Will Smith tritt aus Filmakademie ausDie Abgewatschten sind die Gewinnerinnen
Los Angeles – Ja, wir reden immer noch über die Backpfeifen-Oscars. Gerade ist Will Smith den drohenden Strafmaßnahmen der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zuvorgekommen und aus der Filmakadamie ausgetreten. Wie sehr hat der Schauspieler mit seinem Gewaltausbruch auf der Gala seiner Karriere geschadet? Wie verletzend war der geschmacklose Witz von Chris Rock, der Smiths Überreaktion triggerte?
Kurz, wir reden über Dinge, die Männer, manche Männer, eben manchmal tun: Einfach mal drauflos quatschen, egal was für einen Blödsinn man erzählt und zuschlagen, wo keine Worte kommen wollen. Als gäbe es nichts Interessanteres. Gibt es aber. Die Oscar-Gewinnerinnen (und -Gewinner), von denen in der vergangenen Woche leider niemand mehr gesprochen hat.
Zum Beispiel Ariana DeBose, die den Academy Award als Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle als „Anita“ in Steven Spielbergs „West Side Story“ gewonnen hat. Ihr Gewinn galt bereits im Vorfeld als sicher, aber das lag ganz allein an der magnetischen Performance der Broadway-Veteranin und Hollywood-Newcomerin.
Vorwürfe gegen Ansel Elgort
Alle anderen Faktoren sprachen nämlich gegen ihren Erfolg: Spielbergs Neuverfilmung war ein Flop an den Kinokassen, begleitet von hitzigen Diskussionen darüber, wie rassistisch die mehr als 60 Jahre alte Musical-Vorlage sei, außerdem Missbrauchsvorwürfen gegen den männlichen Hauptdarsteller dieser „West Side Story“, Ansel Elgort.
DeBose war nicht nur die erste Afro-Latina, die mit einen Academy Award ausgezeichnet wurde, sie ist auch die erste offen lesbisch lebende Gewinnerin. Die Oscar-Nacht sollte ihre große Nacht sein und nicht die von prügelnden Männern.
Skandal überschattete auch ausgezeichnete Männer
Und ebenso die von Jessica Chastain, der Besten Hauptdarstellerin, die schon dreimal für einen Oscar nominiert gewesen war, oder die von Sian Heder, der Regisseurin des Besten Films „Coda“. Heder selbst hat einen Goldkerl für das Beste adaptierte Drehbuch erhalten.
Selbstredend sind nicht nur Frauen von dem Skandal überschattet worden, man hätte gerne auch mehr über Troy Kotsur erfahren, dem ersten gehörlosen Mann, der einen Oscar gewonnen hat.
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Und wirklich leid tun kann einem Ahmir „Questlove“ Thompson: Der Schlagzeuger der Hip-Hop-Band The Roots musste den Preis für seine Musik-Dokumentation „Summer of Soul“ unmittelbar nach der Ohrfeige in Empfang nehmen und seine Dankesrede vor einem geschockten und verunsicherten Publikum halten.
Jetzt haben wir noch Jane Campion vergessen: Die Neuseeländerin wurde am vergangenen Sonntag für die Beste Regie ausgezeichnet, nachdem sie bereits 1994 für „Das Piano“ nominiert gewesen war. Der Western „The Power of the Dog“, für den sie jetzt gewonnen hat, ist passenderweise eine Studie über toxische Männlichkeit, mit einem effektvoll gegen seinen Typ besetzten Benedict Cumberbatch, der den kernigsten aller Cowboys gibt, um seine Homosexualität zu überspielen und Kodi Smit-McPhee als seinem effeminierten, aber am Ende erstaunlich wehrhaften Mobbing-Opfer.
Frauen-Solidarität statt Macho-Kampf
Ariana DeBoses beste Szene in „West Side Story“ – sie allein wäre schon den Oscar wert – ist übrigens die Konfrontation zwischen ihrer Anita und Rachel Zeglers Maria: Ihr Tony hat gerade Anitas Bernardo in einem sinnlosen Macho-Kampf umgebracht, die hoch fliegenden Emotionen drohen die kleine Wohnung in Manhattan zu sprengen – und doch finden die beiden Frauen am Ende der Szene wieder eine gemeinsame Basis. Ihr Zusammenhalt, ihre Liebe ist größer als der Streit der Männer.
Will Smith hat sich nun endlich – nach fünf Tagen – bei den anderen Gewinnern entschuldigt, denen er den vielleicht wichtigsten Moment ihrer Karriere gestohlen hat. Mehr Größe hätten aber auch die Academy Awards zeigen sollen: Prügelnde Männer setzt man vor die Tür, da gehören sie hin.