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Wie es ist, Bautaucher zu sein„Die Strömung im Rhein ist sehr stark, deshalb braucht man eine gewisse Tauchtechnik“

Lesezeit 5 Minuten
Ein Bautaucher arbeitet unter Wasser.

Allein im Rhein – so arbeiten Bautaucher wie Markus Hambüchen.

In unserer Serie „Wie es ist“ erzählen Menschen aus ihrem Leben, von ihrem Hobby oder einem ungewöhnlichen Beruf. In dieser Folge: Markus Hambüchen (56), er ist Bautaucher in Köln.

„Schon mein Vater ist gesegelt und war Sporttaucher. Durch ihn bin ich als Kind ans Tauchen gekommen. In Berlin habe ich dann Bootsbauer für Holzboote gelernt und kam Anfang der 1990er-Jahre nach Köln. Ich habe an der Werft im Mülheimer Hafen Wolfgang Moissl getroffen, den Firmengründer. Er sagte: „Mir fehlen auch Leute – wenn du willst, kannst du gleich hierbleiben und morgen mit auf eine Baustelle fahren.“ Das habe ich gemacht und daraus wurde ein Arbeitsverhältnis und eine Freundschaft.

Im Betrieb habe ich dann meine Taucherausbildung gemacht, das ist eine ganz normale Ausbildung von der Industrie- und Handelskammer. Früher musste man zusätzlich ein Handwerk erlernt haben und Schweißer sein, deshalb habe ich davor noch die Schweißscheine für Überwasser gemacht.

Auszubildende laufen zunächst einfach mit. Sie lernen die seemännische Arbeit kennen, die über Wasser stattfindet: Pontons, Schiffe, Knoten. Und, wie man eine Person unter Wasser betreut. Ob ein Lehrling zwei Monate oder ein Jahr braucht, um ins Wasser zu gehen, hängt immer vom Einzelnen ab.

Wenn unsere Auszubildenden ins Wasser gehen, kennen sie die Abläufe so gut, dass sie auch einen guten Job machen. Weil die Strömung im Rhein sehr stark ist, machen wir das erst gegen Ende, wenn unsere Lehrlinge auch wirklich so weit sind.

Eine Tauchergruppe besteht aus vier Leuten, von denen nur einer im Wasser ist. Die anderen drei passen auf ihn auf. Der Taucher bekommt von oben Luft, Licht, Video und eine Sprechverbindung. Für Notfälle hat er noch eine Zehn-Liter-Pressluftflasche dabei. Der zweite Mann ist der Reservetaucher, der bereit sein muss, um den anderen beispielsweise zu retten. Zwei Mann brauchen wir für den Tauchschlauch, die Kommunikation und die Geräte, die wir nutzen.

„Unser Job hat nichts mit Romantik zu tun“

Wenn wir im Binnenland sind, tauchen wir immer trocken. Wir haben also keinen Kontakt mit dem Wasser um uns herum, tragen Handschuhe, einen geschlossenen Anzug und einen Helm. Der Helm hat ein Halsstück, das mit dem Anzug verriegelt wird. Ich kann mir quasi über einen Jogginganzug Helm und Taucheranzug anziehen und so tauchen gehen.

Ein Bautaucher mit Ausrüstung wird auf seinen Einsatz vorbereitet.

40 Kilogramm wiegt die Ausrüstung, die Bautaucher mit sich tragen.

Alle wichtigen Dinge sind im Helm integriert. Wir haben eine Kommunikation, die wie eine Wechselsprechanlage funktioniert. Über Wasser sitzt ein Mann am Telefon und überwacht den Taucher. Wir können hören, wie laut er atmet, wie schnell, ob er Hilfe, mehr Licht oder mehr Schweißstrom braucht. An den Helmen ist außerdem noch eine kleine Videokamera angebaut, mit der wir beobachten können, was der Taucher macht und notfalls eingreifen oder ihm Tipps für die Arbeit geben können.

„Berufstaucher sind schlechte Sporttaucher“

Wir bilden gezielt Berufstaucher aus und keine Sporttaucher. Das bedeutet auch, dass Berufstaucher sehr schlechte Sporttaucher sind. Wir sind es gewohnt, an einem Seil und mit Blei beschwert auf dem Boden zu gehen und laufen über Grund. Wenn ein erfahrener Berufstaucher nach 20 Jahren frei tauchen soll, kann er das gar nicht, das ist etwas ganz anderes.

