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29 VerletzteVerfahren gegen KVB-Fahrerin nach schwerem Unfall eingestellt

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Die Linie 7 und 1 kollidierten am Neumarkt miteinander.

Köln – 29 Menschen wurden verletzt, als am Morgen des 2. November 2020 zwei Straßenbahnen am Neumarkt in Höhe Mauritiussteinweg zusammenstießen. Die Kollision war so heftig, dass in umliegenden Häusern die Wände wackelten. Am Dienstag musste sich die KVB-Fahrerin, die eine der beiden Bahnen gesteuert hatte, vor dem Kölner Amtsgericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft warf der 44-Jährigen fahrlässige Körperverletzung in mehreren Fällen vor. Sie habe Fahrfehler begangen und sei schuld daran, dass ihre Bahn der Linie 7, die vom Neumarkt kam, nicht geradeaus zum Rudolfplatz weiterfuhr, sondern nach links abbog und mit einer entgegenkommenden Bahn der Linie 1 zusammenprallte. Der Anklage zufolge hätte die Fahrerin „bei Beachtung der notwendigen Sorgfalt" den Unfall verhindern können.

Fahrerin muss 1800 Euro zahlen

Viel hing von einem Gutachten ab, mit dem ein Sachverständiger des TÜV Rheinland beauftragt war. Auch wenn er wiederholt von Fahrfehlern sprach, musste er einräumen, manches lasse sich mangels auswertbarer Daten nicht mehr nachvollziehen. Dies liegt vor allem daran, dass der sogenannte Historienspeicher – ein Gerät, das Warn- und Alarmmeldungen mit Datum und Uhrzeit festhält – defekt gewesen war. Nach einem Rechtsgespräch stellte die Amtsrichterin das Verfahren gegen eine Geldauflage vorläufig ein: Die Fahrerin muss 1800 Euro an die „Aktion Deutschland Hilft“ zahlen.

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Die Frau war bei dem Unfall am schwersten verletzt worden. Vor Gericht sagte sie, das komplette Führerhaus sei eingestürzt; die Rettungskräfte hätten die „herausschneiden“ müssen. Nach Krankenhausaufenthalt und Reha fing sie wieder an, als Fahrerin zu arbeiten, mit von Woche zu Woche zunehmenden Einsatzzeiten. Auch der Fahrer der Linie 1 wurd schwer in Mitleidenschaft gezogen; dagegen trugen 27 Passagiere nur leichte Verletzungen davon. Den Sachschaden beziffert die Staatsanwaltschaft auf über eine Million Euro.

Wurden die Weichen falsch gestellt?

Der Angeklagten wurde unter anderem zum Vorwurf gemacht, sie habe vor Antritt ihrer Fahrt eine falsche Linienkennung für die Strecke eingegeben mit der Folge, dass die Weiche vor der Einmündung des Mauritiussteinwegs in die Hahnenstraße falsch gestellt gewesen sein könnte. Zu Beginn ihres Diensts müssen Fahrer und Fahrerinnen stets die betreffende Linien- und Kursnummer in ein Steuerungsgerät eingeben; entsprechend dieser Eingabe werden über Meldeempfänger, die im Boden der Strecke eingelassen sind, Weichen gestellt und Signale aktiviert.

Eine falsche Linieneingabe müsste den Fahrern und Fahrerinnen auffallen, weil alle Strecken zusätzlich mit Ampeln und Signalen gesichert sind. Die KVB-Fahrerin sagte, sie habe sehr wohl die richtige Kennung vor Beginn ihrer Fahrt gegen 6.50 Uhr am Stadion in Müngersdorf eingegeben, sei zur Endhaltestelle Zündorf gefahren und dann zurück Richtung Frechen. Entgegen der Behauptung des Sachverständigen sei vor der Rückfahrt keine nochmalige Eingabe des Codes nötig gewesen; falls sie etwas versäumt hätte, hätte sie kein Abfahrtsignal bekommen.

Unfall lässt sich nicht mehr vollständig rekonstruieren

Vorgeworfen wurde ihr zudem, sie sei an der Unglücksstelle schneller als die vorgeschriebenen 15 Stundenkilometer gefahren und hätte beim Linksabbiegen in jedem Fall die Bahn der Linie 1 passieren lassen müssen. Der Sachverständige pochte darauf, ein Überwachungsvideo zeige, dass das aufleuchtende Weichenlagesignal nach links gewiesen habe, was die Fahrerin hätte sehen müssen. Die Angeklagte beteuerte jedoch, es habe geradeaus gezeigt. Mit einer möglichen Kollision habe sie auch deshalb nicht gerechnet, weil die Bahn der Linie 1 stillgestanden habe, als sie angefahren sei. Die Ursache des schweren Unfalls ließ sich im Prozess nicht sicher feststellen.