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„Ich hatte Muffensausen“Tatort-Star Sabine Postel spielt nach mehr als 30 Jahren wieder Theater in Köln

Lesezeit 5 Minuten
Sabine Postel spielt im Theater am Dom.

Sabine Postel spielt im Theater am Dom.

Der Kölner TV-Star traute sich nach jahrzehntelanger Pause wieder auf Bühne. Und ist sehr glücklich damit.

Sie ist eine der bekanntesten und meistbeschäftigten TV-Darstellerinnen in Deutschland. Ein Vollprofi. Aber vor ihrem ersten Bühnenauftritt nach mehr als 30 Jahren hatte sie Bammel. „Ich hatte Muffensausen: Kann ich das überhaupt noch?“, sagt Sabine Postel. „Gleich das erste Foto, wenn man ins Theater am Dom kommt, zeigt mich 1987, da habe ich zuletzt hier gespielt. Ich habe mich fast nicht mehr erkannt: ein schönes junges Mädchen mit langen blonden Haaren. So lange ist das her“, sagt sie und lacht. Nun steht sie seit Mitte November wieder auf der Kölner Bühne – in der Weihnachtskomödie „Auf ein Neues“.

Theater sei eben etwas ganz anderes als Fernsehen. „Da kann ich nicht einfach sagen: Das war gerade nicht so gut, lass uns das nochmal machen. Wenn einer hängt, dann sitzen da 350 Leute und kriegen es mit.“ Außerdem sei man mit 70 ja auch nicht mehr so „nassforsch“ wie mit 20. Bei den ersten Proben habe sie manchmal gedacht: „Lieber Gott, lass mich einen Grund finden, abzuspringen.“

Jeden Abend Standing Ovations für Sabine Postel

Aber: „Schon die ersten Vorstellungen haben mich für alles entschädigt. Wir haben fast jeden Abend Standing Ovations.“ Und die Angst sei sofort weg gewesen. „Ich bin sehr gut aufgefangen worden.“ Das sei vor allem den beiden wunderbaren Kollegen zu verdanken. „Heinrich Schafmeister war mein Wunschkandidat, er ist eine feste Bank. Und Katarina Schmidt ist auch ganz toll und rettet mit ihrem jugendlichen Charme Situationen, wenn mal was nicht glattläuft.“ Das sei manchmal einfach nicht zu vermeiden, besonders wenn am Wochenende zwei Vorstellungen pro Tag gespielt werden. „Da überlegt man schon mal: Habe ich das schon gesagt oder bin ich jetzt in den zweiten Akt gerutscht?“

Sabine Postel (l.) mit Katarina Schmidt und Heinrich Schafmeister in dem Stück „Auf ein Neues“

Sabine Postel (l.) mit Katarina Schmidt und Heinrich Schafmeister in dem Stück „Auf ein Neues“

Doch warum hat sie sich überhaupt für die Rückkehr auf die Bühne entschieden? Ein Grund ist ganz praktisch: Sie hat endlich Zeit dafür. 22 Jahre lang spielte sie die Inga Lürsen im Bremer „Tatort“. Und seit 2005 dreht sie jedes Jahr 13 Folgen der erfolgreichen ARD-Serie „Die Kanzlei“ in Hamburg. Als beides noch gleichzeitig lief, war sie zwei Drittel des Jahres nicht zu Hause. „In Bremen habe ich im Parkhotel gewohnt, das war wunderbar. Ich war der längste Dauergast, hatte immer meine Suite und kannte jedes Zimmermädchen.“

In Hamburg hatte sie während der Dreharbeiten ein Apartment. Viel private Zeit blieb da nicht mehr. „Ich habe zehn Jahre lang keinen Urlaub gemacht.“ Unter anderem deshalb habe sie sich 2019 auch entschieden, aus dem Tatort auszusteigen. „Ich bedaure es nicht, aber das Team fehlt mir schon.“ Theaterleiter und Regisseur René Heinersdorff habe sie immer wieder gebeten, doch mal bei ihm zu spielen. Und nun war die Gelegenheit da, weil auch die Dreharbeiten zur „Kanzlei“ pausieren. Und das Stück gefalle ihr sehr.

Sabine Postel wohnt „seit Ewigkeiten“ in Köln-Junkersdorf

Der zweite Grund für die Rückkehr auf die Bühne: „Ich sehe das als Herausforderung. Ich bin nicht der Typ, der sich behäbig zurücklehnt. Und habe mir gesagt: Wenn du das nochmal schaffst, dann kannst du darauf sehr stolz sein. Man muss im Leben immer wieder Dinge probieren, solange man gesund und fit ist.“

Die Fans danken es ihr. Einige kämen von weit her, um sie zu sehen. Und fragten dann ganz bewundernd: „Ach, sind Sie jetzt extra aus Hamburg gekommen?“ Wegen ihrer Rollen würde sie auch privat meistens im Norden angesiedelt, sagt Sabine Postel. In der Tat wurde sie in der Nähe von Bremen geboren, kam aber als Kind nach Köln. Ihr Vater war der langjährige WDR-Unterhaltungsredakteur Kurt Postel. Sie lebt „seit Ewigkeiten“ in Junkersdorf.

Sabine Postel lässt 50 Prozent von sich selbst in Rollen einfließen

Regelmäßig werde sie auf der Straße erkannt, aber ihr vertrautes Gesicht werde nicht immer richtig eingeordnet. „Die Leute suchen mich im privaten Umfeld.“ Waren wir nicht zusammen in der Grundschule, sind Sie nicht auch in dem Sportclub? Einer hat sie mal für eine Reiseleiterin gehalten, die er in Portugal hatte: „Das war toll mit Ihnen.“ Diese Vertrautheit liegt vielleicht auch an der Art, wie sie spielt. „Ich versuche immer, 50 Prozent von mir selbst in die Rollen einfließen zu lassen. Ich will der Rolle eigenes Leben einhauchen.“ Kunstfiguren zu spielen, nur um zu zeigen, was man alles kann, sei nicht ihr Ding.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb im Mai zu ihrem 70. Geburtstag, sie strahle eine „von trotziger Zurückhaltung geprägte Impulsivität“ aus. Findet sie sich damit getroffen? „Das muss ich erstmal verstehen.“ Und dann nach einer Pause: „Ja, warum nicht. Ist ja nicht schlecht“, sagt sie und lacht.

Im Kölner Weihnachtsstück spielt sie eine alleinerziehende Mutter mit Tochter, die spontan an Weihnachten einen angetrunkenen und singenden Obdachlosen bei sich aufnehmen. Sie selbst feiert Weihnachten mit der Familie auf einem Schloss in Schottland. Sie habe ausgehandelt, dass um das Fest herum keine Vorstellungen stattfinden. Ihr Sohn Moritz, der in Edinburgh lebt, mit Frau und Kind ist dabei. Und sie selbst reist mit ihrer gerade 95 Jahre alt gewordenen Mutter an.

An Silvester gibt es dafür aber gleich zwei Vorstellungen, wobei die zweite er um 22.30 Uhr beginnt und dann für das gemeinsame Feuerwerk-Gucken unterbrochen wird. „Das wird hart, mit einer Unterbrechung über Mitternacht zu spielen. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Als ich das Programm sah, dachte ich, da hätte sich jemand verschrieben. Aber das kriegen wir schon hin. Unsere Zuschauer haben ja immer gute Laune.“


„Auf ein Neues“ läuft bis zum 26. Januar im Theater am Dom.