50 Jahre Bläck Fööss – mit einer Serie feiert der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Geburtstag der „Mutter aller kölschen Bands“.
Wir liefern Geschichten, Hintergründe und Auswirkungen einer einmaligen Erfolgsgeschichte.
In diesem Serienteil geht es um den Song „Frankreich, Frankreich" und wie das Urlaubs-Mitbringsel die Hitparade stürmte.
Köln – Es war der deutsche Sommerhit des Jahres 1985. „Frankreich, Frankreich“ – im Mai veröffentlicht – wurde der bislang größte Hitparadenerfolg der Bläck Fööss. Das Lied stand vom 5. August bis zum 11.11. insgesamt 15 Wochen in den Charts. Die höchste Platzierung war zwei Wochen lang die Position neun. In den rein deutschsprachigen Hitlisten ging es hoch bis auf Platz zwei. Da kam man an „Rock Me Amadeus“ von Falco einfach nicht vorbei. Knapp 200.000 Exemplare der 3:59 Minuten langen Vinyl-Single wurden verkauft. Es gab zusätzlich auch noch eine Zwölf-Inch-Maxi. Auf der war der Song 4:33 Minuten lang.
Am 21. August 1985 traten die Bläck Fööss in der damals von Victor Worms moderierten ZDF-Hitparade an. Bei der Live-Sendung im Berliner Union Film Studio stellten unter anderen auch Purple Schulz, Roy Black, Costa Cordalis und Rex Gildo ihre neuen Titel vor. Die Fööss erhielten 15,9 Prozent der Zuschauerstimmen. Das reichte für den dritten Platz. Es gewann Nicole (21,9 Prozent) mit „Allein in Griechenland“. Auch bei der im folgenden Januar aus der Dortmunder Westfalenhalle gesendeten TV-Show „Hits des Jahres 1985“ waren die Fööss mit „Frankreich“ dabei, schieden aber in der Vorrunde aus. Bei der Jahres-Auswertung der damaligen Hitparaden, die Opus („Life Is Life“) vor Modern Talking („You're My Heart, You're My Soul“) gewannen, landeten die Fööss auf Platz 57. Immerhin noch vor Bruce Springsteen („I’m on Fire“), David Bowie & Mick Jagger („Dancing in the Street“), Tina Turner („I Can’t Stand the Rain“), Prince („Purple Rain“) oder Stevie Wonder („I Just Called to Say I Love You“).
Vier Kölner Musiker in einem Wohnmobil
Die Geschichte von „Frankreich, Frankreich“ begann eigentlich bereits zwei Jahre zuvor bei einem Camping-Urlaub. Die befreundeten Ehepaare Engel (Tommy und sein damalige Frau Irmgard) und Hömig (Reiner und Beate) waren im Juli 1983 mit einem geliehenen Wohnmobil zur französischen Atlantikküste aufgebrochen.
„Wer noch nie mit vier Personen in einem Wohnmobil Urlaub gemacht hat, kann nicht wissen, wie kompliziert es ist, in einem so ungewohnt kleinen Wohnbehältnis zu überleben“, erinnert sich Hömig, der als Musikproduzent, Texter und Komponist heute noch in Lindenthal das dortige Bläck-Fööss-Studio leitet. Er arbeitet regelmäßig auch mit „Fussich Julchen“ Marita Köllner und Schlagergrößen wie Jürgen Drews, Wolfgang Petry, Patrick Lindner zusammen.
„Bei so einer Camping-Tour muss jede Kleinigkeit so verstaut werden, dass bei der Fahrt nichts klappert oder in den Kurven nichts wie ein Geschoss durchs Fahrzeug fliegt“, sagt Hömig. „Andererseits findet man oft tagelang nichts wieder.“ Es habe also seine Zeit gedauert, bis man als Quartett die innere Ordnung gefunden habe und die Verteilung der häuslichen Pflichten geklärt war. „Aber spätestens nach 100 Kilometern waren wir ein Team. Mit jeder Stunde mehr verfielen wir der französischen Gelassenheit.“ Engel steuerte das überlange Fahrzeug, Hömig stimmte auf dem Beifahrersitz zur Gitarre bekannte Lieder an. Dazu rauchte man nicht mehr Reval, sondern Gitanes und statt Brötchen gab es Croissants oder Baguettes.
