AboAbonnieren

Suzanne Vega heute Abend in Köln„Ich bin sehr aufgeregt und dankbar“

Lesezeit 6 Minuten
Neuer Inhalt (3)

US-Sängerin Suzanne Vega im Interview vor ihrem Konzert in Köln.

  1. In den 80ern wurde die US-Folk-Sängerin mit Hits wie „Luka“ oder „Tom's Diner“ berühmt. Im Rahmen ihrer Europa-Tournee spielt sie am 28. Juni im Gloria.
  2. Ein Interview über Live-Auftritte, New York und das Cover ihres Hits „Tom’s Diner“ von AnnenMayKantereit.

KölnSuzanne Vega, Sie sollten bereits vor zwei Jahren nach Köln kommen. Ihre Tournee wurde pandemiebedingt abgesagt. Nun holen Sie endlich Ihre Konzerte nach und treten am 28. Juni im Gloria auf. Was ist Ihr Gefühl dabei?

Vega: Ich bin sehr aufgeregt und dankbar. Da ist eine große Erleichterung. Ich habe zweieinhalb Jahre nicht live gespielt: Das ist eine Menge Zeit. Ich hatte noch nie so eine lange Pause vom Live-Geschäft, nicht einmal, als meine Tochter zur Welt kam. Sechs Monate nach Geburt ging ich damals wieder auf Tour.

Was haben Sie am meisten vermisst?

Ich habe das Reisen von Stadt zu Stadt vermisst, die reale Verbindung zu den Menschen, die Bühne. Auch als ich noch nicht berühmt war, wollte ich als junger Mensch einfach immer auf die Bühne. An ein Live-Publikum kommt nichts heran und das Singen in einem Streaming ist einfach nicht dasselbe.

Hatte der Stillstand denn auch etwas Gutes für Sie?

Ich habe die Gesellschaft meines Mannes genossen und ich habe viel Zeit mit meinem Hund verbracht, das war auch toll.

Neuer Inhalt (3)

Vor ihrem Konzert im Kölner Gloria spricht Suzanne Vega über ihre jahrzehntelange Karriere und ihre ersten Auftritte nach der Pandemie-Pause. 

Vor zwei Jahren stand die Tour unter dem Motto „New York Songs“, weil Sie Ihrer Heimatstadt eine Platte gewidmet hatten. Wie haben Sie New York im Laufe der Pandemie wahrgenommen? Zwischenzeitlich war es ein regelrechter Corona-Hotspot, die Krankenhäuser überlastet.

Das ist schwierig zu sagen, in der ersten Phase der Pandemie, als New York so hart von Corona getroffen war, war ich ganz besessen von den Fallzahlen. Von den Sterbezahlen, den Hospitalisierungs-Zahlen. Die Atmosphäre war sehr beängstigend. Die Stadt war sehr still, es gab keinen Verkehr, es war eine furchtbare Ruhe, nur unterbrochen durch das Martinshorn von Rettungswagen.

Da war ich sehr bekümmert angesichts des Todes. Es hat gedauert, bis New York wieder zu einer Normalität zurückgekehrt ist – und ehrlich gesagt, ist sie auch noch nicht ganz wiederhergestellt. Es ist immer noch nicht wie früher. Da ist viel Armut auf den Straßen und Kriminalität. Viele Betriebe haben geschlossen und nicht wieder aufgemacht – sogar große wie Starbucks. Ich bin weiterhin besorgt, aber auch hoffnungsvoll.

Auf dieser Tour legen Sie den Fokus auf ein Best Of: Sie werden Ihre größten Hits wie „Luka“ oder „Tom’s Diner“ spielen. Haben Sie das Bedürfnis, sie musikalisch auf neue Weise zu präsentieren – etwa mit verändertem Arrangement – oder wollen Sie dem Publikum in erster Linie den familiären Sound präsentieren?

Also bei „Luka“ habe ich das Arrangement noch nie verändert. „Luka“ ist „Luka“ (Das Lied von 1987 handelt von Kindesmisshandlung, geschildert aus der Sicht eines betroffenen Kindes, Anm. d. Red.). Da habe ich nie versucht, es fröhlicher oder interessanter wirken zu lassen, weil es seine ganz eigene Bedeutung hat. Das wissen die Leute und ich singe es jedes Mal aus vollem Herzen. Bei „Tom’s Diner“ ist es anders – da haben wir immer Spaß an witzigen Mischungen und neuen Arrangements, wir machen Remixes mit Gitarrist Gerry Leonard, das lieben wir.

