Studie der Uniklinik KölnSo soll Fischhaut bei der Heilung von Diabetes-Wunden helfen
Köln – Dieter Grunwald ist seit etwa sieben Jahren an Diabetes erkrankt. Als Folge der Stoffwechselkrankheit wurde ihm vor längerer Zeit ein Teil des rechten Fußes amputiert. Vor einigen Monaten trat er sich einen langen Nagel in diesen Fuß. Fatalerweise bemerkte der 71-Jährige die Verletzung nicht sofort. Diabetiker leiden häufig an Durchblutungsstörungen, die vor allen in den Füßen zu Nervenschädigungen führen können.
Die Betroffenen haben ein reduziertes Schmerzempfinden, zudem ist die Wundheilung deutlich verzögert. Mit drastischen Folgen: Je länger die Heilung dauert, desto größer ist die Infektionsgefahr und das Amputationsrisiko. Auch Dieter Grunwald drohte eine erneute, wesentlich radikalere Amputation des Beines.
Uniklinik Köln das führende Zentrum des Forschungsprojekts
Vier Monate nach dem Nagelunfall ist davon keine Rede mehr. Die Wunde heilt gut. Das verdankt Grunwald den Gefäßchirurgen an der Uniklinik Köln – und einem Fisch. Grunwald nimmt an einer Studie zur Versorgung von diabetischen Wunden im klinischen Alltag teil. Dabei wird aufbereitete Fischhaut vom isländischen Dorsch zur Wundheilung eingesetzt. Das Universitätsklinikum Köln ist in Deutschland das führende Zentrum für das von der EU geförderte Forschungsprojekt. Das zweite Zentrum befindet sich im Krankenhaus Hamburg-Buchholz.
Prof. Bernhard Dorweiler, Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie, und Oberarzt Dr. Tran Tong Trinh sind von der Wirksamkeit der Therapie überzeugt. „Die Fischhaut bietet mehrere Vorteile. Die Transplantate funktionieren wie ein Gerüst, das körpereigene Zellen anzieht und zum Aufbau von Gewebe anregt.
Entzündungen werden gehemmt
Die Architektur der Haut kann man sich vorstellen wie ein Haus mit verschiedenen Stockwerken und Zimmern. In dieses Haus ziehen die Zellen ein, die für die Funktionen der Haut wichtig sind. Die Fischhaut ist deshalb gut geeignet, weil sie der menschlichen Haut sehr ähnlich ist. Wir sprechen von einer ähnlichen Matrix“, sagt Dorweiler.
„Das natürliche Produkt wirkt sich positiv auf die Wundheilung aus, hemmt die Entzündungen und tötet sogar Bakterien ab. Außerdem werden die Schmerzen rasch gedämpft. Diese Faktoren bewirken zusammen einen richtig guten Effekt“, ergänzt Dr. Tran Tong Trinh, der das Wundzentrum der Klinik leitet.
Methode ist sehr kostspielig
Die Haut des Dorschs ist geradezu perfekt für den medizinischen Einsatz. „Es gibt keine Krankheitserreger, die vom Fisch auf den Menschen übertragen werden. Daher reicht es, die Haut schonend zu reinigen, auf starke Lösungsmittel kann verzichtet werden. So bleibt ein hoher Anteil der für den Heilungsprozess wichtigen Omega-3-Fettsäuren erhalten“, erklärt Dorweiler. Auch als Wundauflage eignet sich die Fischhaut gut.
Das Verfahren, chronische Wunden mit Hilfe von Fischhaut zu schließen, ist nicht neu, aber in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Sie ist sehr kostspielig und wird derzeit nicht von den Krankenkassen bezahlt – ein Quadratzentimeter Fischhaut kostet 20 Euro.
Das könnte Sie auch interessieren:
In die Studie werden noch Teilnehmer aufgenommen
Dieter Grunwald ist sehr glücklich über den Heilungsverlauf. „Ich hatte plötzlich nicht mehr das Gefühl, krank zu sein. Ich hoffe sehr, dass mit dem Verfahren vielen anderen Menschen geholfen wird.“ Das hoffen die Kölner Fachärzte auch und setzen auf die Studie. Ziel ist es, die Fischhautbehandlung bei der Versorgung der diabetischen Wunden als Standardtherapie zu etablieren. Die Regelleistung würde dann von den Krankenkassen bezahlt.
In die Studie werden noch Teilnehmer aus Köln und Umgebung aufgenommen. Für sie ist die Behandlung im Gefäßzentrum kostenfrei. Sie dauert 16 Wochen, die Patienten müssen während dieser Zeit einmal in der Woche zur Behandlung in die Uniklinik Köln kommen. Dr. Tran Tong Trinh erläutert, welche Voraussetzungen wichtig sind: „Die Patienten müssen Diabetiker sein und eine tiefe Wunde am Fuß haben, die nicht von selber abheilt. Diese Wunde muss unterhalb des Knöchels sein.“ Wer sich für die Studie interessiert, kann sich per Mail direkt an die Klinik für Gefäßchirurgie der Uniklinik Köln wenden.