Was der Bläck Fööss-Song über den „Frankreich“-Trip erzählt
„Alles, was auf unserer Tour passiert ist, findet sich im Frankreich-Lied wieder“, sind sich Engel und Hömig rückblickend einig. Das Traumwetter, die Strände, die schönen Städtchen der Normandie, die Atlantikküste Richtung Arcachon. Fast wie von selbst entwickelte Hömig auf der Wanderklampfe einen schrammeligen „Wolly-Bully-Groove“, der mit jedem Kilometer mehr zu „Froongreisch“ wurde. „Wir alberten die ganze Fahrt über am Text herum und nahmen dann am Abend auf dem Campingplatz unser neues Liedchen mit dem Kassettenrekorder auf. Einfach nur so, damit wir Melodie und Text nicht vergaßen.“
Doch in der Nacht setzte ein Orkan ein und die Camper mussten sich Hals über Kopf ins Landesinnere in Sicherheit bringen. In einer Krisensitzung wurde beschlossen, den Atlantik Richtung Mittelmeer zu verlassen: „Ziel war Cannes, die Stadt der Stars, der Filmfestspiele – ein teures Pflaster“, so Hömig. „In der Tat ist uns diese Stadt teuer zu stehen gekommen.“
Die Frauen machten einen Stadtbummel, die Männer saßen in einem Strandcafé am Meer, um an neuen Songs zu arbeiten. So habe man auch den Text von Rolly Brings über die „Edelweißpiraten“ bearbeitet. Das Wohnmobil stand in Sichtweite in der Mittagssonne. Doch während sie bei Kaffee und Zigaretten konzentriert in ihre Arbeit vertieft waren, wurde der Wohnwagen aufgebrochen. Alles war weg – Geld, Papiere, Foto-Ausrüstung und auch der Rekorder mit den Demo-Kassetten. Den Rest des Tages verbrachte man auf dem Kommissariat und beschloss die sofortige Heimreise. Engel: „Der Kommissar war ganz nett, sprach auch gut Deutsch, machte uns aber keinerlei Hoffnung, unsere Sachen noch zurückzubekommen.“
Nachforschen lohne sich bei Einbrüchen in Cannes nicht, hieß es. Wat fott is, is fott.Gut ein Jahr später trafen sich Hömig und Engel mit Erry Stoklosa und Willy Schnitzler im Studio, um sich, so Hömig, „an das schöne Frankreich-Liedchen zu erinnern. In dieser Vierer-Konstellation haben wir damals häufig zusammengearbeitet. Durchaus auch in Konkurrenz zur Gruppe mit Hans Knipp und den anderen drei“. Auch wenn diese anfangs nicht von „Frankreich“ überzeugt waren, habe der Erfolg „die Band vereinigt. Damals lief ja die Neue Deutsche Welle und davon wollten wir mit einem kurzen Ausflug ins nationale Geschäft auch etwas abhaben“. Zu der Zeit landeten die Fööss mit „Katrin“ und „Bye, Bye My Love“ in diversen Fernsehsendungen. Bei der Hitparade in Berlin war auch Hömig dabei. Er saß bei „Frankreich, Frankreich“ als eine Art Clochard mit Zeitung und Baguette, Rotwein-Flasche und Zigarette am Bühnenrand. Engel: „Wir haben vor den Fernsehkameras eine schöne Show gemacht und den Song gut rübergebracht.“
Neuauflage mit Orchester
Die Bläck Fööss hatten den Hit seit dem Ausstieg von Tommy Engel 1994 nicht mehr im Programm gehabt – also mehr als 25 Jahre. Bis jetzt. Denn zum 50-jährigen Bestehen der Band hat Swing-Sänger Tom Gaebel den Song für das anstehende Jubiläumsalbum mit großem Orchester neu aufgenommen. „Der Song hat ja zum 80er-Jahre-Sound ein leichtes Blues-Schema. Das hat mir gefallen, das konnte man gut umstricken, denn es klingt jetzt ganz anders als das Original“, sagte Gaebel.
Der hochdeutsche Text sei für ihn eine Hilfe gewesen. „Kölsch kann ich ja nicht, auch wenn ich seit 16 Jahren in Köln lebe.“ Nachdem er im Vormonat den Orchester-Part mit Big Band eingespielt hatte, standen jetzt im Pavement-Studio die Gesangsaufnahmen an. Gaebel: „Das war toll, mit allen Fööss im Kreis zu stehen und zu singen. Die haben ihr Bestes gegeben. Singen können die. Das ist sehr souverän.“