AboAbonnieren

„Anne Will“ in der ARDEnttäuschter Habeck über „bittere Konsequenz“ des Heizungsgesetzes – Kritik der Umwelthilfe

Lesezeit 4 Minuten
Anne Will (l.) mit Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister sprach über den Streit ums Heizungsgesetz.

Anne Will (l.) mit Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister sprach über den Streit ums Heizungsgesetz.

Robert Habeck räumt ein, die Stimmung falsch eingeschätzt zu haben. Mit dem Kompromiss beim Heizungsgesetz werde Klimaschutz schwieriger.

Im Talk von Anne Will ging es am Sonntagabend (18. Juni) in der ARD um das Heizungsgesetz und den Krach in der Ampel-Koalition. Zu Gast in der diesmal recht kleinen Runde war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm sowie der Politikwissenschaftler und Demokratieforscher Wolfgang Merkel.

Auf das Titelthema „Heizungsstreit und Ampel-Frust – Ist die Regierung noch handlungsfähig?“ reagierte Habeck teilweise mit Selbstkritik. Er gab zu, dass das Erscheinungsbild der Ampel-Regierung in letzter Zeit nicht überzeugend gewesen sei. „Ich bin auch nicht zufrieden mit der Bundesregierung“, sagte er auf den Hinweis, dass viele Menschen mit der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) unzufrieden seien.

Allerdings sei die Leistungsbilanz ist „nicht nur ordentlich, sondern die ist groß“, hob Habeck den Unterschied zwischen Außenwirkung und Inhalten hervor. So habe die Regierung Deutschland sicher durch den Winter geführt, eine Gasmangellage vermieden und die Strom- und Gaspreise runterbekommen. Auch die Energie- und Lebensmittelpreise gingen jetzt deutlich runter.

Die Regierung habe sich in den vergangenen drei bis vier Wochen aus dem „Loch rausgebuddelt“, in dem sie gesteckt habe, sagte Habeck. So seien die noch bestehenden Fragen zum Heizungsgesetz beantwortbar.

Bei Anne Will: Robert Habeck enttäuscht vom Heizungsgesetz

„Aber natürlich haben wir in der Kür, also im Erscheinungsbild der Regierung jetzt nicht geglänzt. Das kann ja keiner behaupten“, sagte Habeck auch vor dem Hintergrund der regierungsinternen Auseinandersetzungen um das Heizungsgesetz. „An der Stelle kann man nicht zufrieden sein.“

Robert Habeck räumte auch ein, dass durch das Heizungsgesetz in seiner jetzt geplanten Form Klimaschutz schwieriger werde.

Auf Anne Wills Frage, ob Deutschland die Klimaziele reiße, sagt Habeck, die „ehrliche und brutale“ Antwort sei, „wir reißen sie sowieso“, wenn wir nicht besser werden. Das Heizungsgesetz, eigentlich Gebäudeenergiegesetz (GEG), in der Kompromissform würde Klimaziele zumindest nicht besser erfüllen als der Ursprungsentwurf von Habeck, meint die Moderatorin.

Habeck stimmt zu und wirkt erschöpft. Für den Klimaschutz brauche es gesellschaftliche Mehrheiten. „Wenn die Menschen es nicht wollen, wird Klimaschutz abgewählt“, sagt er. Eine Mehrheit für das von ihm geplante Heizungsgesetz war „erkennbar nicht da“, sagt er. Das habe Anne Will ihm soeben noch einmal „in die Wunde gerieben“. Habeck räumte ein, die Stimmung in der Bevölkerung falsch eingeschätzt zu haben. Die Veränderung habe er „nicht rechtzeitig gemerkt“.

„Durch das Gebäudeenergiegesetz wird es erstmal unwahrscheinlicher, dass wir die Klimaschutzziele einhalten. Das ist die bittere Konsequenz davon“, resümiert Habeck zum Hickhack vor allem mit der FDP.

Bei Twitter wird sein Auftritt bei vielen positiv bewertet. Habeck sei ehrlich gewesen, habe seine Frustration und die Fehler eingestanden und hebe sich damit von vielen anderen Politikern ab.

Deutsche Umwelthilfe: Robert Habeck hält Klimaziele nicht ein

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warf Habeck daraufhin am Montag vor, die eigenen Gesetze und das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 nicht einzuhalten. Dies habe Habeck habe angekündigt, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Mit diesem angekündigten Rechtsbruch will sich offensichtlich Vizekanzler Habeck einen schlanken Fuß machen. Die Schuldzuweisung an die FDP wegen deren Nachverhandlungserfolgen bei Verkehr und Gebäudeenergie fällt auf ihn zurück.“ Er persönlich habe zugestimmt, dass die FDP die Richtlinien der Klimapolitik in der Ampel bestimme.

Habeck hatte am Mittwoch die vom Koalitionspartner FDP geforderte Reform des Klimaschutzgesetzes - zusammen mit einem neuen Klimaschutzprogramm - auf den Weg gebracht. Werden Ziele zur CO2-Einsparung in Bereichen wie dem Verkehr verfehlt, soll künftig die gesamte Regierung nachsteuern und nicht wie bisher das zuständige Ressort.

Robert Habeck: Heizungsgesetz soll noch vor Sommerpause durch Bundestag gebracht werden

Die rot-grün-gelben Koalitionsparteien hatten sich in der vergangenen Woche darauf geeinigt, das Heizungsgesetz kurzfristig im Bundestag auf die Tagesordnung zu nehmen. Es handelte sich dabei um die erste Lesung, ein Gesetzesbeschluss erfolgt erst später mit der dritten Lesung. Bis dahin kann das Gesetz inhaltlich noch verändert werden.

Kanzler Olaf Scholz (SPD), Minister Habeck und FDP-Chef Christian Lindner waren hinzugezogen worden, nachdem Gespräche der Fraktionschefs und ihrer Stellvertreter darüber, ob die Vorlage schon in der Woche im Bundestag auf die Tagesordnung sollte, erneut gescheitert waren. Die FDP gab ihren Widerstand erst auf, als Habeck und die Grünen weitreichenden Änderungen zustimmten. Bis zur Sommerpause, die im Juli beginnt, will Habeck das Gesetz durch den Bundestag bringen. (cme/dpa/afp)