai ihren ersten Stern erhalten hätte. Nun geht sie ins „Augustin“ – als Küchenchefin?

Auf jeden Fall wird es ein sehr enges Zusammenarbeiten mit neuen Ideen. Welchen Titel sie dort trägt, wird sich noch herausstellen. Die Gäste können gespannt sein!

Wollen Sie das „Augustin“ denn jetzt auf Sternekurs bringen?

Natürlich nicht, wir sind kein Restaurant für dicke Hummer auf der Karte. Wir werden jetzt auch nicht anfangen, Amuse Gueule oder Petit Fours zu machen. Meine Frau sagt immer: Eric, mach bloß kein Sternerestaurant daraus! Halt dich zurück! Denn dann hat man Leute, die beschweren sich über fehlende Tischdecken oder die Lautstärke.

Das heißt nicht, dass wir nicht auch mal Edelprodukte verwenden. Ich habe gerade erst wieder zwei Kilo Trüffel gekauft. Deshalb gibt es bald mal wieder eine Trüffelvinaigrette. Im „Augustin“ gibt es auch eine Pâté en croûte mit Gans und Pistazien, die ist genauso gut, wie ich sie im „Astrein“ gemacht hätte. Im „Augustin“ kann ich aber mehr Portionen davon verkaufen und alles anders kalkulieren.

In Ihrer Pressemitteilung sprechen Sie davon, nachhaltiger, ökologischer und verantwortungsvoller zu werden. Welche Hebel wollen Sie dafür umlegen?

Es müssen Lebensmittel gefunden werden, die von der Preisstruktur attraktiv sind, die die Gäste gerne essen und die keinen so weiten Weg haben. Da muss man als Gastronom die goldene Mitte finden. Es gibt jetzt zum Beispiel einen wunderbaren Hamachi aus den Niederlanden, der braucht nur 24 Stunden vom Becken ins Restaurant. Ökologisch zertifiziert. Wir wollen weltoffen bleiben, dabei möglichst regional arbeiten aber eben nicht um jeden Preis.

Wie sehen Sie die Zukunft der Sternegastronomie?

Ich glaube nicht, dass wir in fünf Jahren weniger Sternerestaurants haben werden. Dafür ist der Ehrgeiz bei den Jungen zu groß und die Michelin-Auszeichnung hat das Magische und Besondere. Es werden eher sogar mehr Sterneläden, wie sich das in den letzten zehn Jahren auch gezeigt hat.

Und ich prophezeie: Der Mittagstisch wird wieder kommen! Denn wenn ich erst abends um 23 Uhr meinen Hauptgang kriege, dann schlafe ich auch nicht mehr so gut. Der viele Alkohol, das viele Essen, man ist gerädert. Mittags verträgt man das besser. Müssen mal schauen, ob wir das im „Augustin“ wieder anbieten.

Was auf jeden Fall feststeht, ist, dass wir am 9. Februar mit einem Champagnerbrunch starten. Unsere Gäste können sich ab dann jeden 2. Sonntag im Monat auf ein exklusives Erlebnis freuen.

Augustin, Dagobertstraße 32, 50668 Köln, 0221/95313354, www.augustin-restaurant.com