Von Schachspiel bis LöwenfellWas Staatspräsidenten als Gastgeschenke mitbringen
- Das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum präsentiert Staatsgeschenke aus 15 außereuropäischen Ländern.
- Vom Löwenfell bis zum Schachspiel, von der Büste bis zur Sitzgruppe sind die ausgefallensten Gastgeschenke dabei.
- Die Geschenke der Staatspräsidenten sind oft freundlich-kulturelle Gesten, doch drücken sie auch politische Positionen aus?
Köln – Erlegte Wildtiere finden sich in der Regel in den Trophäensammlungen reicher europäischer und amerikanischer Jäger. Als Hastings Kamazu Banda im November 1981 dem deutschen Bundespräsidenten Karl Carstens ein Löwenfell samt Schädel mit eindrucksvoll aufgerissenem Maul überreichte, warf dieser Staatsakt einige Fragen auf: Warum bediente ausgerechnet der Präsident von Malawi die ärgsten Klischees über Afrika?
Erhoffte er sich Entwicklungshilfe, weil einem Deutschen ein derart luxuriöses und obendrein leicht morbides Geschenk bestimmt gefallen würde? Im Gegenzug jedenfalls durfte sich Kamazu Banda über ein Präsent „made in Germany“ freuen, einen Röhrenfernseher Grundig Super Color mit einem Gehäuse aus Holzimitat.
Symbol, um den Staat zu repräsentieren
Politiker sind Repräsentanten ihrer Staaten aus Fleisch und Blut – Staatsgeschenke sind deren Symbole. Im Laufe der Zeit türmen sich solche mehr oder weniger freundlichen Gaben zu wahren Gebirgen, deshalb hat die Bundesrepublik Deutschland rund 30 Geschenke aus 15 Ländern dem Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum für Völkerkunde als Dauerleihgabe vermacht.
In der Regel werden die Präsente als schöner Kitsch abgetan, doch nun hat sich das Museum entschlossen, sie aus dem Keller zu holen, zu entstauben und inmitten der Dauerausstellung zu zeigen – mit einer außerordentlichen Wirkung. Was könnte mehr darüber verraten, wie sich ein Land gerne selbst sehen würde, als die Objekte, mit denen man seine offiziellen Besucher beeindrucken will?
Vier Throne und ein Tisch
Man ahnt schon, worauf Togo hinauswollte, das Karl Carstens 1982 eine vierteilige Sitzgruppe samt Tisch offerierte. Herrscher über die ehemalige deutsche Kolonie war seit 1967 der Autokrat Gnassingbé Eyadéma, der für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich war und viele Bürger des westafrikanischen Kleinstaats ins Exil trieb: Sein Geschenk an den deutschen Bundespräsidenten signalisiert indes unmissverständlich, dass er keineswegs gewillt war, sich ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. Wer auf auf diesen Stühlen Platz nimmt, sitzt nicht – er thront.
Und wieder sind es wilde Tiere, die als geschnitzte Beine und Armlehnen dienen, auf dass die Kraft der Kreatur auf den Benutzer übergehe. „Nicht betreten“, heißt es allerdings für die Besucher des Museums, denen die Sitzgruppe direkt im Foyer als erstes Objekt der Schau begegnet, die einen durchaus zweideutigen Titel trägt: „Geschenkt! – die Gabe der Diplomatie.“
Eine Funktion solcher Gaben ist es, Selbstbewusstsein und Macht zu demonstrieren. Das galt auch für die Bonner Republik, die sich mit ihren Fernsehern und Fotoapparaten als fortschrittliche Industrienation mit Spaßfaktor inszenierte.
Die Geschenke werden bis heute meist zu Beginn eines Staatsbesuchs überreicht, und ihre weitere Aufgabe besteht darin, für die bevorstehenden Gespräche und Verhandlungen ein günstiges Klima zu schaffen: Walter Scheel, Bundespräsident von 1974 bis 1979 und darüber hinaus ein passionierter Sänger, wurde deshalb auf den Cookinseln mit einem Präsent beehrt, das auf seine unpolitische Leidenschaft anspielt. Er hielt eine Schlitztrommel in Händen, in die der Spruch „Welcome to President Dr. Scheel“ eingeritzt ist.
Informationen für Besucher
„Geschenkt! – die Gabe der Diplomatie“, das Rautenstrauch-Joest-Museum zeigt bis zum bis 22. September 2019 Staatsgeschenke aus 15 Ländern.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von zehn bis 18 Uhr, Donnerstag von zehn bis 20 Uhr, erster Donnerstag im Monat bis 22 Uhr, Montag geschlossen. An Feiertagen 10 bis 18 Uhr.
Eintritt: Einzelticket: 7 Euro, ermäßigt 4,50 Euro.
Die Ausstellung wurde von Katrin Schaumburg und Clara Himmelheber kuratiert.
Auf Staatsbesuchen, zumal denen von Bundespräsidenten, werden Freundlichkeiten ausgetauscht. Die mit der Gabe der Diplomatie Gesegneten fletschen selten die Zähne wie der Löwe für Karl Carstens. Doch sind Staatsgeschenke auch in der Lage, Kritik zu üben, etwa am Gefälle der Hierarchie, das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den postkolonialen Ländern Afrikas zweifellos bestand und immer noch besteht?
Eine in Holz geschnitzte Landkarte, die Gabuns Oberhaupt Omar Bongo Ondimba für Scheel bereithielt, entzweit in dieser Frage die Experten: Möglicherweise spielt sie auf die Berliner Kongo-Konferenz an, auf der die europäischen Großmächte Ende des 19. Jahrhunderts Afrika unter sich aufteilten. Und ist der legendäre Aztekische Kalender, den Mexikos Präsident José Lopez Portillo 1980 beim Besuch der Villa Hammerschmidt dabeihatte, eine Reminiszenz an die Befreiung vom Joch des Kolonialismus?
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Die spanischen Eroberer vergruben den Kalender als heidnisches Teufelswerk, doch seitdem man ihn wiederentdeckt hat, feierte er auch im Westen ein esoterisches Comeback und schaffte es sogar bis auf den Glitzeranzug, den Elvis Presley in Las Vegas trug.
Staatsgeschenke entlarven und verhüllen also gleichermaßen die Motive derer, die sie feierlich überreichen. Sie sind das Zierwerk im großen Spiel der Politik, und welches Geschenk würde wohl besser zu diesem Strategiespiel passen als das kunstvolle Schachbrett aus Obervolta, dem heutigen Burkina Faso, das nun ebenfalls museale Würden besitzt.