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Kommentar

Wofür ich Köln liebe
„Kioskbier un aff dafür“ ist nicht nur eine Liedzeile, sondern Teil kölscher Kultur

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Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau und ihr Hund sitzen vor dem King Georg Büdchen.

Unscheinbar auf dem Grünstreifen zwischen parkenden Autos: Im King Georg Büdchen verkauft die Kölner Rösterei „Zwoo“ ihren Kaffee.

Über Köln wird oft geklagt. Unsere Kolumne widmet sich den schönen Seiten der Stadt, wie der Büdchenkultur, die hier einzigartig ist, findet unsere Autorin.

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die zählen. Wenn ich darüber nachdenke, wofür ich die Millionen-Stadt mit dem großen Fluss, der großen Kathedrale und der großen Kultur so liebe, dann kommen mir weder Rhein noch Dom noch Karneval in den Sinn.

Lebenswert machen Köln für mich die unscheinbaren Schmuckstückchen, die man vielleicht erst auf den zweiten Blick als solche erkennt. Diese Erkenntnis kam mir neulich, an einem klirrend kalten, aber sonnigen Dezembermorgen, in den Sinn. Da saß ich auf einem von zwei mit Farbe beschmierten Klappstühlen an der Sudermannstraße und betrachtete das Geschehen auf dem doch eher schmucklosen Ebertplatz – und fühlte irgendwie so etwas wie Glück.

Auf der Suche nach Büdchen wird man in anderen Städten enttäuscht

Grund war zugegebenermaßen nicht der Ausblick auf den grauen Asphalt, die Häuserfassaden und den sich stauenden Autoverkehr vor meiner Nase, sondern das, was mich am Morgen auf die Straße gezogen hatte: ein warmer, duftender Kaffee aus dem King Georg Büdchen. Den gibt es da ohne große Schnörkelchen oder Chichi an der Kiosktheke, zum Mitnehmen oder zum vor Ort Genießen, im Stehen oder eben auf einem der zwei Klappstühle. Einfach, ehrlich und pur – so wie Köln.

Das King Georg Büdchen ist nicht das einzige dieser kleinen Schmuckstücke. Es gibt sie praktisch überall in Köln, mal mit Kaffeespezialitäten, manchmal als Tante-Emma-Laden oder sogar mit täglich wechselndem, selbstgemachtem Mittagstisch im Angebot, wie im Köln Kiosk an der Brüsseler Straße.

Dass Kioske hier vor allem des Nächtens echt ein Ding sind, erlebte ich bereits an meinem ersten Abend in Köln, vier Jahre ist das nun her. Ein Kommilitone zeigte mir die Stadt: Grüngürtel, Ringe, Universität, Ehrenfeld, mit Einkehrschwüngen in die besten Spätis. Eines lernte ich schnell: Mit „Späti“ enttarnt man sich schnell als Imi, mit „Trinkhalle“ erst recht. „Büdchen“ war wohl das erste kölsche Wort in meinem Wortschatz, vielleicht prägt mich dieser Abend ja bis heute.

Wie sehr ich die Läden mit ihren Miniatur-Verkaufsflächen einmal schätzen würde, war mir damals aber noch nicht bewusst. Ich dachte, Kiosk-Hopping sei eine Begleiterscheinung der Coronapandemie. Inzwischen weiß ich: „Kioskbier un aff dafür“ ist nicht nur eine Liedzeile von Querbeat, sondern Teil kölscher Kultur.

An die hatte ich mich zuletzt so sehr gewöhnt, dass ich ziemlich enttäuscht von der Suche nach einem Spot für ein lockeres Feierabendgetränk mit Freundinnen und Freunden in München zurückkehrte. Die bayerischen Pendants machten schon um 20 Uhr dicht, keine Chance auf ein frisch gekühltes Radler an der Isar. Umso mehr freue ich mich schon jetzt wieder auf die lauen Sommerabende im Veedel, auf die Gespräche mit Bekannten und Fremden vorm Büdchen ums Eck. Bis dahin lasse ich mir den Kaffee am Ebertplatz schmecken und denke über die kleinen Dinge nach, die Köln so besonders machen.


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