Suzanne Vega über Tom's-Diner-Cover von der Kölner Band AnnenMayKantereit

Es gibt eine Cover-Version von „Tom’s Diner“ von der Kölner Band AnnenMayKantereit, die mit mehr als 60 Millionen Clicks auf Youtube viral gegangen ist. Kennen Sie es und wie finden Sie die Interpretation?

Ja, ich kenne es sehr gut. Jeder schickte mir diese Version zu und ich finde sie toll. Es ist sehr süß, ich mag diese Jungs, sie sehen sehr sympathisch aus und machen einen guten Job und ich hatte mit dem Cover schon viele freudige Momente. Wir kennen uns nicht persönlich, aber wenn ich die Gelegenheit hätte, würde ich sie gern mal treffen. Ich habe auf das Cover auch mit einem TikTok-Video reagiert, 30 Sekunden, in denen ich zeige, wie ich es mir anhöre.

Also stehen Sie Cover grundsätzlich positiv gegenüber? Fürchten Sie nicht, dass Ihre Lieder dadurch zerstört werden könnten?

Ich glaube nicht, dass ein Lied zerstört werden kann. Dennoch bin ich vorsichtig mit meinen Zustimmungen. 95 Prozent der Anfragen für „Tom’s Diner“-Cover sind in Ordnung, aber es gibt etwa fünf Prozent, dem ich nicht zustimme. Ohne es groß zu begründen, bitte ich die Leute dann, es zu entfernen. Aber solange es einen künstlerischen Anspruch hat, bin ich grundsätzlich sehr aufgeschlossen.

Musikalisch wurden Sie von Bob Dylan, Leonard Cohen oder Lou Reed beeinflusst. Gibt es auch zeitgenössische Pop-Musiker, die Sie sehr schätzen?

Ja, und Sie werden überrascht sein. (lacht) Ich nenne Ihnen ein paar: Die britische Folk-Pop-Sängerin Laura Marling. Ihr Gitarrenspiel ist interessant, finde ich und sie ist auch eine interessante Persönlichkeit. Ich mag auch Ed Sheeran sehr. Er ist ein wirklich cooler und cleverer Songwriter und in dieser Kategorie sehe ich auch Taylor Swift. Sie ist eine brillante Pop-Sängerin. Und auch Bruno Mars ist toll. Ich liebe Soulmusik, mit Motown bin ich aufgewachsen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sie haben 1985 ihr Debütalbum „Suzanne Vega“ veröffentlicht, haben also fast 40 Jahre Musikkarriere hinter sich. Hätten Sie mit dem Wissen von heute etwas anders gemacht?

Gute Frage. Ich glaube nicht! Manchmal wünschte ich mir, dass meine frühen Veröffentlichungen etwas anders wären – die beste Produktion war mein Album „99.9“ aus dem Jahr 1992. Das entspricht meinem wirklichen Ich, das ist die Art und Weise, wie ich sie mir für alle Alben gleichermaßen gewünscht hätte.

Aber die ersten beiden Alben mussten so sein, um zu meiner Stimme zu finden. Das ist ein Prozess, auch wenn das abgegriffen klingt. Ich war anfangs auch frustriert, weil ich dachte, die Alben seien nicht intensiv und spannungsgeladen genug. Aber was heißt das schon? Das kann auf jeden anders wirken, daher denke ich, dass alles eigentlich unvermeidbar war.

Werden Sie weiter Musik machen?

Ja, da gibt es noch Lieder, die geschrieben werden müssen, zum Beispiel nächstes Jahr. In den letzten Jahren hat sich in der Welt so viel verändert und ich habe das Bedürfnis, darüber zu schreiben. Ich habe noch Arbeit vor mir.

Zur Person

Die US-Folk-Rock-Sängerin Suzanne Vega ist 62 Jahre alt und wurde in Kalifornien geboren. Ein Jahr nach ihrer Geburt zog ihre Mutter mit ihr nach New York, wo sie aufwuchs und bis heute lebt. 1984 erhielt sie ihren ersten Plattenvertrag. Vega schreibt Musik größtenteils für ihre Gitarre. Obwohl Vegas kommerzieller Erfolg ab Mitte der 1990er abebbte, prägten Songs wie Tom’s Diner und Luka das musikalische Gesicht des frühen Jahrzehnts. (gam)