Wir müssen fit sein. Einmal im Jahr gehen wir als Firma ins Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum. Wir lassen eine tauchmedizinische Untersuchung machen, die dort in der flugmedizinischen Abteilung stattfindet. Das ist ein großer Check-Up mit Belastungs-EKG und kardiologischen Untersuchungen, der den ganzen Tag dauert. Die Ohren, das ganze Stirnhöhlensystem und die Lungen werden dabei geprüft.

In unserem Betrieb sind wir momentan sechs Mann. Wir waren mal viel größer, allerdings gehen die meisten nach und nach in Rente. Natürlich haben wir auch jüngere Teammitglieder, aber es ist schwer, Nachwuchs zu finden. Die Leute stellen schnell fest, dass unser Job nichts mit Romantik zu tun hat. Sie haben ein bestimmtes Bild von den Verdienstmöglichkeiten und der Arbeit. Wir sind ganz normale Handwerker und werden auch so bezahlt. Es gibt aber eine Tauchzulage, die nach Tiefe gestaffelt ist und je nachdem, wie viel Zeit man im Wasser verbringt, kann das am Ende des Monats ganz schön ordentlich sein.

Früher waren wir weltweit unterwegs, jetzt viel in Nordrhein-Westfalen. Wir arbeiten für alle, die Arbeit unter Wasser haben. Unsere Hauptauftraggeber sind die Industrie, die chemische Industrie, wie beispielsweise Bayer, und die Schwerindustrie. Wir kontrollieren und restaurieren Brücken und Flusspfeiler, bauen Schleusenanlagen für Schiffsverkehr, und betonieren Hochhausfundamente.

Im Rhein zu tauchen ist relativ langweilig. Der Rhein ist sauber und sieht immer gleich aus. Die Strömung dort ist sehr stark, deshalb braucht man eine gewisse Technik. Wir haben ein Stromschutzschild, das geschlitzt ist. Durch die Schlitze dringt das Wasser und wir können im Windschatten des Schildes arbeiten.

Bei unserer Arbeit krabbeln wir in alle möglichen Bauwerke und begegnen manchmal Fischen. Der größte Wels, den ich gesehen habe, war über zwei Meter lang. Ich bin dagegen gelaufen, konnte nichts sehen, habe getastet und das riesige Maul gespürt. Da wusste ich, das muss ein Wels sein. Der hat sich allerdings mehr erschreckt als ich, sich an mir vorbeigedrückt und war froh, dass er raus war.

Für mich ist es immer spannend, eine Arbeit zu machen, die ich noch nicht unter Wasser gemacht habe. Ich tauche auch sehr gerne in Talsperren, weil man da mehr Sicht hat und tiefer taucht. Mich reizt der Anspruch, die Arbeit zu schaffen, ohne aufzugeben. Selbst wenn der Anzug aufreißt und man nass und kalt ist, würde ich nicht rauskommen und den Job fertig machen. Diese mentale Kraft, unter widrigen Umständen zu arbeiten, braucht man.

Als Bautaucher arbeite ich viel alleine. Oft fehlen ein oder zwei Hände, aber das kann ich unter Wasser gut kompensieren, weil man komische Körperpositionen einnehmen kann und sich dann mit Knie und Kopf behilft. Das geht an der Luft natürlich nicht.

„Gefährlich ist unser Job nicht“

Die Arbeit ist viel anstrengender als über Wasser. Ich trage eine vierzig Kilogramm schwere Ausrüstung, sehe kaum etwas und habe mit der Strömung zu kämpfen. Schweißen ist eine Tätigkeit wie Feinschrift. Und wenn man eine Seite in absoluter Feinschrift vollschreiben möchte und jemand die ganze Zeit am Stuhl rüttelt, dann ist es eine Herausforderung, das gut zu machen.

Ich würde nicht sagen, dass unser Job gefährlich ist. Natürlich hat man immer ein Restrisiko, aber das hat auch ein Dachdecker, der vom Dach fallen könnte. Aber normalerweise fällt der nicht runter und so ist das auch bei uns."