„So soll es nicht weitergehen“Viele Kölner erhoffen sich nach der Wahl Veränderung
Köln – Es ist bestes Wahlwetter und viele Anwohnerinnen und Anwohner des Agnesviertels machen sich entspannt auf den Weg, um ihre Stimmen abzugeben. Das Wahllokal liegt hier in einer Eis- und Schwimmsporthalle. Davor steht ein mobiles Café, unter Sonnenschirmen trinken einige Menschen Kaffee.
Stammwähler aus Köln ist sich unsicher
Viele Wählerinnen und Wähler kommen mit dem Fahrrad zum Wahllokal. So auch Sebastian Daum. Der 31-Jährige hat Politik studiert und zieht sich normalerweise einen Anzug an, um das Feierliche der Wahl zu unterstreichen. Dieses Mal ist er in sportlichen Radlerklamotten vor Ort. Noch etwas ist anders: Er tut sich dieses Mal schwer bei der Wahl. Daum bezeichnet sich selbst als Stammwähler. Inhaltlich habe ihn dieses Mal aber niemand wirklich überzeugt. Seine Entscheidung will er in der Kabine treffen.
Im Wahllokal freuen sich die Wahlhelferinnen und -helfer über die Aussicht ins Grüne. So sei es angenehmer als in stickigen Büros in der Innenstadt.
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Flynn Schwieren hilft schon das zweite Mal als Wahlhelfer aus. „Letztes Mal habe ich im Briefwahlzentrum gearbeitet. Das war viel anstrengender.“ Im Briefwahllokal musste er bis spät in die Nacht Briefe sortieren und Stimmen auszählen. Hier im Lentpark weiß er, dass er ab 18 Uhr Feierabend hat. Auch im Wahlbezirk im Agnesviertel stimmten etwa 50 Prozent per Briefwahl ab, sagt er. Von den restlichen Wahlberechtigten waren um 13 Uhr ungefähr 25 Prozent da, sagt Schwieren. „Morgens und mittags hatten wir dann auch längere Schlangen.“
Erst wählen, dann schwimmen
Nach den Stoßzeiten ist die Atmosphäre an der Schwimmhalle entspannt. Lars Achtruth geht hier mit einer befreundeten Familie wählen. Er wartet noch auf seine Frau und sein Kind, nach dem Wählen wollen sie noch schwimmen gehen. „Mir geht es hauptsächlich um einen Politikwechsel. So wie jetzt soll es nicht weitergehen“, sagt er. Aus dem Beitrag zur erhofften politischen Veränderung wird so ein schöner Familientag im Schwimmbad – „so entspannt kann Demokratie sein.“
Für Aurora R. ist das Wählen hingegen nur ein kleiner Aspekt des politischen Engagements. Sie wurde in Deutschland geboren, hatte aber lange nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit Mitte 30 ließ sie sich doch einbürgern. „Ich habe das Glück, dass Italien ein Abkommen mit Deutschland hat und ich beide Pässe haben kann. Wählen ist so ein Privileg für mich.“ Aus diesem Bewusstsein heraus engagiert sie sich unter anderem in antirassistischen Gruppen. „An diesem Tag zeigt sich die Demokratie. Aber ohne das zivilgesellschaftliche Engagement während der Legislaturperioden bewegt sich nichts – das ist genauso wichtig, wie die Wahlen.“
„Wir feiern trotzdem heute Abend“
So sieht das auch der Kandidat Kalle Geigk, der für Die Linke antritt. Er sitzt beim Kaffee vor dem Wahllokal und spricht noch mit potenziellen Wählerinnen und Wählern. Und auch mit Menschen, die nicht wählen dürfen: „Der nette Herr, der mit den Kaffee ausgeschenkt hat – ihm gehört das Café, er zahlt hier Steuern. Aber wählen darf er trotzdem nicht.“ Geigk müsse deshalb an Wahltagen immer auch an diejenigen denken, die keine Stimme haben. Nachmittags will er mit den anderen Kölner Linken im Naturfreundehaus in der Innenstadt. Er kenne die Prognosen und weiß, dass es ums Überleben seiner Partei geht. „Aber wir feiern trotzdem heute Abend.“
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„Stadt mit K – News für Köln“, der tägliche Podcast des Kölner Stadt-Anzeiger. Hier folgen und reinhören:
Antje Krumm ist weniger nach Feiern zumute. Sie hofft auf eine bessere Bildungspolitik. „Unsere Tochter geht in die sechste Klasse und war glücklicherweise nicht von den knappen Plätzen betroffen. Aber im Freundeskreis bekommen wir davon viel mit“, sagt Krumm. Deshalb war die Bildungspolitik ausschlaggebend für ihre Stimmabgabe. Das sei immerhin ein Bereich, in dem die Landespolitik auch aktiv werden könne. „Bei einer Landtagswahl muss man sich ja immer fragen: Was können Landespolitiker dann auch tun?“ Bei den großen Themen Krieg, Klimaschutz und Corona hofft Krumm, dass die NRW-Wahl ein Signal an den Bund sein kann.